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Rege Beteiligung an Landtagswahlen

27. März 2011

Es ist der wohl spannendste Wahlsonntag in Deutschland seit langem: Sowohl in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz stehen die Zeichen auf Veränderung - allerdings mit unterschiedlichen Auswirkungen.

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Die Amtsinhaber: Kurt Beck (links) aus Rheinland-Pfalz und Stefan Mappus aus Baden-Württemberg (Fotos: dapd/Montage: DW)
Die Amtsinhaber: Kurt Beck und Stefan MappusBild: dapd

Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zeichnet sich eine höhere Beteiligung als vor fünf Jahren ab. In Baden-Württemberg gaben nach offiziellen Angaben bis zum frühen Nachmittag bereits mehr als 30 Prozent der Wähler ihr Votum ab. Eine ähnlich hohe Wahlbeteiligung wird aus Rheinland-Pfalz gemeldet.

In beiden deutschen Bundesländern im Südwesten der Republik treten an diesem Sonntag (27.03.2011) die jeweiligen Amtsinhaber wieder an: Kurt Beck von der SPD in Rheinland-Pfalz und Stefan Mappus von der CDU in Baden-Württemberg. Ihre Aussichten, weiterhin Ministerpräsidenten ihrer Länder zu bleiben, sind allerdings äußerst unterschiedlich.

Historische Niederlage für die CDU in Stuttgart?

Nach den Umfragen könnten Mappus´ Christdemokraten in Baden-Württemberg nämlich die Macht verlieren - erstmals nach fast sechs Jahrzehnten. Sollte diese historische Zäsur eintreten, hätte dies auch Auswirkungen auf die schwarz-gelbe Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel. In Rheinland-Pfalz wird der bislang allein regierende Ministerpräsident Beck sein Amt zwar voraussichtlich behalten - allerdings dürfte er nach Jahren der SPD-Alleinherrschaft wieder auf die Unterstützung eines Koalitionspartners angewiesen sein.

Die Wahlkämpfe wurden am Schluss stark von der Atomkatastrophe in Japan und der neuen Debatte über die Zukunft der Kernenergie in Deutschland überlagert. Zum Abschluss des CDU-Wahlkampfes in Rheinland-Pfalz verteidigte Kanzlerin Merkel am Samstag in Trier das Abschalten der sieben ältesten Atommeiler für drei Monate und die Überprüfung sämtlicher Reaktoren. Dieses Moratorium sei kein Wahlkampfmanöver und "der Sache angemessen". Schon am Freitagabend hatte die baden-württembergische CDU mit Merkels Unterstützung den Wahlkampf offiziell abgeschlossen. Auch in diesem Land warben die Parteien am Samstag in den Fußgängerzonen aber nochmals mit aller Kraft um Stimmen.

Erster Grüner Ministerpräsident in Deutschland?

Winfried Kretschmann von den Grünen (Archivfoto: dpa)
Könnte erster grüner Ministerpräsident werden: Winfried KretschmannBild: picture alliance/dpa

Spannend wird es vor allem in Baden-Württemberg. Rund 7,8 Millionen Wahlberechtigte entscheiden dort über die Zukunft der CDU/FDP-Koalition - und damit auch über Ministerpräsident Mappus, der erst vor gut einem Jahr dieses Amt übernommen hatte. Nach den Meinungsumfragen stehen die Chancen nicht schlecht für eine rot-grüne Regierung - oder sogar eine grün-rote Regierung. Erstmals könnte dann vielleicht sogar ein Grünen-Politiker Regierungschef in einem deutschen Bundesland werden.

Letzte Umfragen sehen SPD und Grüne zusammen jedenfalls bei rund 48 Prozent, während CDU und FDP nur auf etwa 42 bis 43 Prozent kommen. Doch auch in der "zweiten Reihe" wird es spannend: Erstmals könnte die sozialistisch orientierte Linkspartei in den Stuttgarter Landtag kommen. Und die FDP droht in ihrem Stammland aus dem Parlament zu fliegen.

Mappus: "Chaos bei grün-rot"

In der "Bild am Sonntag" warnte Ministerpräsident Mappus vor einer grün-roten oder gar einer grün-rot-roten Koalition: "Dann bekämen wir so chaotische Verhältnisse wie in Nordrhein-Westfalen, mit Schuldenpolitik, Steuererhöhungen und dem Versuch, das erfolgreichste Schulsystem in Deutschland zu kippen und durch eine Einheitsschule zu ersetzen." Ob am Ende bei einem Sieg von SPD und Grünen Winfried Kretschmann der erste grüne Ministerpräsident wird oder Nils Schmid als erster Sozialdemokrat in die Villa Reitzenstein in Stuttgart einzieht, hinge davon ab, welche Partei mehr Mandate im Landtag bekommt.

Offen ist, ob SPD und Grünen zu einer Zusammenarbeit mit der Linken bereit sind - endgültig ausgeschlossen haben es beide nicht. Bei der letzten Wahl in Baden-Württemberg 2006 waren die Verhältnisse jedenfalls noch recht eindeutig: Damals hatte die CDU 44,2 Prozent erreicht, die SPD 25,2, die Grünen 11,7 und die FDP 10,7 Prozent.

Rot? Rot-grün? Rot-gelb?

In Rheinland-Pfalz sind an diesem Sonntag 3,1 Millionen Menschen zur Wahl aufgerufen. Hier könnte laut Umfragen Rot-Grün an die Macht kommen. Im ländlich geprägten und strukturell konservativen Heimatland von Altkanzler Helmut Kohl drücken die Christdemokraten seit mittlerweile 20 Jahren die Oppositionsbank. Seit 2006 regiert Deutschlands dienstältester Ministerpräsident Beck sogar mit absoluter SPD-Mehrheit.

45,6 Prozent holten die Sozialdemokraten vor fünf Jahren. Nun sagen die jüngsten Umfragen der SPD etwa 37 Prozent voraus. Beck zeigte in der "Bild am Sonntag" Sympathien für eine Zusammenarbeit mit den Grünen, machte aber auch der FDP Avancen: "Wir haben 15 Jahre gut mit den Liberalen regiert, deshalb schließe ich Rot-Gelb ausdrücklich nicht aus."

Grüne im Aufwind, Liberale müssen zittern

Die rheinland-pfälzische CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner (Foto: dapd)
Will Kurt Beck ablösen: CDU-Spitzenkandidatin Julia KlöcknerBild: dapd

Die Grünen in Rheinland-Pfalz liegen in den Umfragen nach der japanischen Atomkatastrophe bei 13 bis 14 Prozent (2006: 4,6). Die CDU mit ihrer 38-jährigen Spitzenkandidatin Julia Klöckner erreicht in den Umfragen 34 bis 35 Prozent (2006: 32,8 Prozent). Die FDP, die 15 Jahre lang bis 2006 zusammen mit der SPD auf der Regierungsbank saß, muss mit vorausgesagten 5 bis 6 Prozent um ihren Wiedereinzug in den Mainzer Landtag bangen (2006: 8,0). Die rheinland-pfälzischen Linken würden den Umfragen zufolge mit 4 Prozent den erstmaligen Einzug ins Landesparlament verpassen.

Eine weitere Entscheidung steht an diesem Sonntag in Hessen an: Dort werden die Kommunalparlamente gewählt. Zeitgleich mit den Kommunalwahlen findet eine Volksabstimmung über eine Schuldenbremse statt. Zum ersten Mal soll damit in einer Landesverfassung festgeschrieben werden, dass das Land ab dem Jahr 2020 keine neuen Schulden mehr machen darf.

Autor: Frank Wörner/Hajo Felten (dpa, afp, dapd)
Redaktion: Walter Lausch