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Valls: Terrorgefahr besteht weiter

19. November 2015

Auch nach dem Tod von IS-Terrorist Abaaoud und den Festnahmen von Saint-Denis hält die französische Regierung die Terrorgefahr für nicht gebannt. Am Ort der Razzia vom Mittwoch wurde eine dritte Leiche geborgen.

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Bild: K. Tribouillard/AFP/Getty Images

"Die Bedrohung hält an", sagte der französische Regierungschef Manuel Valls im Fernsehen. So wisse man nicht, ob es Personen oder Gruppen gebe, die eine direkte Verbindung zu den Anschlägen in Paris oder zu der in Saint-Denis ausgehobenen Extremistenzelle hätten. Dies sei zumindest vorstellbar.

Es gebe in Frankreich Personen, die eine reale Gefahr darstellten, sagte der sozialistische Premier weiter. "Diese Personen muss man verfolgen, jagen und unschädlich machen."

Frankreis Premierminister Manuel Valls (Foto: Getty Images/T. Chesnot)
Frankreis Premierminister Manuel VallsBild: Getty Images/T. Chesnot

Es sei unklar, ob sich der Verdächtige Salah Abdeslam in Frankreich oder Belgien aufhalte, teilte Valls mit. Er soll einer der Attentäter sein, die am Freitag vergangener Woche in offenkundig koordinierten Angriffen in Paris insgesamt 129 Menschen töteten.

Dritte Leiche geborgen

Wie die Sicherheitsbehörden in der französischen Hauptstadt mitteilten, wurde in dem Haus der Razzia vom Mittwoch in Saint-Denis eine weitere Leiche geborgen. Den Angaben zufolge handelt es sich dabei um die sterblichen Überreste einer Frau. Über ihre Identität wurde zunächst nichts bekannt.

Bei dem Großeinsatz war der als Drahtzieher der Anschlagsserie geltende belgische Islamist Abdelhamid Abaaoud getötet worden. Sondereinheiten hatten eine verdächtige Wohnung gestürmt, in der Abaaoud vermutet wurde. Bei dem Einsatz gab es zwei Tote: Vermutlich sprengte sich eine Frau mit einer Sprengstoffweste selbst in die Luft, außerdem wurde ein von Einschüssen durchsiebter Leichnam gefunden.

Dieser Leichnam wurde nun anhand von Fingerabdrücken dem 28-jährigen Abaaoud zugeordnet. "Abdelhamid Abaaoud ist soeben formell identifiziert worden", erklärte der Pariser Staatsanwalt François Molins. Bei der Polizeiaktion wurden zudem acht Terrorverdächtige festgenommen.

Kämpfer des IS in Syrien

Der 28-jährige Belgier mit marokkanischen Wurzeln gehörte der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) an, die sich zu den Anschlägen in Paris bekannt hatte. Bislang ist wenig über die Rolle bekannt, die Abaaoud bei den Terrorangriffen spielte. Premierminister Valls sagte, mit Abaaoud sei "einer der Drahtzieher" der Anschläge gestorben. Innenminister Bernard Cazeneuve erklärte, der Islamist sei zudem in vier der sechs seit dem Frühjahr in Frankreich "verhinderten oder vereitelten Attentate" verwickelt.

Abaaoud war eigentlich in Syrien vermutet worden. Wie er unerkannt nach Europa zurückkehren konnte, ist noch unklar. Cazeneuve beklagte, Frankreich habe vor den Anschlägen keinerlei Informationen von den Behörden anderer EU-Staaten über eine mögliche Durchreise des Mannes bekommen. Erst am 16. November, drei Tage nach den Anschlägen, sei Frankreich von einem außereuropäischen Geheimdienst darüber informiert worden, dass sich Abaaoud zu einem Zeitpunkt in Griechenland aufgehalten habe.

Wie nach dem Tod des Terroristen bekannt wurde, hielt sich Abaaoud mindestens ein Mal auch in Deutschland auf. Die Bundespolizei kontrollierte den Belgier am 20. Januar 2014 am Flughafen Köln/Bonn, wie ein Sprecher bestätigte. Als Reiseziel habe er Istanbul angegeben. Belgien habe Abaaoud damals zur Kontrolle im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben. Das bedeutet, es war nicht vorgesehen, den Mann aufzuhalten oder festzunehmen, so der Sprecher weiter.

Schärfere Grenzkontrollen gefordert

Valls forderte vor Hintergrund der Reisen Abaaouds eindringlich schärfere Kontrollen an den EU-Außengrenzen. Sollte die Europäische Union ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, sei die Reisefreiheit im Schengen-Raum bedroht, sagte der französische Regierungschef in dem Fernsehinterview. Die Nachbarländer Frankreichs rief er auf, ihren jeweiligen Zuständigkeiten "angemessen" nachzukommen. Valls sagte weiter, einige Attentäter hätten "die Flüchtlingskrise genutzt", um unbemerkt nach Frankreich zu kommen.

An diesem Freitag beraten die EU-Innen- und Justizminister bei einem Sondertreffen über Europas Anti-Terror-Strategie. Bei der von Frankreich beantragten Konferenz geht es unter anderem um verschärfte Kontrollen der Außengrenzen des Schengen-Raums. Auch die Einrichtung eines Anti-Terror-Zentrums bei der Polizeibehörde Europol und die mögliche Schaffung eines EU-Fluggastdatenregisters stehen auf der Tagesordnung.

wl/SC (dp, afp, rtr)