Erkaufte Einbürgerung in die EU
19. April 2013Geld macht womöglich doch glücklich, zum Beispiel wenn man sich damit die Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedlandes kaufen kann. Erstrebenswert für alle, die Krisenregionen verlassen oder mit einem neuen EU-Pass einfach entspannter reisen möchten. Viele Visa-Restriktionen fallen dann weg. Mit dem Pass ist es auch wesentlich einfacher, Geschäfte in Europa abzuwickeln.
Um den Ausweis in Zypern zu bekommen, muss man künftig drei Millionen Euro dort anlegen. Das hat zumindest Präsident Nikos Anastasiades kürzlich angekündigt. So versuchte er, russische Geschäftsleute auf ihrem jährlichen Wirtschaftstreffen im südzyprischen Limassol zu besänftigen. Anastasiades sagte, er sei sich der Verluste bewusst, die durch die EU-Rettungsaktion entstanden seien. Bisher konnte man sich den zyprischen Pass zwar auch schon "erkaufen", Interessenten mussten dafür aber mindestens 15 Millionen Euro über fünf Jahre anlegen.
Regeln dieser Art findet Jan Philipp Albrecht "unangemessen". Der Grünen-Politiker und EU-Abgeordnete wünscht sich eine gemeinsame Einwanderungspolitik aller EU-Länder. "Ich finde es grundsätzlich bedenklich, wenn insbesondere EU-Staaten ihre Staatsbürgerschaft willkürlich vergeben." Schließlich warteten genug Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in einem EU-Land hätten, auf die Einbürgerung. "Die Vergabe muss für alle gleich sein", fordert Albrecht im Gespräch mit der Deutschen Welle.
Pass bei Hauskauf
In der Tat gestalten die Länder Europas ihre Einwanderungspolitik sehr unterschiedlich. Auch in Irland konnte man bis 2001 durch Investitionen im Land die Staatsbürgerschaft vergleichsweise einfach erlangen. Mittlerweile garantieren 500.000 Euro für ein öffentliches Projekt in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Kunst oder Sport lediglich eine Aufenthaltsgenehmigung. In Portugal ist die Einwanderung an den Kauf einer Immobilie gekoppelt, ähnlich würde es auch Spanien zukünftig gerne halten: Geplant ist eine Untergrenze von 160.000 Euro, die einem Hauskäufer die Aufenthaltsgenehmigung bringen soll. In Ungarn ebnet der Kauf von Staatsanleihen den Weg in die neue Heimat. Interessenten stammen insbesondere aus Russland, China und Indien.
Das europäische Land, mit dem die bekannte Beraterfirma "Henley & Partners" aber die größte Werbung bei gutbetuchten Kunden betreibt, ist Österreich. Der Regierung ist es dort per Gesetz erlaubt, die Staatsbürgerschaft zu verleihen "wegen der vom Fremden bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besondere Interesse der Republik". Laut Medienberichten haben so in der Vergangenheit beispielsweise ein saudischer Hotelinvestor und die russische Sängerin Anna Netrebko den österreichischen Pass erhalten.
"Gekaufter Pass" die Ausnahme
"Ich halte das für ästhetisch problematisch", sagt Dietrich Thränhardt, emeritierter Professor der Uni Münster und Experte für Migrationspolitik, "aber es gefährdet die europäische Union nicht". Es gebe nur eine kleine Zahl von Menschen, die die Staatsbürgerschaft auf diese Art erwerben, gibt er im DW-Interview zu bedenken. 2012 wurde in Österreich nach Angaben von Statistik Austria niemand als Gegenleistung für Investitionen eingebürgert. Im Jahr davor machten 23 Menschen von dem außergewöhnlichen Paragrafen 10, Absatz 6 im Staatsbürgerschaftsgesetz Gebrauch.
Für diejenigen, die den üblichen Weg der Einbürgerung gehen, sei Österreich dagegen das Land, in dem das im direkten EU-Vergleich am schwersten gehe, fügt Thränhardt hinzu. Die Gebühren seien dort sehr hoch, die Wartezeiten lang. Schaue man sich die Einwanderungspolitik der EU-Länder an, müsse man insgesamt sehen, dass es faktisch alle Länder reichen Menschen einfacher machten. In Deutschland sei dies der Fall, weil sehr gezielt gut ausgebildete Interessenten angeworben würden. "Und wenn Sie gleichzeitig verhindern, dass arme Leute, die sozusagen ökonomisch nutzlos sind, aus Drittländern nach Deutschland kommen, hat das natürlich einen ähnlichen Charakter wie die Sache in Zypern."
So schnell wird sich die Einbürgerungspolitik der EU wohl auch nicht ändern. "Die Vergabe von Staatsbürgerschaften wird im Moment auf Ebene der Europäischen Union nicht weitgehend debattiert, sondern nur sehr zurückhaltend", erklärt Albrecht. "Ich halte das für einen Fehler."