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Reise ohne Wirkung

Frank Sieren17. Februar 2014

In Asien entwickelt sich das Kräfteverhältnis zu Chinas Gunsten. Die Reise von US-Außenminister John Kerry war wieder ein Beleg dafür, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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John Kerry mit Xi Jinping in China
Bild: Reuters

Eines muss man John Kerry lassen: Zumindest im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten hat er bei seinem Chinabesuch am vergangenen Wochenende (15./16. Februar) alles gegeben. Sein wichtigstes Statement: Er forderte Peking auf, endlich mehr Druck auf das Regime in Nordkorea auszuüben und dabei auch über wirtschaftliche Sanktionen nachzudenken. Die chinesische Seite versicherte, dass sie zu "zusätzlichen Schritten" bereit sei, um das Regime in Pjöngjang an den Verhandlungstisch zu bekommen. Das aber ist natürlich eine reichlich vage Aussage. Doch ein besseres Ergebnis ist eben nicht mehr zu erwarten, wenn ein US-Außenminister ins Reich der Mitte reist und mit den Chinesen über asiatische Angelegenheiten verhandeln will.

Natürlich lässt sich Peking auf dem Heimatkontinent längst nicht mehr die Butter vom Brot nehmen. Die USA können zwar gerne ihre Forderungen anbringen und Peking hört sich das auch geduldig an, am Ende macht die chinesische Führung dann aber doch stets, was sie selbst für richtig hält. Auch Kerry wusste natürlich von vornherein, dass sein Spielraum beschränkt ist, weshalb die Reise sicher nicht sein Lieblingstermin im Kalender war. Denn Asien ist jene Region, in der der Machtverlust der USA am meisten schmerzt. Feinde wie Nordkorea halten sich seit Jahren stabil, Alliierte wie Japan, Südkorea, die Philippinen und Taiwan sind nicht mehr so verlässlich und devot wie einst. Und der wichtigste Wettbewerber, China, hat immer bessere Karten in der Hand.

Unterschiedliche Strategien

Die Strategie beider Länder könnte in Asien kaum unterschiedlicher sein. Denn die USA setzt hier in ihrer Außenpolitik bisher stets auf die Wertegemeinschaft. Das Problem ist jedoch: Die Alternative in Asien lautet derzeit nicht demokratisch oder undemokratisch, sondern Sicherheit oder wirtschaftliche Prosperität. Noch in den 90er-Jahren konnten die USA beides garantieren. Diese Zeiten sind inzwischen vorbei.

Frank Sieren Kolumnist Handelsblatt Bestseller Autor China
Bild: Frank Sieren

Heute steht Chinas Aufschwung für die Zuversicht und den Wohlstand, der einst aus Amerika kam. Allerdings bringt der große Drache auch ein Gefühl der Bedrohung in die asiatische Region. Denn mit ihrer boomenden Wirtschaft wirkt jede noch so rücksichtsvolle Bewegung auf internationalem Parkett wie ein kraftstrotzendes Drängen. Die Chinesen ecken bei allen ihren Nachbarn an. Das ist derzeit der einzige Vorteil, der Washington in dieser Region bleibt: Die USA stehen für militärische Sicherheit gegenüber China und Nordkorea.

Wohlstand oder Sicherheit?

Asiatische Länder, wie Indonesien, die Philippinen, Südkorea und Japan wollen das Beste aus beiden Welten: profitieren vom chinesischen Wachstum und die Sicherheit des Bündnisses mit den USA. Ein schwieriger Spagat. Immer wieder müssen sich Asiens demokratisch gewählte Politiker die wichtige Frage stellen: Was kommt bei den Wählern besser an: nationalistische Töne mit den Yankees im Rücken oder der Ausbau der wirtschaftlichen Kooperation in der Region? In Bezug auf China und die USA lautet die Frage also zugespitzt: Wohlstand oder Sicherheit? Die Tendenz wird immer deutlicher. Meist haben sich die Wähler in den letzten Jahren für wirtschaftliche Prosperität entschieden. Und daran wird sich wohl auch in den nächsten Jahren nichts ändern. Denn den chinesischen Aufschwung spürt man im Geldbeutel.

Was außerdem gegen Amerika spricht: Ihnen gehen die Krisen aus, vor deren Hintergrund sie ehemals ihre Sicherheit in Asien verkaufen konnten. Denn kaum jemand befürchtet, dass ein militärischer Konflikt mit China in nächster Zeit bevorsteht. Und so schrumpft der Spielraum Obamas, zusammen mit der Notwendigkeit amerikanischer Schlachtschiffe im Pazifik, immer weiter. Die Beziehungen Chinas zum einstigen Erzfeind auf der Insel, Taiwan, sind vitaler denn je, was nicht nur das Treffen von Spitzenpolitikern beider Länder zeigt. Noch nie gab es so viele Direktflüge und so einen regen Austausch von Studenten und Touristen wie jetzt. Selbst die Südkoreaner, deren Hauptstadt nur knapp 60 Kilometer von Feindesland entfernt ist und von nordkoreanischen Raketen leicht erreicht werden kann, setzen mehr auf Wandel durch Annäherung als auf ein militärisches Muskelspiel. Zwei friedliche koreanische Nachbarn, eine Aussicht, die den USA so gar nicht schmecken kann, denn wer bräuchte dann noch die GIs? Und für Japan ist China, trotz aller politischen Rangeleien nicht nur der wichtigste Absatzmarkt, sondern auch der wichtigste Produktionsstandort.

Der Besuch des Außenministers in Peking hat die derzeitige Lage der USA noch einmal verdeutlicht. Und Obama sollte von seiner geplanten Asienreise im April auch nicht zu viel erwarten. Sein Sicherheitsversprechen steht längst nicht so hoch im Kurs wie das Wachstumsversprechen der Chinesen.