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Rekordtief bei deutschen Organspenden

12. November 2013

Die Deutschen spenden so wenig Organe wie noch nie. Experten sehen einen Zusammenhang zu einem Organspende-Skandal. Sie sprechen von einem Vertrauensverlust ins Gesundheitssystem.

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Ein Styropor-Behälter zum Transport von zur Transplantation vorgesehenen Organen. (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

In diesem Jahr hat es in ganz Deutschland bisher nur 754 Organspender gegeben. 2012 waren es noch 892 Menschen, wie der Vorstand der der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Rainer Hess, beim DSO-Jahreskongress in Berlin mitteilte. Demnach ist die Zahl der Spender in den ersten zehn Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 16 Prozent zurückgegangen. "Diese Situation ist unvertretbar", sagte Hess.

Die Zahl der gespendeten Organe sank in den ersten zehn Monaten von 3001 im Jahr 2012 auf 2647 in diesem Jahr. Einem Spender können, je nach Einwilligung und Tauglichkeit, maximal sieben Organe entnommen werden.

Derzeit warten in Deutschland etwa 11.300 Menschen auf ein geeignetes Organ. Einen massiven Einbruch bei den Spendern habe es im August mit lediglich 56 Organspendern gegeben - nach fast 100 im August 2012. Im vergangenen Monat, dem Oktober, waren es 79 Spender, wie Hess mitteilte.

Vertrauensverlust vermutet

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation will auf ihrem an diesem Dienstag begonnenen Jahreskongress über die Folgen der Manipulationen an deutschen Kliniken und des sinkenden Vertrauens in das Organspende-System beraten. Die Experten sehen einen direkten Zusammenhang zwischen den rückläufigen Spenderzahlen und dem Skandal im vergangenen Jahr.

Die Spenderzahlen sinken seit Jahren. Noch deutlicher einzubrechen begannen sie, nachdem im Sommer 2012 der Skandal um mögliche Manipulationen bei der Organvergabe bekannt wurde. Ärzte sollen Patientendaten manipuliert haben, sodass einzelne Kranke schneller Spenderorgane bekamen. Neben den Unikliniken Göttingen, Leipzig und München wurde auch ein offizieller Verdacht gegen das Universitätsklinikum Münster bekannt.

Hess verwies darauf, dass die Transplantationsmedizin in den vergangenen Monaten bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen habe, um "manipulationssicher" zu werden. "Noch befinden wir uns in einem Veränderungsprozess, aber die Weichen für eine Trendwende sind bereits gestellt", sagte er.

Er rief außerdem dazu auf, die Kriterien bei der Organvergabe zu überdenken. Bisher ginge es bei der Auswahl der Empfänger "sehr stark nach Dringlichkeit". Fraglich sei, ob die Erfolgsaussichten genug berücksichtigt würden. Um Probleme und Erfolge besser einschätzen zu können, so Hess, brauche es ein Transplantationsregister, mit dessen Hilfe die einzelnen Behandlungen verglichen und bewertet werden könnten.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, der Bevölkerung fehle weiterhin das Vertrauen in die Akteure. Eine Trendwende bei der Bereitschaft für Organspenden könne nur mit echten Reformen geschafft werden, sagte der Geschäftsführende Vorstand Eugen Brysch.

ch/kis (dpa, epd, kna)