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Risiko Übergewicht: COVID-19 in Fettzellen 

10. Dezember 2021

Warum, stark Übergewichtige ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe und Long COVID haben könnten, zeigt eine neue Studie.

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Ein Besucher mit Schutzkleidung drückt die Hand eines Patienten auf der Intensivstation
Seit Beginn der Pandemie zeigten Studien, dass viele der am schwersten erkrankten Patienten fettleibig waren. Bild: RONNY HARTMANN/AFP

Dass sich bei übergewichtigen und fettleibigen Menschen das Risiko von schweren COVID-19-Verläufen und Long COVID deutlich erhöht, ist nicht neu. Das liegt zum einen an der schlechteren körperlichen Verfassung, der höheren Anzahl von Begleiterkrankungen oder mechanischen Probleme beim Atmen, aber nicht nur: Laut einer neuen, noch nicht überprüften Studie scheint das Coronavirus die Fettzellen direkt zu infizieren. Mehr noch, es löst bei schweren COVID-Fällen direkt Entzündungen in den Fettzellen aus. 

"Die Daten unserer Studie deuten darauf hin, dass die Infektion des Fettgewebes und die damit verbundene Entzündungsreaktion einer der Gründe dafür sein könnte, warum fettleibige Personen bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 so schlecht abschneiden", erklärte Dr. Catherine Blish, Professorin am Stanford University Medical Center und Hauptautorin der Studie. 

SRAS-CoV-2 l Covid-19, Mikroskopische Aufnahme
Dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 dienen die ACE2-Rezeptoren als Eingangstor in die Zellen. Bild: IMAGE POINT FR - LPN /BSIP/picture alliance

Der Ansatz ist nicht wirklich neu, denn auch andere Erreger wie das Grippevirus scheinen sich gerne in Körperfett einzunisten. Dem neuen Coronavirus SARS CoV-2 dienen die ACE2-Rezeptoren als Eingangstor, um in die Zellen einzudringen. Und die kommen in Fettzellen in einer höheren Dichte vor, als in anderen Zellen, höher sogar als im Lungengewebe. 

Blish und ihr Team untersuchten die Fettzellen von Patienten, die an COVID-19 gestorben waren. Dabei zeigte sich, dass das Coronavirus die Fettzellen sehr effektiv als Reservoir nutzt, um sich zu verstecken - und dadurch unserem Immunsystem ein Schnippchen zu schlagen. 

Erhöhtes Long-COVID Risiko 

Und Fett beschränkt sich im menschlichen Körper nicht auf die offensichtlichen Pölsterchen – sondern stellt eine Umgebung dar, in die zahlreiche Organe eingebettet sind. Die Forscher fanden heraus, dass der Befall von Fettzellen mit SARS-CoV-2 eine Entzündungskaskade aktiviert. Vom Fett ausgehend kann es möglicherweise auch auf diese eingebetteten Organe übertreten - und das über einen längeren Zeitraum.

Da es so auch auf andere Bereiche des Körpers übertragen wird, erhöhe sich laut Studie möglicherweise das Risiko, dass Patienten auch Monate nach der Genesung von ihrer ersten Infektion unter Long COVID-Symptomen leiden. 

"Wenn Fettzellen ein Reservoir für Virusinfektionen darstellen, kann Fettleibigkeit nicht nur zu einer schweren akuten Erkrankung, sondern auch zu einem lang anhaltenden COVID-Syndrom beitragen", heißt es in der Studie. 

Übergewichtiger Mann isst Fastfood
Übergewichtige und fettleibige Menschen haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und Long COVID Bild: Dominic Lipinski/empics picture alliance

Da übergewichtige und fettleibige Menschen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und Long COVID haben, könnte dies auch Auswirkungen auf die Impfstrategie und die Behandlungsmethoden haben, da das Körperfett bei den bestehenden COVID-19-Behandlungen bislang nicht berücksichtigt wird.

Mögliche Behandlungsmethoden bei Long-COVID

Die Forscher stellten fest, dass das Virus auch in den Fettzellen auf antivirale Therapie (mit Remdesivir) anspringt. Außerdem könnten gezielt Medikamente erprobt werden, die das Entzündungsgeschehen im Fettgewebe reduzieren. Die Aufgabe könnten etwa Salicylate übernehmen, schlagen die Forschenden vor. Der bekannteste Salicylate-Vertreter ist die Acetylsalicylsäure, also ASS bzw. Aspirin. Salicylate haben schmerzlindernde, entzündungshemmende, fiebersenkende Eigenschaften und verhindern die Entstehung von Verklumpungen im Blut. 

Auf Grundlage der neuen Forschungsergebnisse muss zudem diskutiert werden, ob auch übergewichtige und fettleibige Menschen zu den Risikogruppen zählen und etwa bei Impfungen entsprechend priorisiert werden müssen. 

Belastendes Übergewicht 

Seit Beginn der Pandemie zeigten einige Studien, dass viele der am schwersten erkrankten COVID-19-Patienten fettleibig waren. Im August 2020 erschien eine erste Metaanalyse, für die Forschende aus aller Welt die Daten von 399 000 Patienten zusammengetragen hatten.  Diese fand heraus, dass Menschen mit Adipositas bei einer Corona-Infektion mit 113 % höherer Wahrscheinlichkeit im Krankenhaus landen, mit 74 % höherer Wahrscheinlichkeit auf eine Intensivstation kommen und mit 48 % höherer Wahrscheinlichkeit an COVID-19 sterben. 

Eine stark übergewichtige Frau geht mit Stock vor der Filiale einer Fastfood-Kette vorbei.
Stark übergewichtige Menschen sollten sich besonders vor eine Corona-Infektion schützen.Bild: Spencer Platt/Getty Images/AFP

Bei stark Übergewichtigen kommen bei einer schweren Erkrankung oftmals viele Faktoren zusammen. Das eigentliche Bauchfett drückt auf das Zwerchfell, das wiederum auf die Lunge drückt. So schränkt es den Luftstrom ein, das Lungenvolumen nimmt ab. 

Zusätzliche Faktoren

Zudem haben stark Übergewichtige oftmals ein geschwächtes Immunsystem, chronische Entzündungen und eine erhöhte Gerinnungsneigung des Blutes. Gerade eine verstärkte Gerinnung kann bei einer COVID-Erkrankung zum Risiko werden, wenn die kleinen Gefäße in der Lunge durch Gerinnsel verstopfen.

Zudem sind Bluthochdruck, Herz- und Lungenerkrankungen sowie Diabetes bei stark Übergewichtigen sehr verbreitet. All dies sind zusätzliche Faktoren, die einen Krankheitsverlauf verschlimmern können. 

Stark übergewichtige Menschen sollten sich also besonders vor eine Corona-Infektion schützen. Denn bislang gibt es nur wenige Daten darüber, wie COVID-19-Patienten mit Fettleibigkeit zu behandeln sind, auch weil Patienten mit Adipositas häufig von klinischen Studien ausgeschlossen werden.

Angesichts der neuen Forschungsergebnisse könnte es durchaus sinnvoll sein, künftig auch Menschen mit einem hohen Body-Mass-Index in die künftige COVID-19-Studien einzubeziehen.