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Robert Habeck will Bundeskanzler werden

8. November 2024

Nach dem Bruch der Regierungskoalition will Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen deutscher Regierungschef werden. Seine Chancen sind allerdings eher gering.

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Nach Ampel-Aus | Robert Habeck
Greift nach dem wichtigsten politischen Amt in Deutschland. Robert Habeck, Minister für Wirtschaft und Klimaschutz Bild: JOHN MACDOUGALL/AFP

Robert Habeck, Deutschlands Vizekanzler und Minister für Wirtschaft und Klimaschutz, nutzt die sozialen Medien, um am Freitagnachmittag (8.11.24) zu verkünden, was alle längst erwartet haben: Er bewirbt sich darum, Spitzenkandidat seiner Partei, den Grünen, bei der nächsten Bundestagswahl zu sein. An einem Küchentisch sitzend sagt er in einem Video, das zunächst der ARD vorlag, direkt an die Menschen in Deutschland gewandt: "Ich bewerbe mich als Kandidat von den Grünen - für die Menschen in Deutschland". Und weiter: "Wenn Sie wollen, auch als Kanzler. Aber das ist nicht meine, das ist Ihre Entscheidung. Nur Sie können das entscheiden."

Wann die Bürgerinnen und Bürger das entscheiden können, steht aber noch nicht fest: nach dem Kollaps des Regierungsbündnisses von Sozialdemokraten, Grünen und den Liberalen von der FDP, ist unklar, wann genau gewählt wird,  wahrscheinlich ist ein Termin Mitte März 2025. Ganz offiziell muss Habeck am übernächsten Wochenende noch das Votum seiner Partei abwarten, die sich dann in Wiesbaden zum Parteitag trifft. Aber seiner Kandidatur, da sind sich alle Beobachter einig, steht nichts im Wege.

Bewerbung nach einer heftigen Woche in Berlin

Kanzler aber wird er wohl eher nicht. Seine Partei liegt derzeit in den Umfragen zwischen neun und elf Prozent der Stimmen. Und vor allem: Habeck verkündet seine Kanzler-Träume am Ende einer Woche, die es so schon lange nicht mehr gegeben hat im politischen Berlin. Seit Mittwochmorgen überschlugen sich die Ereignisse: Da war der Ausgang der US-Wahl, die Donald Trump zum gewählten US-Präsidenten gemacht hat. Das war die erste schlechte Nachricht für die Regierung, die auf die Demokratin Kamala Harris gesetzt hatte. Und dann zerbrach am späten Abend eben genau dieses Regierungsbündnis, dem Habeck angehört. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)  entließ Finanzminister Christian Lindner (FDP). Nach langem Streit um Steuer - und Wirtschaftsfragen und nachdem die Koalition sich nicht auf einen Haushalt einigen konnte. Die FDP schied aus der Regierung aus. Seitdem findet sich Habeck in einer Minderheitsregierung wieder, an der Seite von Scholz, ohne große politische Gestaltungsmöglichkeit. Keine schönen Aussichten.

Habeck kehrt zur Plattform X zurück

Eigentlich. Aber Habeck will kämpfen. Und macht da so deutlich: Nach langen Jahren der Abstinenz ist er wieder bei X. Anfang 2019, damals noch als Vorsitzender der Grünen, hatte sich Habeck öffentlichkeitswirksam von der Plattform Twitter, wie X damals noch hieß, zurückgezogen. Zu der Zeit kursierten in den sozialen Medien viele Gerüchte über sein Privatleben und Habeck löschte daraufhin seine Accounts. Jetzt, fast sechs Jahre später, schreibt er auf X: "Orte wie diesen den Schreihälsen und Populisten zu überlassen ist leicht. Aber es sich leicht zu machen, kann nicht die Lösung sein. Nicht heute. Nicht in dieser Woche." Zu sehen ist dann auch ein kurzes Video, mit der Überschrift: "Von hier aus alles anders." Und Habeck trägt ein Armband, auf dem "Kanzler Era" steht. Sogar seinen jetzt ehemaligen Kabinettkollegen Christian Lindner veranlasst das zu einer halbwegs humorvollen Antwort. 

Merz macht sich über Habeck lustig

Habeck will weiter für den Klimaschutz kämpfen, für den Umbau der Wirtschaft, auch mit gesetzlichen Schritten, mit hohen staatlichen Subventionen. Für die Kernthemen der Grünen also. Aber als strikter Marktwirtschaftler, was vor allem auf dem linken Flügel der Grünen nicht immer begrüßt wird. Und viele Parteianhänger haben die Zustimmung der grünen Minister zu den Verschärfungen in der Asyl - und Ausländerpolitik mit Befremden zur Kenntnis genommen. Die Optionen für Habeck und seine Grünen sind sowieso begrenzt: Die in den Umfragen führenden Konservativen von CDU und CSU können wenig mit dem heutigen Vizekanzler anfangen. Am Freitag hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, der gute Chancen hat, nächster deutscher Kanzler zu werden,  nur Hohn und Spott für Habecks Bewerbung übrig: "Die Selbsterklärung zum Kanzlerkandidaten bei neun Prozent Wählerzustimmung hat ja durchaus einen humorvollen Teil", verkündet Merz mit süffisantem Lächeln. Und fügt hinzu, die Grünen "müssten das dann mit sich und ihren Wählerinnen und Wählern ausmachen".

Ukraine Schyrokyne | Frontlinie | Robert Habeck
Zu Beginn der Regierungszeit erklärte Habeck, hier bei einem Besuch nahe Mariupol, den Bürgern die Ukraine-Politik der neuen RegierungBild: Klaus Remme/dpa/picture alliance

Die Bürger sehen die Schuld am Ampel-Aus auch bei den Grünen

In der Bevölkerung hatte Habeck zu Beginn der Regierungszeit zunächst ein gutes Image: Viel besser als etwa der schweigsame Kanzler erklärte er den Deutschen die Umbrüche nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, erklärte, warum die Energiepreise stiegen und auch die Inflation. Aber bald danach begann der Dauerstreit der Regierung über so gut wie alle wichtigen Themen. Jetzt begrüßen nach einer aktuellen Umfrage der ARD 59 Prozent der Menschen das Aus für die Koalition, die nach den drei Parteifarben Rot, Gelb und Grün schlicht Ampel genannt wird.  40 Prozent machen die FDP des entlassenen Finanzministers für das Scheitern der Regierung verantwortlich, aber immerhin noch 26 Prozent sehen die Schuld bei den Grünen: Es könnte besser laufen für Robert Habeck.

Der erklärt trotzdem wiederholt, dass er jetzt nicht zurückblicken will, sondern nach vorne schaut. Und während der Kanzler wegen der Regierungskrise in der kommenden Woche seine Reise zum UN-Klimagipfel in Baku abgesagt hat, bleibt Habeck bei seinen Reiseplänen: Anfang kommender Woche nimmt er am "Web Summit" in Lissabon teil, eine Veranstaltung, die als die führende Technologiekonferenz der Welt gilt. Nur die Hoffnung nicht aufgeben, soll das heißen, auch wenn so gut wie alles dagegen spricht, dass Robert Habeck Bundeskanzler wird.