Robert Lebecks Fotos erwecken 1968 zum Leben
3. März 2018Hunderte Negative mussten die Kuratoren im Archiv von Robert Lebeck sichten. Für die Ausstellung ging das Kunstmuseum Wolfsburg eine Zusammenarbeit mit dem Wolfsburger Institut für Zeitgeschichte ein. Der Fotograf Robert Lebeck (1929-2014) dokumentierte ein halbes Jahrhundert zuvor, im Jahr 1968, die Welt im Umbruch. Viele der Fotos, die der Bildjournalist im Auftrag des Magazins "Stern" in diesem Jahr aufnahm, brannten sich ins kollektive Bildgedächtnis ein. Fast alle erzählen eine Geschichte: vom Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes, der den Prager Frühling beendete, sie dokumentieren den Barrikadenbau während der Studentenunruhen in Berlin genauso wie die Beerdigung Robert F. Kennedys, eine Papstreise nach Kolumbien oder die Eskalation des Nordirland-Konfliktes.
Lebecks Arbeiten verdichten Zeitgeschichte
Robert Lebeck gilt heute als einer der herausragenden deutschen Fotoreporter und als ein Chronist des Alltagslebens seit den 1950er Jahren. In Berlin geboren, studierte er in New York und kehrte nach Deutschland zurück, wo er unter anderem für den "Stern" arbeitete. Zwei Tage im Sommer 1968 verbrachte Robert Lebeck auch in Wolfsburg. Die Stadt feierte damals ihren 30. Geburtstag. Der Fotoreporter fing eine Hochzeit ein, machte Architekturaufnahmen in Detmerode, fotografierte die Käfer-Produktion im VW-Werk.
Cordula Lebeck, die Witwe des 2014 verstorbenen Fotografen und Leiterin des umfangreichen Lebeck-Archivs, hat die Kuratoren bei der Auswahl unterstützt. 110 Negative wurden eigens für die Schau als Fine Art Prints auf besonders hochwertigem Fotopapier reproduziert, darunter nur zehn in Farbe.
Erste Versuche mit Farbfilmen
Bei seiner Fotoreportage über Nordirland, für die der "Stern" seinen Starreporter Ende 1968 in die Krisenregion nach Belfast schickte, experimentierte Lebeck das erste Mal mit dem Farbfilm. Vorher hatte er nur in schwarz-weiß fotografiert. Bis heute sind diese Arbeiten ungedruckt. Wolfsburg zeigt sie erstmals öffentlich.
Denn viele der Reportagen, die Robert Lebeck 1968 fotografierte, sind nie erschienen. "Damals war Fotografie Rohmaterial, also Layout-Material für die 'Stern'-Redaktion", erzählt Ralf Beil, einer der Kuratoren der Ausstellung.
Lebeck interessierten weder Skandalgeschichten noch Paparazzifotos. Er fotografierte Menschen auf Augenhöhe, auch Prominente wie Romy Schneider, die ein häufiges Motiv Lebecks war. Er fotografierte auch den Film-Star Curd Jürgens oder Papst Paul VI., den er auf seiner ersten Lateinamerika-Reise begleitete. Lebecks Fotos zeigen den Menschen hinter der Rolle und hinter dem Amt. Wohl deshalb ließen sich alle deutschen Bundeskanzler von ihm ablichten - selbst in privaten Momenten.
Weltreisender Foto-Reporter
Noch 50 Jahre später haben die Fotografien aus dem Jahr 1968 eine ungeheure Wucht: Vieles deutete sich an, was später zu einer Revolution - ob im öffentlichen oder im privaten Raum - führte. Der Aufbruch der Frauen aus dem Korsett ihrer traditionellen Rolle nahm 1968 seinen Anfang. Lebeck hat das gesehen und für die Nachwelt dokumentiert.
Die Ausstellung "Robert Lebeck. 1968" ist vom 4. März bis zum 22. Juli 2018 im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen. Zum Weiterlesen: Cordula Lebeck und Gerhard Steidl: Robert Lebeck. Face The Camera. Frölich & Kaufmann Verlag. Göttingen 2016.