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Politik

Vom Volkshelden zum Diktator

Friederike Wintgens Columbus Mavhunga / Vanessa Hermann
6. September 2019

Bis 2017 war Robert Mugabe einer der umstrittensten Staatschefs Afrikas. Erst als afrikanischer Vorzeigepolitiker gefeiert, wandelte er sich später zum brutalen Diktator. Nun ist er im Alter von 95 Jahren gestorben.

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Robert Mugabe
Bild: Getty Images/AFP/M. Safodien

Viele Afrikaner sahen in Robert Mugabe den strahlenden Führer, der im Jahr 1980 Simbabwe die Unabhängigkeit von Großbritannien brachte. Doch im Laufe seiner Amtszeit verdunkelte sich dieses Bild. Seit den späten neunziger Jahren galt er im Westen als brutaler Diktator, der sein Land in den Ruin trieb.

Robert Gabriel Mugabe kam 1924 zur Welt, in einem kleinen Dorf südlich von Salisbury, der Hauptstadt der damaligen britischen Kolonie Südrhodesien. Seine Eltern waren einfache Bauern und streng katholisch. Mugabe besuchte mehrere Schulen des katholischen Jesuiten-Ordens. Er sei ein schüchternes Kind gewesen, das sich von den meisten Menschen abgrenzte, schreiben Biografen. "Seine einzigen Freunde sind seine Bücher", wird sein Bruder Donallo in der Biografie "Dinner with Mugabe" zitiert.

Nach seiner Ausbildung als Grundschullehrer studierte Robert Mugabe im damaligen Südrhodesien, in Tansania und Ghana. Sieben Universitätsabschlüsse erlangte er im Laufe seines Lebens - drei davon in Gefangenschaft. In Ghana lernte er auch seine erste Ehefrau Sally kennen. Lange Zeit war sie auch seine engste Freundin und politische Beraterin. Als er 1960 nach Südrhodesien zurückkehrte, schloss sich Mugabe der Freiheitsbewegung an. Zunächst kämpfte er gegen die britische Kolonialmacht, später gegen die weiße Minderheitsregierung von Ian Smith, die für ein striktes System der Rassentrennung stand. 1964 wurde Mugabe verhaftet und musste für über zehn Jahre ins Gefängnis.

Gefangenschaft, Unabhängigkeitskrieg und Aufschwung

Nicht einmal an der Beerdigung seines Sohnes 1966 durfte er teilnehmen. In den Augen der schwarzen Simbabwer wurde Mugabe zum Volkshelden.

Nachdem er 1975 aus dem Gefängnis freigekommen war, kämpfte Mugabe erfolgreich für die Unabhängigkeit Südrhodesiens. Bei den ersten Wahlen 1980 wurde er zum Premierminister gewählt. Öffentlich predigte er Versöhnung: "Ich möchte Sie dringend bitten, egal, ob Sie weiß oder schwarz sind, mit mir zusammen unsere düstere Vergangenheit zu vergessen, uns gegenseitig zu vergeben und uns in Freundschaft die Hand zu reichen", sagte er nach seiner Amtseinführung.

Robert Mugabe - Simbabwe vor der Unabhängigkeit
Robert Mugabe nach den erfolgreichen Unabhängigkeitsverhandlungen in London im Dezember 1979Bild: picture-alliance/dpa

In den Jahren danach führte er die freie Schulbildung und eine medizinische Grundversorgung für Menschen mit geringem Einkommen ein. Auch wirtschaftliche Reformen brachten enormen Aufschwung. Die Lebenserwartung stieg. Die britische Königin schlug ihn zum Ritter, in vielen westlichen Hauptstädten war Mugabe ein gern gesehener Gast. Der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker bezeichnete ihn als "klugen, besonnenen Politiker, der um Ausgleich bemüht ist".

Die politische Wende

Während der Westen ihn feierte, lernten die Menschen in Simbabwe die andere Seite des Freiheitskämpfers kennen: Nachdem er sich mit seinem früheren Verbündeten Joshua Nkomo 1982 überworfen hatte, tötete Mugabes Armee tausende Nkomo-Anhänger. Drei Jahre später schlossen die beiden Widersacher einen Waffenstillstand. Mugabe ernannte Nkomo zu seinem Vizepräsidenten.

1992 starb Mugabes Frau Sally. Von diesem Zeitpunkt an veränderten sich sein Privatleben und auch sein politischer Kurs in der Öffentlichkeit. Er lebte nun mit seiner ehemaligen Sekretärin Grace zusammen, mit der er zuvor eine jahrelange Affäre gehabt hatte. 1996 heirateten sie. Im Gegensatz zu Sally war Grace als First Lady unbeliebt. "Gucci Grace" nennen sie die Simbabwer - eine Anspielung auf ihre ausschweifenden Shopping-Touren in aller Welt.

Simbabwe Protest Journalisten
Robert und Grace Mugabe im Jahr 2016Bild: DW/C. S. Mavhunga

Während die Bevölkerung mit Cholera, Lebensmittelknappheit und Inflation fertig werden musste, lebte das Präsidentenpaar im Überfluss. Allein Mugabes Feier zum 88. Geburtstag soll rund eine Million US-Dollar gekostet haben. Zum 91. ließ der greise Machthaber mehrere Elefanten schlachten, dazu wurden in einem Luxushotel 91 Kilo Backwerk in Form der Viktoriafälle serviert. Die Opposition kritisierte die Party als "obszön".

Land am Abgrund

Im Jahr 2000 brach der Westen mit Mugabe. Mit seiner Billigung hatten ehemalige Bürgerkriegs-Veteranen zuvor die Farmen weißer Simbabwer gestürmt und besetzt. Obwohl die Weißen nur ein Prozent der Bevölkerung stellten, gehörten ihnen rund 70 Prozent des Farmlandes. Mugabe rechtfertigte diese Politik mit der Notwendigkeit, das ökonomische Gleichgewicht zwischen weißen und schwarzen Bauern wiederherstellen zu wollen. "Der weiße Mann ist nicht heimisch in Afrika. Afrika gehört den Afrikanern! Und Simbabwe gehört den Simbabwern!", sagte der Machthaber. Doch ein Großteil des Landes ging an Politiker und Mugabe-Freunde.

Viele Farmen lagen bald brach, weil die neuen Besitzer keine Erfahrung in der Landwirtschaft hatten. Eine beispiellose Wirtschaftskrise war die Folge. Im Jahr 2008 lag die Inflationsrate im Bereich von Trillionen - ein trauriger Weltrekord. Mugabe machte den Westen, der Sanktionen gegen Simbabwe verhängt hatte, für die Krise verantwortlich.

Aufgrund von Menschenrechtsverletzungen, Wahlbetrug und Einschränkungen der Pressefreiheit verhängten die USA und Europa schließlich ein Einreiseverbot gegen Mugabe. Mehrere Auszeichnungen, darunter zwei Ehrendoktortitel, wurden ihm aberkannt. Auch in Simbabwe machte sich der Langzeitherrscher immer unbeliebter: 2008 verlor seine Partei die Parlamentswahlen.

Auf Druck Südafrikas musste Mugabe mit der MDC-Partei seines Rivalen Morgan Tsvangirai eine Koalition bilden. Die endete jedoch mit den Wahlen im Jahr 2013, aus denen Mugabe mit seiner Partei als Sieger hervorging. Zum siebten Mal wurde er für eine fünfjährige Amtszeit vereidigt. 

Die letzten Jahre seines Lebens

In seinen letzten Regierungsjahren klammerte sich Mugabe an sein Amt - trotz wachsenden Drucks, abzudanken. Als Nachfolgerin brachte er seine Frau Grace in Stellung, damit das höchste Staatsamt in der Familie bliebe. Diesen Plänen schob das Militär einen Riegel vor, als es den Präsidenten am 14. November 2017 unter Hausarrest stellte und de facto die Macht im Staat übernahm. 

Eine Woche später musste der bereits 93-jährige Präsident offiziell zurücktreten. Neuer Präsident wurde Mugabes jahrzehntelanger Parteifreund Emmerson Mnangagwa. Er sicherte Mugabe die freie Ausreise, Straffreiheit und eine Abfindung in Millionenhöhe zu. Robert Mugabe, dessen Gesundheitszustand schon damals erkennbar schlecht war, starb nun in der Nacht zu Freitag im Alter von 95 Jahren nach einem mehrmonatigen Krankenhausaufenthalt in Singapur.

 

Simbabwe Mugabe verkündet bei TV-Ansprache nicht wie erwartet Rücktritt
November 2017: Das Militär übernimmt die Macht in SimbabweBild: picture alliance/AP Photo/Zimbabwe Herald

Obert Gutu, ein Mitglied der MDC, zog schon vor Jahren ein düsteres Fazit zur Regierung des nun gestorbenen Ex-Präsidenten: "Als wir im Jahr 1980 die Unabhängigkeit erlangten, herrschte im Land eine enthusiastische Stimmung. Wir alle glaubten, dass wir als Nation wachsen und erfolgreich sein würden." Doch diese Hoffnungen hätten sich bald zerschlagen: "Wir wurden Zeugen der Einsetzung eines korrupten, intoleranten Regimes. Leider ist der Großteil der Simbabwer heute ärmer als sie es 1980 waren", so Gutu. Daran hat sich auch gut zwei Jahre nach der Abdankung Robert Mugabes kaum etwas geändert.

Robert Mugabe wird wohl vielen als Politiker mit zwei Gesichtern in Erinnerung bleiben: ein früherer Freiheitskämpfer, der sich zum Diktator wandelte.