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Politik

"Robuste Antwort" auf "Nord Stream"-Leck

28. September 2022

Nach dem mutmaßlichen Sabotageakt gegen die "Nord Stream"-Gaspipelines wächst in der EU die Angst vor weiteren Angriffen auf die Energieinfrastruktur. Dänemark sieht die Sicherheitslage im gesamten Ostsee-Raum in Gefahr.

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Dänemark | Gasleck in der Pipeline Nord Stream 2
Die Ostsee bei Bornholm: Ein möglicher "Riesenriss" lässt Unmengen an Gas ausströmenBild: Danish Defence/handout/AA/picture alliance

"Jede absichtliche Störung der europäischen Energieinfrastruktur ist vollkommen inakzeptabel und wird auf eine robuste und geeinte Antwort treffen", erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen der 27 Mitgliedstaaten. "Alle verfügbaren Informationen" deuteten auf einen Sabotageakt gegen die Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 hin. Die entstandenen Lecks seien wohl das "Ergebnis einer vorsätzlichen Handlung". Man werde jede Untersuchung unterstützen, die Klarheit schaffe. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, man werde alles dafür tun, die europäische Energieinfrastruktur zu sichern.

Die dänische Regierung sieht die Sicherheitslage im gesamten Ostsee-Raum in Gefahr: "Russland hat eine bedeutende militärische Präsenz in der Ostsee-Region, und wir erwarten, dass sie mit ihrem Säbelrasseln weitermachen", sagte der dänische Verteidigungsminister Morten Bodskov nach einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. Zugleich teilte Bodskov mit, es könne zwei Wochen dauern, bis die Tatorte am Meeresgrund untersucht werden könnten.

"Abstrakte Gefährdungslage"

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht erklärte, die deutsche Marine werde sich mit ihrer Expertise bei der Aufklärung einbringen. "Der mutmaßliche Sabotageakt an den Ostsee-Pipelines führt uns erneut vor Augen, dass wir auf kritische Infrastruktur angewiesen sind - auch unter Wasser", so Lambrecht. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, es bestehe eine "abstrakte Gefährdungslage" für die kritische Infrastruktur in Deutschland, die aber bereits seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine gelte. "Wir müssen uns auf Szenarien einstellen, die bis vor Kurzem kaum denkbar waren", meinte Ressortchefin Nancy Faeser.

An den Nord-Stream-Pipelines, die von Russland ins nordostdeutsche Bundesland Mecklenburg-Vorpommern führen, waren Anfang der Woche innerhalb kurzer Zeit in Gewässern vor Dänemark und Schweden insgesamt drei Lecks in etwa 80 Metern Tiefe entstanden. Die genaue Ursache dafür ist noch immer unklar.

Infografik - Nord Stream 2 safety zone around the island of Bornholm - EN

Russland bestreitet Verantwortung

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies Vermutungen als "dumm" zurück, die Führung in Moskau könne für die Lecks verantwortlich sein. In seinem täglichen Telefonat mit Journalisten verwies Peskow seinerseits auf große Profite, die US-Energiekonzerne mit Gaslieferungen nach Europa machten. Die russische Generalstaatsanwaltschaft leitete inzwischen nach eigenen Angaben ein Verfahren wegen internationalen Terrorismus ein. In New York beantragte Russland eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats, die am Donnerstag stattfinden könnte. 

Die Andeutungen des Kremls, die Regierung in Washington stecke hinter dem Vorfall, wurden vom Weißen Haus als "lächerlich" zurückgewiesen. "Wir alle wissen, dass Russland eine lange Geschichte der Verbreitung von Falschinformationen hat, und es tut es hier jetzt wieder", sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Adrienne Watson.

"Unermesslicher Schaden" 

Inzwischen ist bereits mehr als die Hälfte des Gases aus den betroffenen Leitungen entwichen, wie die dänische Energiebehörde mitteilte. Voraussichtlich am Sonntag sollen die Pipelines demnach leer sein. Die Lecks führen nach Einschätzung des deutschen Umweltbundesamts (UBA) zu schweren Klimaschäden. Sämtliches Methan in den Pipelines werde in die Atmosphäre gelangen, voraussichtlich 300.000 Tonnen. Und Methan sei "deutlich klimaschädlicher als CO2". Bereits jetzt sei durch die Lecks ein "unermesslicher Schaden für den Klimaschutz entstanden", beklagte die Deutsche Umwelthilfe.

wa/no (dpa, afp, rtr)