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Flugschreiber

3. Mai 2011

Flugdatenschreiber können schwere Gewalteinwirkung sowie hohe Temperaturen und Drücke überstehen. Sie führen Buch über Absturzursachen. Aber wie kommen die Daten wieder aus der "Black-Box" heraus?

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Der Flugschreiber, des am 1. Juni 2009 verunglückten Air France Fluges. Die Black-Box wurde am 01.05.2011 aus dem Atlantik geborgen (Foto:BEA, Johann Peschel/AP/dapd)
Die Black-Box ist in Signalfarbe gestrichenBild: dapd

Fast zwei Jahre lang lag der Flugschreiber der am 01.06.2009 im Atlantik abgestürzten Air-France Maschine auf einer Tiefe von etwa 4000 Metern im Meer, bis er am 01.05.2011 geborgen werden konnte. Beim Absturz und Untergang des Airbus A330-200 war die auch als "Black-Box" bezeichnete Metallkiste extremen Belastungen ausgesetzt. Zunächst wirkte der Impuls des zerbrechenden Flugzeugs auf das Gehäuse. Anschließend war der Flugschreiber auf dem Meeresboden einem enormen Druck von etwa 400 Bar ausgesetzt. Das entspricht dem Doppelten des Fülldrucks üblicher Tauchflaschen oder dem 60-fachen des Drucks in einem prall gefüllten Rennradschlauch.

Dennoch sind die Techniker zuversichtlich, dass sie die gespeicherten Daten, die Aufschluss über die letzten Minuten vor dem Absturz liefern können, aus dem Gerät auslesen können. "Das Gehäuse scheint in einem guten Zustand zu sein", erklärte der Chef der französischen Untersuchungsbehörde Jean-Paul Troadec.

Ein brasilianischer Marinetaucher auf einem schwimmenden Wrackteil des abgestürzten Air-France Fluges (Foto: AP/Brasilianische Marine)
Das Flugzeug wurde beim Absturz zerrissenBild: AP

Gewalt, Hitze, Säure und Druck

Moderne Flugschreiber sind in der Lage, extreme Gewalteinwirkungen zu überstehen. Sie können einen Aufschlag verkraften, der dem 3400-fachen der Erdbeschleunigung entspricht. Das ist vergleichbar mit einem Aufschlag auf eine harte Oberfläche bei einer Geschwindigkeit von etwa 600 Kilometern pro Stunde.

Auch Temperaturen von über 1000 Grad Celsius sollen den gespeicherten Daten nichts anhaben können. Der maximale Druck, den die Gehäuse aushalten müssen, liegt bei 600 Bar, was einer Meerestiefe von 6000 Metern entspricht. Zudem sind die Recorder säure- und salzwasserbeständig.

Höhe, Geschwindigkeit, Leit- und Triebwerke

Flugschreiber registrieren während des Fluges eine Vielzahl von Daten, die Aufschluss über die Unfallursache geben können. Neben der Geschwindigkeit, der Flughöhe sowie der Leistung und Temperatur der Triebwerke, registrieren sie die Stellung der Höhen und Seitenruder, sowie Daten zur Position des Flugzeugs.

Heutzutage werden diese Daten in der Regel digital auf Festplatten gespeichert. Selbst bei einer mechanischen Beschädigung des Datenträgers gelingt es Spezialisten oft, die digitalen Daten zu retten.

Da der Air-France Flug inmitten einer Gewitterfront abstürzte, hoffen die Experten auch Rückschlüsse auf die direkten Auswirkungen von Wind und Wetter auf das Flugzeug zu gewinnen.

Ein Radarbild des Unglücksortes mit einer Darstellung der Wetterlage (Foto: picture alliance/dpa)
Während des Absturzes herrschte schweres UnwetterBild: picture-alliance/ dpa

Simulationen der letzten Minuten

Aus diesen Informationen können Spezialisten die letzten Minuten des Fluges sekundengenau rekonstruieren. Spezialfirmen, wie das kanadische Unternehmen CAE-Flightscape sind sogar in der Lage, die Flugschreiber-Daten direkt in eigens entwickelte Flugsimulatoren einzufüttern und damit den Absturzmoment virtuell nachzustellen.

Neben dem Flugschreiber gibt es immer auch einen Stimmenrekorder, der die Cockpit-Geräusche und Gespräche der Piloten untereinander oder mit der Flugsicherung in den letzten 30 Minuten vor dem Absturz aufzeichnet. Zudem speichern Stimmenrekorder die Ansage der Piloten an die Passagiere. Der Stimmenrekorder des Unglücksfluges von Rio de Janeiro nach Paris wurde am 02.05.2011 geborgen.

Darüber hinaus sind Flugzeuge heutzutage mit einem weiteren leicht zugänglichen Rekorder (Quick-Access-Recorder) aufgestattet. Dieser kommt zum Einsatz, wenn es darum geht, Flugdaten auszulesen, nachdem es technische Probleme beim Flug gegeben hat, es aber nicht zu einem Absturz kam.

geborgener Flugschreiber eines Continental-Airlines Fluges (Foto: AP)
Die zylindrische Warnbake links am Gehäuse sendet SignaleBild: AP

Signale für einen Monat

Um nach einem Absturz leichter auffindbar zu sein, hat jeder Flugschreiber und Stimmenrekorder einen Notfallsender, eine sogenannte Ortungsbake. Diese ist fest mit der Black-Box verbunden, liegt aber außerhalb des Metallgehäuses und sendet nach einem Unfall jede Sekunde ein Ultraschall-Notsignal. Dieser so genannte "Ping" mit einer Frequenz von 37,5 Khz, kann von Schiffen geortet werden. Nach etwa 30 Tagen verstummen diese Signale.

Geortet werden Flugschreiber unter Wasser meist, indem die Suchschiffe Ultraschallempfänger an langen Schleppkabeln durch das Wasser ziehen. Wenn ein Signal an zwei Orten aufgezeichnet wird, ist es möglich, über eine Kreuzpeilung die Lage des Flugschreibers zu ermitteln.

Geht es auch ohne Black-Box?

Trotz der Signale, die eine Black-Box aussendet, gehen bei Abstürzen immer wieder Flugschreiber verloren. Deshalb begann Airbus bereits vor dem Absturz der Air France Maschine mit der Entwicklung eines Flugschreibers, der Daten noch während des Fluges per Funksignal an satellitengestützte Empfänger sendet.

Diese "Telemetrie" genannte Technologie nutzten Biologen bereits jetzt, um mit Sendern versehene Wildtiere, wie zum Beispiel Schildkröten, Wale oder Vögel über einen langen Zeitraum zu verfolgen.

Autor: Fabian Schmidt (mit dpa, AFP)
Redaktion: Judith Hartl