Rohingya wollen Gerechtigkeit
25. August 2019Zehntausende Rohingya-Flüchtlinge haben mit Demonstrationen in Bangladesch an die Gewalt des myanmarischen Militärs vor genau zwei Jahren erinnert. Am 25. August 2017 war die Armee in einer "Räumungsoperation" im Bundesstaat Rakhine brutal gegen die muslimische Minderheit vorgegangen und hatte deren Siedlungen zerstört. Seit dem Tag sind mehr als 730.000 Rohingya ins Nachbarland Bangladesch geflohen und harren dort in Lagern in der südlichen Region Cox's Bazar aus. Die Demonstranten sprachen am Sonntag vom "Tag des Völkermords".
"Wir fordern, dass die burmesischen Soldaten und ihre Agenten vom Internationalen Gerichtshof dafür verfolgt werden, dass sie Völkermord, Vergewaltigung und andere Verbrechen in Rakhine verübt haben", sagte der Führer der Arakan-Rohingya für Frieden und Menschenrechte, Muhib Ullah, vor mehr als 50.000 Menschen in Ukhiya.
Die Flüchtlinge verlangten erneut Garantien für eine sichere Heimkehr nach Myanmar. Erst vor Tagen war ein neuer Versuch gescheitert, erste Gruppen von 3500 Rohingya zurückkehren zu lassen. Wie schon im November 2018 hatte sich niemand bereit erklärt, freiwillig über die Grenze zu gehen. Die Flüchtlinge verlangten, dass Myanmar ihnen zuvor die Staatsbürgerschaft verleihen müsse. Auch müssten sie das Recht haben, in ihre angestammte Heimat im westlichen Bundesstaat Rakhine zurückzukehren. Insgesamt beherbergt Bangladesch etwa eine Million muslimische Rohingya.
Staatenlos seit 1983
Das Militär Myanmars und die Regierung der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi stehen wegen der Verfolgung von Rohingya international stark in der Kritik. In dem südostasiatischen Land werden die Rohingya seit Jahrzehnten diskriminiert, viele verloren durch ein 1983 erlassenes Gesetz die Staatsbürgerschaft und sind staatenlos. Auch die Vereinten Nationen bezeichnen die Verfolgung als Völkermord, die US-Regierung spricht von ethnischer Säuberung.
Der Führer der Arakan-Rohingya für Frieden und Menschenrechte, Ullah, legte eine Fünf-Punkte-Liste mit Voraussetzungen vor, unter denen die Flüchtlinge in eine Rückführung nach Myanmar einwilligen könnten. Ohne Garantien auf eine Staatsbürgerschaft, Sicherheiten und das Recht auf Bewegungsfreiheit seien sie in Myanmar erneut der Verfolgung ausgeliefert, sagte er.
Papiere und Bildung für Tausende
Auch die UN-Flüchtlingshilfe (UNHCR) sorgt sich um die Zukunft der Rohingya. Mit mittlerweile mehr als 640.000 Bewohnern sei Kutupalong in Bangladesch das größte Flüchtlingscamp der Welt. Zudem liege das Lager in einer für Naturkatastrophen anfälligen Region, denn die Monsun- und Zyklon-Saison sei eine permanente Gefahr.
Die Organisation sieht allerdings auch Fortschritte. Das UNHCR und die Regierung von Bangladesch haben mehr als 500.000 Rohingya-Flüchtlinge mit Identitätspapieren ausgestattet. Zudem werde öfter Schulunterricht für Kinder organisiert. "Jahrzehntelange Diskriminierung und dann nach Gewaltexzessen quasi eine Flucht über Nacht: Erstmals erfahren viele Rohingya in ihren Leben Sicherheit", sagte der Geschäftsführer der UN-Flüchtlingshilfe, Peter Ruhenstroth-Bauer.
Auch die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert mehr Einsatz für Bildung und Gesundheit der Vertriebenen. Die internationale Staatengemeinschaft müsse den geflohenen Rohingya eine Lebensperspektive aufzeigen. In den Lagern in Bangladesch mache sich Hoffnungslosigkeit breit, denn eine Rückkehr in ihre Heimat Myanmar sei nicht absehbar.
sth/rb (dpa, kna, epd)