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Fußballverbot in Nigeria

Gwendolin Hilse / Muntaqua Ahiwa23. Dezember 2013

Sportfans im Nordosten Nigerias sind sauer: Weil Islamisten die Region terrorisieren, gelten seit Monaten Ausnahmezustand und Ausgangssperre. Für viele Einwohner bedeutet das auch: Fußballverbot.

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Jugendliche Fußballer in Yola/Nigeria (Foto: DW/M. Ahiwa)
Bild: DW/M. Ahiwa

Es ist 18 Uhr. Die Sonne verschwindet langsam hinter den Häuserfronten - in Yola, der Hauptstadt des Bundesstaates Adamawa. Die Straßen sind menschenleer. Wenn nicht von Zeit zu Zeit Militärs patrouillieren würden, könnte man annehmen, Yola sei eine Geisterstadt.

Im Mai verhängte Präsident Goodluck Jonathan den Ausnahmezustand über die drei Bundesstaaten Adamawa, Borno und Yobe im Nordosten Nigerias. Grund ist die seit 2009 anhaltende Gewalt zwischen Regierungstruppen und der radikalislamischen Terrorgruppe Boko Haram. Allein 2013 wurden bei Gefechten mehr als 1000 Menschen getötet. Im Rahmen der Notstandsgesetze greift eine Ausgangssperre. Für die rund elf Millionen Einwohner der Region bedeutet das: Nach 18 Uhr dürfen sie nicht mehr auf öffentlichen Straßen und Plätzen unterwegs sein.

In allen großen Städten in Nordostnigeria wurden Polizei und Militär stationiert. Trotzdem schafft es Boko Haram immer wieder, Regierungseinrichtungen und Zivilisten anzugreifen. Viele Einwohner sind verärgert: Sie fühlen sich von der Regierung unnötig bestraft und haben wegen der anhaltenden Gewalt den Glauben an die Notstandsgesetze verloren. "Wir sehen, dass die Regierung das Sicherheitsproblem hier in der Region nicht lösen kann. Die Regierung soll ihren Job richtig machen, das ist das Einzige, was Sicherheit bringen wird - sonst hilft auch keine Ausgangssperre", sagt Einwohner Muhammed Musa.

Angst vorm Militär

Der staatlich verordnete Hausarrest legt das soziale Leben in der Region nahezu lahm, denn gerade die Abendstunden werden für Treffen, Besuche und Hobbys genutzt. Vor allem die sportbegeisterten Nigerianer trifft die Ausgangssperre hart, denn sie können nach 18 Uhr nicht mehr trainieren oder gemeinsam Fußballspiele schauen. Wer nicht dem Militär in die Hände fallen will, sieht zu, dass er pünktlich zu Hause ist. "Die meisten von uns wollen inzwischen gar nicht mehr zum Fußballschauen gehen. Vor allem nicht abends, da ist das Militär unterwegs und die sehen es überhaupt nicht gerne, wenn man um diese Zeit noch draußen ist", sagt Fußballfan Abdullahi Ahmed. Zu jeder Zeit und an jedem Ort werde man überwacht und kontrolliert. "Genau deshalb bleiben die Leute lieber alleine zu Hause", sagt Ahmed. Dabei lieben es die fußballvernarrten Nigerianer, beisammen zu sitzen, die Spiele der europäischen Ligen zu schauen und laut zu diskutieren.

Militärpatrouille in Nigeria (Foto: Pius Utomi Ekpei/AFP/Getty Images)
Seitdem im Nordosten Nigerias der Notstand ausgerufen wurde, bestimmt das Militär, wer auf den Straßen unterwegs sein darfBild: Pius Utomi Ekpei/AFP/Getty Images

Einschränken müssen sich vor allem diejenigen, die aktiv in Vereinen spielen. Die Fußballer haben keinen Ort mehr, an dem sie nach der Arbeit trainieren, geschweige denn Wettbewerbe austragen können. Die größte Herausforderung stellen Auswärtsspiele dar, für die sie in andere Landkreise fahren müssen. Aus Angst, nicht vor der Ausgangssperre zu Hause zu sein, würden regelmäßig Spiele abgesagt, sagt der nigerianische Sportjournalist Ishiyaka Donald Dedan. "Die Notstandsgesetze sind wirklich eine große Behinderung für den Spielablauf. Besonders stört, dass die Sicherheitsbeamten die Mannschaftswagen durchsuchen." Normalerweise 20 bis 30 Minuten lange Fahrten würden deshalb oft zwei bis drei Stunden dauern, sagt der Journalist.

Steht der regionale Fußball auf dem Spiel?

Sport spielt im Leben der Nigerianer eine große Rolle. Besonders Fußball ist eine willkommene Abwechslung zum harten Alltagsleben. Etwa 37 Prozent der jungen Nigerianer sind arbeitslos - ihnen bietet der Sport Perspektiven. Viele Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt, indem sie etwa Public Viewings organisieren.

Jugendliche Fußballer in Yola/Nigeria (Foto: DW/M. Ahiwa)
Sportbegeisterte Nigerianer müssen sich jetzt genau überlegen, wann sie sich zum Fußballspielen treffenBild: DW/M. Ahiwa

Zwar ist keiner der Fußballclubs aus dem Nordosten in der nigerianischen Premier League vertreten. Lediglich "Adamawa United" spielt erfolgreich in der zweiten Liga. Doch durch die Ausnahmegesetze fließen weniger Gelder in die Kassen der Bundesstaaten und das bedeutet auch: weniger Geld für Sport und Fußball. Fans und Experten wie Ishiyaka Donald Dedan befürchten verheerende Folgen für die Entwicklung des regionalen Fußballs. "Ausgerechnet jetzt, wo man angefangen hat, in Adamawa ein Stadion zu bauen, gilt der Ausnahmezustand. Wir hatten noch nie ein eigenes Stadion und nun haben wir Angst, dass nicht weitergebaut wird."

Die Sicherheit in der Region werde innerhalb eines halben Jahres wiederhergestellt, hatte die Regierung im Mai versprochen. Doch die Gewalt im Nordosten Nigerias dauert an. Im November wurde der Ausnahmezustand verlängert - um weitere sechs Monate.