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Kampf gegen Korruption

Horatiu Pepine / Medana Weident 10. Februar 2015

In Rumänien vergeht kaum ein Tag, ohne dass neue Korruptionsverfahren gegen Prominente und Politiker eingeleitet werden. Niemand scheint mehr unangreifbar. Lob kommt auch von der EU.

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Palast des Parlamentes in Bukarest (Foto: picture alliance)
Parlamentspalast in Rumänien: Die Ermittlungen führen in die höchsten KreiseBild: picture-alliance/dpa

In Rumänien sorgen zahlreiche Festnahmen von Prominenten aus Politik, Justiz, Presse und Wirtschaft für Aufsehen. Sie zeigen, welche Ausmaße die Korruption angenommen hat. In dem Land funktioniert wenig ohne Bestechung - egal ob es um die Beurteilung guter Leistungen in der Schule geht, um Literaturpreise oder um Lizenzen für große internationale Konzerne ohne öffentliche Ausschreibung.

Letzteres sorgt derzeit für einen der größten Korruptionsfälle Rumäniens: die Microsoft-Affäre. 2004 kaufte der rumänische Staat Microsoft-Lizenzen für Programme, die zur Ausstattung von Schulen dienen sollten. In den Taschen einiger Vermittler - angeklagt sind Geschäftsleute und neun ehemalige Minister - sollen Summen in Millionenhöhe verschwunden sein.

Handschellen in höchsten Kreisen

In den vergangenen Jahren wurden mehr als 1500 Personen, etwa die Hälfte davon in führenden Positionen, wegen Bestechung und Amtsmissbrauch verurteilt: ehemalige Minister, Bürgermeister, Richter oder Leiter von Regierungsbehörden. Die Zahlen sprechen für sich. Acht ehemalige Minister wurden inzwischen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt: Eine Bilanz, die im jüngsten Monitoring-Bericht der EU-Kommission zu Rumänien positiv bewertet wurde.

Es wäre verfrüht, über die Konsequenzen dieser Maßnahmen zu spekulieren, vor allem darüber, ob sie eine tief greifende Veränderung der rumänischen Mentalität bewirken. Doch eins steht fest: Das ganze Geflecht aus Politik- und Geschäftswelt scheint dabei zu sein, unter dem Druck der Antikorruptionsbehörde (DNA) zusammenzubrechen. Viele Beobachter erwarten, dass die Justiz das gesamte politische System zwingen wird, sich einer weitreichenden Reform zu unterziehen. Keiner scheint verschont zu bleiben: weder die einflussreichen Medien-Unternehmer, selbst die, die öffentlich der Korruption den Kampf angesagt haben, noch Politiker aller Couleur. Personen, die in den vergangenen 20 Jahren führende Positionen innehatten, werden nun öffentlich festgenommen und in Handschellen abgeführt.

Klaus Johannis, Präsident Rumäniens (Foto: Reuters)
Der neue Präsident Johannis hat seinen Wählern Transparenz versprochenBild: Reuters/R. Sigheti

Frischer Wind in Rumänien

Trotz dieser eindeutigen Fortschritte der Antikorruptionsbehörde herrschte bis vor kurzem der Eindruck, dass einige Personen des öffentlichen Lebens unangreifbar sind. Erst nach der Amtsübernahme durch den neuen Präsidenten Klaus Johannis, der sich im November 2014 überraschenderweise im zweiten Wahlgang gegen den sozialdemokratischen Premierminister Victor Ponta durchsetzte, wurden längst fällige Verfahren eingeleitet. Der deutschstämmige Präsident, ehemaliger Bürgermeister von Hermannstadt (rumänisch Sibiu) in Siebenbürgen, versprach seinen Wählern ein besseres Leben - auch durch Transparenz und Gerechtigkeit. Die damit verbundenen Hoffnungen sind sehr groß.

Der jüngste Fall, der für Aufsehen sorgt, ist der Antrag der Antikorruptionsbehörde, Elena Udrea wegen Bestechung und Geldwäsche in Untersuchungshaft zu nehmen. Diesem wurde am Montag (09.02.2015) vom Parlament stattgegeben. Die Abgeordnete war zweimal Ministerin und enge Mitarbeiterin des ehemaligen Staatschefs Traian Băsescu. Mehr noch: Sie genoss dessen volle Unterstützung, als sie 2014 als Kandidatin für das Präsidentschaftsamt antrat. Băsescu empfahl sie den Wählern als "ehrlichste" Person im Rennen - und kritisierte die anderen Kandidaten scharf. Auch vor diesem Hintergrund könnten die Ermittlungen in zwei Korruptionsfällen gegen Udrea für eine unabhängigere Justiz sprechen.

Ermittlungen wegen brutaler Übergriffe im Jahr 1990

Vielversprechend ist auch die Wiederaufnahme der Ermittlungen im sogenannten "Mineriade"-Verfahren. Dabei geht es um die brutalen Angriffe rumänischer Bergarbeiter auf Mitglieder der Opposition, auf Studenten und sogar Menschen mit angeblich "intellektuellem" Aussehen - mit Brille und Bart - im Juni 1990. Als wichtigster Drahtzieher dieser Attacken gilt der ehemalige Präsident Ion Iliescu, ein Altkommunist, der nach dem Sturz des Diktators Nicolae Ceausescu die Macht übernahm. Mithilfe der Bergarbeiter sollte die demokratische Opposition in Bukarest mundtot gemacht werden.

Bergarbeiter prügeln einen Passanten in Bukarest im Jahr 1990 (Foto: picture alliance)
Brutaler Angriff von Bergarbeitern auf Mitglieder der Opposition und Studenten im Jahr 1990Bild: picture-alliance

Experten gehen davon aus, dass die aktuelle Entwicklung im Kampf gegen die Korruption nicht mehr umkehrbar ist. Fürchtete man früher noch eine lasche Handhabung der Antikorruptionsgesetze und eine Behinderung der Staatsanwaltschaft, so scheint es im Moment, dass der Wahlsieg von Klaus Johannis die Abgeordneten dazu ermutigt hat, das Verfahren zur Aufhebung der Immunität von Parlamentariern, Ministern und Staatschefs zu vereinfachen. In seiner ersten Rede vor dem Parlament plädierte Johannis für eine weitere Beschleunigung des Verfahrens.

Er hat sich mehrmals zu einer freien Justiz bekannt. Anfang des Jahres appellierte er an Richter und Staatsanwälte: "Lasst euch nicht einschüchtern durch politischen Einfluss oder Drohungen. Dieses Land hat nur dann eine Chance, wenn es einen gefestigten Rechtsstaat und eine unabhängige Justiz gibt. Egal welche Probleme es zu überwinden gilt und wie schwierig sie sein mögen, die ehrlichen Richter und Staatsanwälte werden in mir einen treuen Partner finden, um diese zu bewältigen." Es bleibt zu hoffen, dass Johannis seine Wahlversprechen halten kann.