Klage gegen Rumsfeld
14. November 2006Die Anwälte hoffen, dass ihre Anzeige nicht wieder wie im Februar 2005 abgeschmettert wird und verweisen auf die Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Kriegsverbrechen nach dem so genannten Weltrechtsprinzip. Deutsche Gerichte seien die letzte Hoffung, weil die USA den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nicht anerkennen und selbst kein Anstrengungen unternähmen, Rumsfeld und andere etwa wegen Folterungen von Gefangenen zur Verantwortung zu ziehen, heißt es zur Begründung.
Die Bundesanwaltschaft bestätigte den Eingang der Anzeige am Dienstag (14.11.2006), die sich auch gegen US-Justizminister Alberto Gonzales, Ex-CIA-Direktor George Tenet und mehrere ranghohe Armeeangehörige richtet. Die umfangreiche Strafanzeige werde nun geprüft, sagte ein Sprecher der Karlsruher Behörde.
Universelle Gerichtsbarkeit
Die Kläger, darunter der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV), die New Yorker Menschenrechtsgruppe Center for Constitutional Rights (CCR) und die Internationale Liga für Menschenrechte (FIDH) in Paris, berufen sich auf das 2002 in Kraft getretene deutsche Völkerstrafgesetzbuch. Danach können im Ausland von Ausländern begangene Kriegsverbrechen im Zuge des so genannten Weltrechtsprinzips auch hierzulande verfolgt werden.
Zu dieser universelle Gerichtsbarkeit bei Kriegsverbrechen bekennen sich die Mitgliedstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs. Deutschland erkennt das Gericht an, die USA nicht. Nach Eingang der ersten Klage gegen Rumsfeld hatte allerdings der damalige Generalbundesanwalt Kay Nehm im Februar 2005 Ermittlungen mit der Begründung abgelehnt, in den USA würden die Foltervorwürfe strafrechtlich verfolgt.
Die Kläger hielten dem am Dienstag entgegen, in den Vereinigten Staaten seien "bis heute keine Strafverfahren gegen hohe Verantwortliche" für Kriegsverbrechen und Folterungen eingeleitet worden. "Im November 2004 haben wir die Strafanzeige in Deutschland erhoben, weil dies die einzige Möglichkeit war, die Straflosigkeit von Kriegsverbrechen in den USA zu bekämpfen", sagte der Anwalt Wolfgang Kaleck als Vertreter der Anzeigenerstatter. "2006 hat sich die Situation noch verschärft."
Ehemalige Abu-Ghraib-Häftlinge
Der RAV-Vorsitzende Kaleck vertritt elf Ex-Insassen von Abu Ghraib sowie einen Gefangenen aus dem US-Lager Guantánamo auf Kuba. "Wir wollen Kriegsverbrechen, ganz gleich wo und von wem begangen, zur Strafverfolgung bringen", betonte Kaleck. "Eine von deutschen Strafverfolgern akzeptierte andauernde Straflosigkeit für die Drahtzieher und Hintermänner der Kriegsverbrechen von Abu Ghraib und anderswo würde dramatisch falsche Zeichen setzen."
Die Kläger stützen ihre zweite Anzeige unter anderem auf Aussagen der ehemaligen Abu-Ghraib-Kommandantin Janis Karpinski. Die Ex-Brigadegeneralin bezeichnete es am Dienstag in Berlin als ihre Verpflichtung, der Öffentlichkeit die Wahrheit zu sagen "über das, was ich gesehen und erfahren habe im Irak".
Die Menschenrechtsgruppe CCR hatte am Wochenende die Auffassung vertreten, die neue Klage gegen Rumsfeld habe weitaus bessere Erfolgschancen. Zudem genieße Rumsfeld nach seinem angekündigten Rücktritt demnächst keine Immunität mehr.
Unseriös?
Das US-Verteidigungsministerium hat die Klage gegen Rumsfeld kritisiert. "Mir kommt das unseriös vor", sagte Pentagon-Sprecher Bryan Whitman am Dienstag in Washington. Er wisse nur über Medienberichte von der Anzeige bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, fügte der Sprecher hinzu. Er wies darauf hin, dass die Misshandlungen irakischer Gefangener im Gefängnis Abu Ghraib bereits von US-Stellen ausführlich untersucht worden seien. (kas)