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Traumstart und ein Anruf Putins

14. Juni 2018

Russlands Fußballern gelingt gegen Saudi-Arabien ein Auftakt nach Maß in die Heim-WM. Selbst Präsident Wladimir Putin ist von dem klaren Sieg der "Sbornaja" überrascht. Noch mehr: Er ist begeistert.

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Russland, WM 2018: Russland-Saudi Arabien
Bild: Reuters/C. Recine

Das hatte sich Stanislaw Tschertschessow wohl nicht in seinen kühnsten Phantasien erträumt: dass er nach dem Eröffnungsspiel der Fußballweltmeisterschaft in Russland die Pressekonferenz unterbrechen muss, weil Präsident Wladimir Putin anruft. Und das nicht, um den russischen Nationaltorwart in die Wüste zu schicken, sondern um ihn über den weiß-rot-blauen Klee zu loben. "Der Präsident hat mir seinen Dank ausgedrückt", sagte Tschertschessow. "Wir sollen so weiterspielen."

"Vielleicht ein bisschen zu hoch"

Russland gewann nicht nur gegen Saudi-Arabien, sondern feierte mit dem 5:0 (2:0)-Erfolg den höchsten Sieg in einem WM-Auftaktspiel seit 1934. Eröffnungsspiele gibt es offiziell erst seit der WM 1966, zuvor waren manchmal auch mehrere Auftaktspiele gleichzeitig angepfiffen worden. "Vielleicht ist der Sieg ein bisschen zu hoch ausgefallen",  räumte Tschertschessow ein. Doch die Genugtuung war dem früheren russischen Nationaltorwart anzusehen. "Wir waren zum richtigen Zeitpunkt gut in Form", sagte der 54-Jährige in der ARD, mit breitem Grinsen und auf Deutsch - schließlich hütete er auch einst zwei Jahre lang das Tor von Dynamo Dresden.

Russland, Fußball WM 2018 Eröffnungsfeier
So sieht ein zufriedener russischer Präsident aus: Wladimir Putin (3.v.l.)Bild: picture-alliance/Sputnik/A. Druzhinin

Glückliche Hand bei Wechseln

Vor dem Spiel waren sich die Experten einig: Russland ist der schwächste WM-Gastgeber aller Zeiten. Rang 70 in der Weltrangliste, drei Plätze niedriger als Auftaktgegner Saudi-Arabien, die letzten sieben Vorbereitungsspiele allesamt nicht gewonnen - die Erwartungen an die „Sbornaja" waren niedrig. Sehr niedrig. Sogar eine Blamage gegen den wohl schwächsten Gruppengegner wurde für möglich gehalten. Doch dazu kam es nicht. Russland ging durch Juri Gasinski (12. Minute) früh in Führung.

Dann verdunkelten sich die Mienen der Team-Verantwortlichen: Routinier Alan Dschagojew musste verletzt vom Platz. Tschertschessow bewies eine glückliche Hand. Der Trainer brachte Denis Tscheryschew, und der dankte es ihm gleich mit zwei Treffern zum 2:0 (43.) und 4:0 (90.+1), letzterer einer aus der Kategorie Traumtor. Und auch Tschertschessows zweiter Joker stach: Stürmer Artjom Dsjuba stand nach seiner Einwechslung kaum auf dem Platz, da traf er schon per Kopf zum 3:0 (71.). Alexander Golowin setzte schließlich in der Schlussminute mit seinem direkt verwandelten Freistoß zum 5:0 (90.+4) der Torte das Sahnehäubchen auf.

Russland Fußball WM 2018 Russland - Saudi-Arabien
Trainer Tschertschessow (l.) bedankt sich bei Doppeltorschütze TscheryschewBild: picture-alliance/dpa/Sputnik/A. Vilf

Schwerere Gegner folgen noch

Der Trainer versuchte anschließend, den Ball flach zu halten. "Wir haben nur drei Punkte geholt", sagte Tschertschessow und erinnerte an den Confed Cup 2017, als sein Team ebenfalls das Auftaktspiel gewonnen hatte, anschließend aber in der Vorrunde gescheitert war. Ihm mag in diesem Moment vielleicht auch durch den Kopf gegangen sein, dass sich an diesem ersten WM-Tag die beiden am schlechtesten platzierten Teams der Endrunde gegenübergestanden hatten. Und dass seine Mannschaft sich zwar als klar bessere, doch darum noch lange nicht als gute Mannschaft präsentiert hatte.

In den nächsten Spielen der Gruppe A warten mit Ägypten (19. Juni) und Uruguay (25. Juni) auch keine Überteams, aber deutlich stärkere Gegner als die völlig überforderten Saudi-Araber. Durch den überraschend klaren 5:0-Sieg sind die Erwartungen an die russischen Spieler gleich in die Höhe geschossen. "Ich bin sicher, der Sieg wird sie zu neuen sportlichen Heldentaten anspornen", sagte Sportminister Pawel Kolobkow. "Wie erwarten von euch neue strahlende Siege." Dann würde wahrscheinlich auch Präsident Putin wieder anrufen. Aber nur dann.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter