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Russischer Weinkrieg gegen die Republik Moldau

20. April 2006

Das russische Importverbot für moldauischen und georgischen Wein ist schmerzhafter als der Fleisch- und Milchkrieg gegen die Ukraine. Moldauischen Weinproduzenten droht nun der Bankrott und dem Staatshaushalt ein Loch.

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Pestizide in moldauischem Wein?Bild: AP

Grund für das Importverbot seien zu hohe Schadstoffbelastungen in moldauischem Wein, heißt es seitens der russischen Behörden. Politiker und Unternehmer in Chisinau hatten gehofft, das Verbot sei vorübergehend und dass nach weiteren Untersuchungen durch russische Behören der Export schnell wieder aufgenommen werden könnte. Aber die Russen bestehen auf dem Einfuhrverbot. Der Leiter der russischen Hygieneinspektion, Gennadij Onischtschenko, erklärte: "Früher waren es Einzelfälle, aber heute sind es 50 Prozent, deswegen haben wir diese unerfreuliche Maßnahme ergriffen." Zahlreiche moldauische Beobachter meinen aber, die russischen Handelsbeschränkungen seien politisch motiviert. Der Politologe Igor Bozan sagte, das Wein-Importverbot sei die Antwort Moskaus auf die von Chisinau und Kiew eingeführten neuen Zollregeln an der Grenze zwischen der Ukraine und Transnistrien.

Schaden für Weinerzeuger

Die moldauischen Weinerzeuger sind nun in einer schwierigen Lage, denn jährlich lieferten sie zwischen 60 und 80 Prozent ihrer Produktion nach Russland. Experten schätzen, dass der Export moldauischen Weins nach Russland einen Wert von 300 Millionen US-Dollar erreicht. Der Generaldirektor der staatlichen Agentur Moldau-Wein, Valeri Mironescu, sagte der Deutschen Welle, wegen des Weinkriegs seien die moldauischen Produzenten derzeit nur zu 25 Prozent ausgelastet, was gewaltige Verluste zur Folge habe. Mironescu bedauerte, dass der letzte Besuch einer moldauischen Parlamentsdelegation in Moskau keine Ergebnisse gebracht habe. Die moldauischen Parlamentarier seien von den Behörden nicht empfangen worden. Außerdem habe man ihnen nicht die Untersuchungsergebnisse vorgelegt, auf deren Basis das Importverbot verhängt worden sei.

Arbeitsplätze bedroht

Inzwischen protestieren die moldauischen Weinhersteller gegen das Vorgehen der russischen Behörden, denn sie haben sich in den vergangenen Jahren einen Platz auf dem russischen Markt erkämpft und viel Geld in die Qualität ihrer Produktion investiert. Für die Leiterin der Firma Lion Grii, Neli Sonik, kam das Verbot überraschend: "Der russische Markt war für uns natürlich der größte. Acht Jahre lang haben wir unseren Wein nach Russland exportiert und es gab nie Beanstandungen. Russische Labors haben unseren Wein auf 50 verschiedene Pestizide und 28 Schwermetalle untersucht. Gefunden wurde kein einziges Pestizid." Sonik betonte, der Wein der Firma Lion Grii sei in mehreren Ländern untersucht worden und habe Qualitätsauszeichnungen erhalten. In dem Unternehmen sind mehr als 1.000 Fachkräfte beschäftigt. Deren Arbeitsplätze seien nun wegen des russischen Importverbots bedroht, betonte Sonik.

Russische Medienkampagne

Mit ähnlichen Problemen hat auch die Firma Vineria Bostovan zu kämpfen. Der Vizepräsident des Unternehmens, Artur Marin, forderte die Regierungen der Republik Moldau und Russlands auf, unverzüglich einen Ausweg aus der Situation zu finden: "Wenn nicht bald der Export nach Russland geregelt wird, dann werden wir auf unbestimmte Zeit einen Teil unserer Produktion stilllegen und Beschäftige beurlauben müssen. Russland ist unser strategischer und historischer Partner. Dorthin gehen 70 Prozent unserer Produktion." Außerdem beklagte Marin, dass die russischen Medien eine negative Kampagne betreiben würden, die dem Ruf der moldauischen Weinerzeuger unermesslichen Schaden zufüge.

Flucht nach Rumänien

Einige moldauische Weinproduzenten wollen nicht auf bessere Zeiten in den Beziehungen zu Russland warten und demontieren ihre Produktionsstätten. Diese verlegen sie nach Rumänien, von wo sie ihren dann schon rumänischen Wein nach Russland liefern wollen. Diese Flexibilität können sich aber nur die Produzenten erlauben, die weniger bekannte Marken verkaufen. Wenn es der Führung in Chisinau nicht bald gelingt, das Exportproblem zu lösen, dann werden mehr als 150 große moldauische Weinerzeuger, die ausschließlich für den russischen Markt produzieren, ihren Betrieb einstellen müssen.

Auswirkungen auf Staatshaushalt

Für die Regierung der Republik Moldau sind die Sanktionen eine große Belastung, denn der Weinexport ist einer der wichtigsten Posten im Staatshaushalt. Finanzminister Michail Pop sagte: "Wenn Russland in den kommenden zwei Monaten den Import nicht wieder zulässt, dann werden dem Staatshaushalt fast 17 Millionen Euro verloren gehen, was mehr als zehn Prozent des Etats sind. Es entstehen aber weitere Probleme, denn von der Weinproduktion hängen andere Bereiche ab - die Herstellung der Flaschen, der Energiebereich, die Landwirtschaft und andere - auch sie werden leiden. Ich hoffe, dass die moldauischen Produzenten schnell andere Märkte finden."

Galina Golea, Chisinau
DW-RADIO/Ukrainisch, 16.4.2006, Fokus Ost-Südost