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Russland als Freund oder Feind?

Christoph Hasselbach4. Dezember 2013

Gäbe es die Auseinandersetzungen um die Ukraine nicht, könnte sich die NATO im Moment mit Moskau recht gut verstehen. Doch ganz lässt sich der Streit auch beim NATO-Russland-Rat nicht igorieren.

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Lawrow vor NATO-Emblem Foto: Reuters
Russlands Außenminister Lawrow hat die NATO heftig kritisiertBild: Reuters

Die NATO lobt Russland in höchsten Tönen. In Brüssel trafen sich die Außenminister der NATO-Staaten mit ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zum regelmäßigen NATO-Russland-Rat. Der scheidende deutsche Außenminister Guido Westerwelle lobte "insbesondere die jüngsten Verhandlungen zum iranischen Nuklearprogramm. Hier hat Russland eine ganz wichtige Rolle gespielt." Und NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erwähnt die jüngsten Fortschritte bei dem Plan, die syrischen Chemiewaffen zu vernichten: "Der NATO-Russland-Rat bleibt das richtige Forum, um drängende internationale Probleme zu lösen, zum Beispiel Syrien und die Frage der syrischen Chemiewaffen." Ob es um die Bekämpfung des Terrorismus, des Drogenhandels oder der Piraterie gehe, Russland arbeite konstruktiv mit der NATO zusammen.

Rücksichtnahme gegenüber Russland

Westerwelle ging sogar so weit zu sagen: "Für uns Deutsche ist klar, dass die dringlichen sicherheitspolitischen Herausforderungen in Europa und darüber hinaus sich nur im Dialog mit Russland und ganz sicher nicht gegen Russland bewältigen lassen." Westerwelle gehört derselben Regierung an, die vor wenigen Tagen Russland Druck auf die Ukraine vorwarf. Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hatte das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union nur Tage vor der geplanten Unterzeichnung platzen lassen. Die EU hat sich daraufhin ein russisches Veto gegen die Annäherung seiner ehemaligen Satellitenstaaten an Europa empört verbeten. Hier bei der NATO war der Ton dagegen ein ganz anderer.

Demonstranten wärmen sich an Feuern Foto: Reuters
Proteste in Kiew: Druck von außen?Bild: Reuters

Lawrow wirft ukrainischen Demonstranten Gewalt vor

Eigentlich ist die Ukraine für die NATO gar kein unmittelbares Thema. Denn die Ukraine strebte zwar unter seinem früheren Präsidenten einmal die NATO-Mitgliedschaft an, unter Präsident Janukowitsch aber nicht mehr. Die Ukraine beteiligt sich allerdings an einzelnen NATO-Missionen wie dem Afghanistan-Einsatz. Trotzdem haben die NATO-Außenminister am Dienstag (03.12.2013) die Gewalt gegen Demonstranten in Kiew verurteilt. Russland wurde nicht erwähnt. Doch Lawrow nahm das am Mittwoch (04.12.2013) in Brüssel zum Anlass für eine schwere Attacke gegen seine westlichen Amtskollegen. Er verstehe überhaupt nicht, warum die NATO sich überhaupt dazu geäußert habe. Dies vermittle ein "völlig verzerrtes Bild" von der Lage in der Ukraine.

Lawrow nannte die Gewalt, die von der Opposition ausgehe, "exzessiv". Der Staat habe das Recht, gegen aggressive Demonstranten vorzugehen. Russland rufe dazu auf, "dass sich niemand in diese Situation einmischt". Im Übrigen sei es Sache der ukrainischen Regierung, über die Frage des Assoziierungsabkommens zu entscheiden und das habe sie getan.

Krise? Welche Krise?

Russland hat auch seinerseits mehrmals der Europäischen Union vorgeworfen, Druck auf die Ukraine auszuüben, um diesen großen und wichtigen Staat auf ihre Seite zu ziehen. Fühlt sich nun die Ukraine von Moskau oder von Brüssel unter Druck gesetzt? Der ukrainische NATO-Botschafter Igor Dolgow meint auf diese Frage gegenüber der Deutschen Welle: weder noch: "Die Ukraine ist ein auf sich gestelltes Land, und wir wurden bisher mit allen internen Problemen selbst fertig. Und als souveräner Staat sehen wir keine Option für eine Intervention von außen." Dolgow hat auch mit den Demonstrationen kein Problem: "Krise? Ich sehe keine Krise." Die Demonstranten wollten das gleiche wie Präsident Janukowitsch, nämlich eine Annäherung an die EU. Er deutete allerdings an, dass sich die Ukraine mehr finanzielle Unterstützung von der EU wünscht, eine Haltung, die der ukrainischen Regierung den Vorwurf des Feilschens eingetragen hat.

Westerwelle zwischen Ministerkollegen Foto: EPA
Westerwelle (Mitte) will versuchen, die Ukraine umzustimmenBild: Reuters

Westerwelle hofft auf eine Umkehr in Kiew

Westerwelle sieht jedenfalls noch nicht alles verloren. Es gebe "eine große interne Diskussion" in der Ukraine. "Und hier muss sich Europa kümmern, denn es geht hier auch um Europa." Westerwelle reiste unmittelbar nach dem NATO-Treffen nach Kiew weiter, um an einer Tagung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa teilzunehmen. Die Ukraine hat in diesem Jahr den Vorsitz der OSZE. Dort will der scheidende deutsche Außenminister auch bilaterale Gespräche mit ukrainischen Vertretern führen. Er und andere hoffen, dass es sich Präsident Janukowitsch doch noch anders überlegt. Der niederländische Außenminister Frans Timmermans stimmt seinem deutschen Amtskollegen zu: "Ich würde es begrüßen, wenn die Ukraine ihre Haltung überdenken und das Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnen würde. Denn es würde der EU, sicherlich der Ukraine und meiner Meinung nach auch Russland nützen." Russland sieht das allerdings bisher ganz anders.