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Russland: "Gas wird nicht als Waffe eingesetzt"

31. Mai 2006

Während im russischen Sotschi der Russland-EU-Gipfel stattfand, wurde in Berlin auf der Konferenz "Russland - Europäische Union: der Erdgasaspekt" über die Zukunft der russischen Erdgas-Exporte diskutiert.

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Bleiben die Gaslieferungen stabil?Bild: dpa - Report

Eine der ersten Fragen, die auf der Konferenz in Berlin diskutiert wurde, war, ob Gasprom tatsächlich beabsichtige, seine Gaslieferungen an die EU-Staaten zu reduzieren und seine Präsenz auf dem asiatischen Markt auszubauen. Gasprom-Vizechef Aleksandr Medwedjew bemühte sich, die Westeuropäer zu beruhigen. Auch der russische Botschafter in Deutschland, Wladimir Kotenjew, erklärte, die Befürchtungen seien überzogen: "Alle Diskussionen entsprechen nicht der Wahrheit, wonach Gas als Waffe eingesetzt wird und dass die Abhängigkeit Deutschlands und der EU insgesamt von russischen Gaslieferungen zunehme."

Der Vorsitzende des Ausschusses für Energie, Verkehr und Kommunikation in der russischen Staatsduma, Walerij Jasew, bemühte sich, in dieser Diskussion ein Punkt zu setzen: "Die Gas-Beziehungen mit Europa sind unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft." Ihm zufolge garantiert Gasprom die Einhaltung der Verträge mit den europäischen Partnern. Die Präsenz in Asien solle zusätzlich zur Zusammenarbeit mit Europa und nicht an deren Stelle ausgebaut werden.

Ziel ist Energie-Charta

Trotz solcher Zusagen sind die Beziehungen zwischen der EU und Russland im Energiesektor kompliziert. Der Gasstreit, der im Winter entfacht wurde, wirft immer noch seinen Schatten auf das Ansehen von Gasprom. Zumindest vertritt diese Ansicht Christian Cleutinx vom Generaldirektorat der EU für Energie und Verkehr: "Aus Sicht der Wirtschaft und Geschäftswelt ist es nur schwer nachzuvollziehen, dass ein Unternehmen sein Ansehen riskiert. Seltsam ist, dass im Dezember der Konzern, der seit den 70er Jahren erfolgreich sein Ansehen als verlässlicher Lieferant aufgebaut hat, in zwei-drei Tagen das Vertrauen zerstört hat."

Mit Hilfe einer Energie-Charta möchte die EU verhindern, dass sich das Szenario vom Dezember 2005 wiederholt. Sie soll es Gasprom unmöglich machen, die Gaslieferungen nach Europa zu stoppen oder einzuschränken. In möglichen Streitfragen soll die für die Energie-Charta zuständige Arbeitsgruppe als Schiedsrichter auftreten. Auch soll die EU Zugang zum Erdgas-Transportsystem Russlands erhalten. Das Dokument hat Moskau noch 1994 unterzeichnet, aber nie ratifiziert. Warum, sagte Gasprom-Vizechef Medwedjew: "Wofür ist die Energie-Charta und das Transitprotokoll gut? Damit Russland den Zugang zu seinem Erdgas-Transportsystem öffnet, das von Generationen mit Investitionen der Sowjetunion geschaffen wurde? Wir haben schon die Zerlegung des einen Organismus zugelassen, man hat ihm den Kopf, die Beine abgeschnitten, und nur dank Gasprom kehrt dieses System zum normalen Leben zurück, darunter auch in der Ukraine."

Handel nach Weltmarktpreisen verlangt

Die Folgen des Gasstreits haben die ukrainische Wirtschaft und den Geldbeutel der ukrainischen Verbraucher getroffen. Hinzukommt, dass Gasprom ab dem zweiten Halbjahr 2006 den Gaspreis für die Ukraine erneut anheben möchte. Medwedjew sagte, das sei darauf zurückzuführen, dass Gas im vergangenen Halbjahr auf dem Weltmarkt allgemein teurer geworden sei. Einen politischen Hintergrund gebe es nicht, versicherte auch der russische Parlamentarier Jasew: "Wir bringen Ordnung in die Beziehungen zu unseren nächsten Nachbarn. Bis vor kurzem waren die Preise für die Ukraine politisch und nicht wirtschaftlich. Gasprom hat die Energiesicherheit Europas damit finanziert, dass an die Ukraine, Belarus und die Moldau Gas zu günstigen Preisen geliefert wurde. Wir ändern die Politik – das ist ein schmerzhafter Prozess für die Wirtschaft dieser Länder. Die Position der Staatsduma ist klar und deutlich: wir verlangen von Gasprom Handel nach Weltmarktpreisen. Andernfalls fehlen der russischen Staatskasse Steuergelder. Außerdem wollen wir die Ökonomien jener Länder oder auch anderer Länder auf Kosten ungelöster sozialer und wirtschaftlicher Probleme in Russland selbst nicht mehr subventionieren."

Kritik an USA

Auf der Berliner Konferenz hieß es, Gasprom wolle die Gas-Beziehungen zur Ukraine ohne Vermittler klären. Deswegen sei Moskau verärgert über die Erklärungen des US-Senats, wonach das Weiße Haus Kiew unterstützen werde, falls die Gasabkommen mit Russland revidiert würden. Jasew warnte: "Es ist nicht Aufgabe der USA, die Probleme in den Beziehungen zwischen Gasprom und den ukrainischen Erdgas-Verbrauchern zu lösen. Wir werden dies allein lösen und für Ordnung sorgen." Die Konferenz in Berlin ist eine der Veranstaltungen im Vorfeld des G8-Gipfels im Juli in Sankt Petersburg. Es wird erwartet, dass dort Energie eines der Hauptthemen sein wird.

Natalia Fiebrig, Berlin
DW-RADIO/Ukrainisch, 29.5.2006, Fokus Ost-Südost