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Russland mischt bei Moldaus EU-Referendum mit

Ella Joyner
19. Oktober 2024

Die Regierung in Moldau will in der Verfassung verankern, dass das Land auch in Zukunft nicht vom Weg Richtung EU und Europa abweicht. Doch bei der Volksabstimmung darüber versucht offenbar auch Russland mitzumischen.

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Präsidentin Maia Sandu mit Mikro vor den Flaggen von Moldau und EU
Präsidentin Maia Sandu möchte das Ziel eines EU-Beitritts in die Verfassung aufnehmenBild: Kommersant Photo Agency/SIA/picture alliance

In der Republik Moldau wird am Sonntag abgestimmt. Die Bürger wählen nicht nur einen neuen Präsidenten, sie sollen auch darüber abstimmen, welchen Weg das kleine Land im Norden des Balkan nehmen soll, das sich auf der einen Seite an das EU-Mitglied Rumänien schmiegt und auf der anderen an die vom Krieg zerrissene Ukraine.

In einem historischen Referendum entscheiden die Wähler in den 228 Wahlbüros der 37 Wahlbezirke darüber, ob der Beitritt zur Europäischen Union als strategisches Ziel in der Verfassung verankert werden soll.

Im Juni nahm das Land bereits offizielle Beitrittsgespräche mit dem 27 Staaten umfassenden Block auf. Die pro-westliche Regierung von Präsidentin Maia Sandu will jedoch sicherstellen, dass künftige Staatsoberhäupter bereits erzielte Fortschritte auf dem Weg zum EU-Beitritt nicht wieder rückgängig machen. 

Eine EU-Mitgliedschaft würde das auch als Moldawien bekannte Land mit seinen etwa 2,6 Millionen Einwohnern und zahlreichen im Ausland lebenden Bürgern von einem "verwundbaren Staat mit einer zerbrechlichen Demokratie" in einen "starken, modernen, widerstandsfähigen und europäischen Staat verwandeln, der in der Lage ist, seine Bürger zu schützen", so die Präsidentin bei der Ankündigung des Referendums im vergangenen Dezember. Für die Moldauer und Moldauerinnen sei es an der Zeit, deutlich zu sagen, welchen Weg das Land einschlagen solle.

Moldau: "Meine Kinder raten mir, zum Referendum zu gehen" 

Der Binnenstaat zählt zu den ehemaligen Sowjetstaaten Osteuropas, dessen Bürger hin- und hergerissen sind zwischen dem Wunsch, der EU beizutreten, und einer noch immer tiefen Verbundenheit mit Russland.

Unter Sandus Führung hat die moldauische Regierung einen Zeitplan für einen EU-Beitritt bis 2030 aufgestellt. Angesichts des strengen Prüfungs- und Reformprozesses, dem sich Kandidatenländer unterziehen müssen, wäre dies außergewöhnlich schnell und nur schwer zu erreichen.

Die Frage auf dem Stimmzettel lautet konkret: "Unterstützen Sie die Änderung der Verfassung in Bezug auf den Beitritt der Republik Moldau zur Europäischen Union?" Stimmt die Mehrheit der Wählenden mit "Ja" und übersteigt die Wahlbeteiligung 33 Prozent, gilt das Referendum als angenommen.

Eine Verankerung des EU-Beitrittswunsches in der Verfassung würde Sandus Abkehr von Russland bekräftigen. Ein Anliegen, das für die moldauische Präsidentin durch den Krieg in der Ukraine an Dringlichkeit gewonnen hat. Ein erfolgreiches Referendum würde jedoch auch die Spannungen mit Transnistrien verschärfen. Dieses von Russland unterstützte Gebiet hatte sich 1990 abgespalten und befindet sich seitdem im Konflikt mit der Regierung in Chisinau, der Hauptstadt Moldaus.

Russland mischt mit

Die Behörden von Moldau werfen Russland und mit Russland in Verbindung stehenden Personen vor, die Abstimmung am Sonntag mit unlauteren Mitteln stören zu wollen. Angaben der Polizei von Anfang Oktober zufolge wurden Bestechungsgelder in Höhe von 14 Millionen Euro an 130.000 moldauische Bürger und Bürgerinnen gezahlt, damit diese gegen eine Verankerung der EU-Beitrittswünsche stimmen.

Am Donnerstag gab die Polizei bekannt, sie habe ein Netzwerk aufgedeckt, das regelmäßig Personen nach Russland schickte, die dort darin geschult wurden, in Moldau Unruhe zu stiften.

Moskau streitet jegliche Einmischung ab. "Wir weisen diese Vorwürfe kategorisch zurück", sagte Kreml-Sprecher Dimitri Peskow laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS am Montag. "Wir mischen uns nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ein." 

Die Gouverneurin von Gagausien, Evghenia Gutul, bei einer Pressekonferenz
Wegen der Förderung von Separatismus von der EU mit Sanktionen belegt: Evghenia Gutul, Gouverneurin von GagausienBild: Maxim Grigoryev/TASS/dpa/picture alliance

Bereits im Juni warnten die westlichen Verbündeten Moldaus vor den Gefahren einer Einmischung in die Wahlen. In einer gemeinsamen Erklärung wiesen die USA, Großbritannien und Kanada auf "den Einsatz krimineller Gruppierungen zur Finanzierung politischer Aktivitäten und zur Untergrabung der demokratischen Institutionen der Republik Moldau durch den Kreml" hin.

In dieser Woche verhängte die EU wegen der Förderung des Separatismus Sanktionen gegen Evghenia Gutul, die Gouverneurin der autonomen Region Gagausien im Süden Moldaus, sowie gegen andere lokale Beamte. Ebenfalls mit Sanktionen belegt wurde die in Russland ansässige nichtstaatliche Vereinigung Evrazia, deren Ziel es laut EU ist, "die Interessen Russlands in ehemaligen Sowjetrepubliken wie der Republik Moldau zu fördern". 

"Neben den Herausforderungen durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist Moldau massiven direkten Versuchen Russlands ausgesetzt, das Land zu destabilisieren", warnte der Außenbeauftragte der EU Josep Borrell am Montag.

Wendet sich Gagausien von Moldau ab und Russland zu?

Bei einem Besuch in der vergangenen Woche forderte die europäische Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Wähler und Wählerinnen auf, am Referendum teilzunehmen und sagte wirtschaftliche Unterstützung in Höhe von 1,8 Milliarden Euro zu.

Für die EU-Befürworter könnte es knapp werden

In Umfragen zur Präsidentschaftswahl liegt die amtierende Präsidentin Sandu vorn, doch das Ergebnis des Referendums könnte deutlich knapper ausfallen.

In einer Umfrage von Ende 2022 sprachen sich 63 Prozent der Moldauer und Moldauerinnen für einen Beitritt zur EU aus, 33 Prozent dagegen. Im Juli diesen Jahres planten einer neuen Umfrage zufolge jedoch nur noch 53 Prozent, im Referendum dafür zu stimmen, den Beitrittswunsch in die Verfassung aufzunehmen. Die Bewohner von Transnistrien nahmen an den Umfragen nicht teil.

Präsidentin Maia Sandu an einem Rednerpult
Präsidentin Maia Sandu kann mit einer zweiten Amtszeit rechnenBild: Diego Herrera Carcedo/AA/picture alliance

Anastasia Pociumban von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik ist überzeugt, dass das Referendum wahrscheinlich mit knapper Mehrheit angenommen wird, dass aber pro-russische Kräfte versuchen könnten, das Ergebnis zu delegitimieren.

"Wenn das Referendum nicht angenommen wird, könnte dies ernsthafte politische Konsequenzen haben. Die Unterstützung der EU-Partner für Moldau könnte nachlassen und das Land in eine schwierige Position zwischen der EU und Russland bringen", sagt sie im Gespräch mit der DW.

"Pro-russische Parteien werden die Ablehnung des Referendums vermutlich nutzen, um zu argumentieren, dass Moldau von der EU nicht willkommen geheißen würde und so Diskussionen um die geopolitische Ausrichtung des Landes weiter befeuern."

Von den 15 der am Referendum beteiligten Parteien hätten nur zwei sich gegen die Verfassungsänderung ausgesprochen, erklärt sie. Eine davon steht in Verbindung mit Ilhan Sor, einem im Exil lebenden Unternehmer und Politiker, der für den Diebstahl von einer Milliarde US-Dollar aus Moldaus Bankensystem verurteilt und von den USA und der EU mit Sanktionen belegt wurde. Die Polizei von Moldau wirft ihm vor, hinter Versuchen zu stehen, die Wahlen zu beeinflussen.

Transparency International, eine Organisation, die sich für die Bekämpfung der Korruption einsetzt, stuft Moldau seit Jahren als eines der korruptesten Länder Europas ein. Gemessen am Bruttoinlandsproduktes pro Kopf ist es eines der ärmsten Länder in Europa. Seit Auflösung der Sowjetunion ist die Bevölkerungszahl stark gesunken.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.