Russland und China auf dem Weg zur Partnerschaft
21. März 2006Peking findet es eher sympathisch, dass Russland in Sachen Demokratie und Pressefreiheit eine ähnlich schlechte Reputation hat wie China. Beide Länder bekamen schlechte Noten in dem kürzlich veröffentlichten Menschenrechtsbericht des US-Kongresses.
Die Kritik aus Washington ist aber nicht das einzige, was den chinesischen Drachen und den russischen Bären verbindet. Längst vergessen sind vierzig Jahre Rivalität, kontinuierlich haben sich die Beziehungen seit dem Ende des Kalten Krieges verbessert. Sogar ein "russisches Jahr" wird demnächst im Reich der Mitte gefeiert. Den Startschuss dafür gibt Präsident Wladimir Putin persönlich während seines China-Besuchs am 21. und 22. März 2006.
Alexander Rahr, Russland-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, stellt den bilateralen Beziehungen zwischen den lange verfeindeten Staaten ein gutes Zeugnis aus. "Die russisch-chinesischen Beziehungen sind so gut wie noch nie in der jüngsten Geschichte", sagt er. Sie führten gemeinsam Militärmanöver durch und seien sich auch auf der weltpolitischen Bühne in vielen Dingen einiger, als Russland mit dem Westen, auch im Streit um das iranische Atomprogramm. "Man spricht nicht nur von einer Annäherung zwischen Peking und Moskau, sondern mehr und mehr von einer Allianz."
Pipeline
Diese Allianz wird getragen vom gemeinsamen Eintreten für eine multipolare Weltordnung und von pragmatischen wirtschaftlichen Überlegungen. Der durch das rasante Wirtschaftswachstum erzeugte Energiehunger hat China beispielsweise zum drittgrößten Ölimporteur der Welt gemacht. Der Löwenanteil stammt aus dem rohstoffreichen Russland. Für dieses Jahr ist eine Lieferung von 15 Millionen Tonnen Rohöl geplant.
Eine mögliche Öl-Pipeline von Sibirien nach China ist daher eines der Top-Themen wirtschaftspolitischer Gespräche zwischen beiden Ländern. Auf eine konkrete Zusage Russlands muss China jedoch weiter warten. Beim Treffen Putins mit seinem chinesischen Kollegen Hu Jintao in Peking unterzeichneten beide Seiten am Dienstag drei Vereinbarungen über die Energie-Kooperation. Bei dem seit Jahren diskutierten Vorhaben, eine Abzweigung der geplanten russischen Pipeline zur Pazifik-Küste für Öllieferungen nach China zu bauen, waren aber keine Fortschritte zu erkennen.
Unbegrenzte Zusammenarbeit
Russland-Experte Alexander Rahr ist ungeachtet dieser Verzögerung beim Pipeline-Bau überzeugt, dass sich beide Großmächte in ökonomischer Hinsicht immer näher kommen. "Schon aus dem Grund, weil die Europäische Union ihre Grenzen zu Russland wirtschaftlich nicht öffnen möchte, und China in Asien hier und da isoliert ist", sagt Rahr. "Mit Russland gibt es keine Grenzen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, so dass sich beide Länder ergänzen und stärken können."
Stärken lässt sich China auch militärisch durch Zukauf moderner Waffen aus Russland. Die Sorgen einiger Politiker in Moskau, dass Russland langsam die militärische Überlegenheit gegenüber China verliert, werden in dem Fall überlagert von kommerziellen Interessen.
Zweckbündnis auf Zeit
Handfeste Probleme sind aber eingetreten durch den florierenden Grenzhandel. Die illegale Einwanderung von mehr als einer Million Chinesen in den fernen Osten Russlands bereitet nicht nur den Einwanderungsbehörden Kopfzerbrechen. Auch in der Bevölkerung wächst das Unbehagen, das noch verstärkt wurde durch die Umweltkatastrophe im Songhua-Fluss im November 2005, die das Grenzgebiet Russlands in Mitleidenschaft zog.
Alexander Rahr meint deshalb, dass die Allianz zwischen Peking und Moskau nur so lange intakt bleiben kann, wie noch grundsätzliche Probleme das Verhältnis zwischen Russland und Europa belasten. "Ich glaube", sagt Rahr, "dass Russland ein europäisches Land ist, die russischen Eliten orientieren sich nach Europa." Es gebe heute Probleme zwischen der Europäischen Union und Russland, weil Europa eine Wertegemeinschaft fordere, Russland aber nur eine pragmatische Interessenspartnerschaft eingehen wolle und sich deshalb nach China wende. "Ich glaube nicht, dass Moskau und Peking so eng zusammenkommen können, dass sie einen alternativen Pol in der Weltpolitik zu Amerika und dem Westen bilden können."