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Salafisten beunruhigen Verfassungsschutz

Christoph Strack20. September 2012

Auch für deutsche Salafisten ist Ägypten derzeit ein beliebtes Reiseziel. Verfassungsschutz-Präsident Maaßen äußert sich im DW-Interview deswegen besorgt: Ägypten sei zum Transitland für Glaubenskrieger geworden.

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Islamisten beten auf dem Potsdamer Platz in Berlin (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Sicherheitsbehörden in der Bundesrepublik sind besorgt über die wachsende Zahl von deutschen Salafisten, die nach Ägypten ausreisen. Ägypten sei für Dschihadisten, die aus Deutschland und Europa nach Somalia, Jemen oder auch Mali ausreisen wollten, ein leicht erreichbarer und "ganz wichtiger Transitstaat“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, der Deutschen Welle: "Die Zahlen haben sich erheblich erhöht". So gehe man von rund 35 Dschihadisten aus, die in diesem Jahr bis September aus Deutschland nach Ägypten ausgereist seien, wobei die Dunkelziffer nicht erfaßt sei. Maaßen führte diesen Anstieg auch auf den hohen Verfolgungsdruck gegen gewaltbereite Dschihadisten in Afghanistan und Pakistan zurück. Diese Länder seien für junge Leute aus Westeuropa nicht mehr attraktiv.

Schattenseite des arabischen Frühlings

Im Unterschied zu den Dschihad-Gebieten Afghanistan und Pakistan erwartet der Chef des Inlands-Geheimdienstes in dem relativ stabilen Ägypten aber keine Bürgerkriegszustände.

Auf die Frage, ob die deutschen Hoffnungen in den arabischen Frühling nicht zu hoch gewesen seien, sagte Maaßen, man sehe jetzt dessen Schattenseiten. Die Sicherheitsbehörden in Deutschland, Europa und den USA seien in dieser Hinsicht aber sehr realistisch gewesen. Die Salafisten waren in Tunesien, Ägypten und Lybien jahrelang unterdrückt worden. Nach dem Sturz der dortigen Herrscher sind sie im Aufwind, in Ägypten erhielten sie bei den Wahlen fast 25 Prozent der Stimmen.

Zugleich sprach der deutsche Verfassungsschutz-Präsident von einem direkten Zusammenhang zwischen islamfeindlichen Tendenzen und den Aktivitäten salafistischer Gruppen in Deutschland. Selbst wenn Rechtspopulisten oder Rechtsextremisten im Grunde nur auf das Recht auf Meinungsfreiheit pochten, provozierten sie Salafisten, die dann auch bereit seien, Gewaltakte zu begehen. Das "beste Beispiel" sei die Kampagne von Pro NRW im Zusammenhang mit der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2012 gewesen. Nach der provozierenden Zurschaustellung von Mohammed-Karikaturen vor Moscheen hätten Salafisten auf offener Straße Gewaltakte begangen und auch Polizisten schwer verletzt.

"Abstrakte Gefahr" für Deutschland

Angesichts der gewaltsamen Proteste gegen den Mohammed-Film äußerte der Verfassungsschutz-Präsident "große Sorge". Derzeit könne er sagen, dass für das deutsche Inland keine konkrete Gefahr bestehe, "eine abstrakte Gefahr schon". Aber das Emotionalisierungspotenzial bei Salafisten sei sehr groß. Wenn der Film in Deutschland öffentlich gezeigt würde oder Mohammed-Karikaturen in deutschen Zeitungen zu sehen wären, seien konkrete Gewaltakten auch in Deutschland oder gegen deutsche Interessen im Ausland "nicht auszuschließen".

Am Dienstag war bekannt geworden, dass das deutsche Satire-Magazin "Titanic" am 28. September das Bild eines islamischen Kriegers mit Ex-Präsidenten-Gattin Bettina Wulff im Arm auf der Titelseite drucken will. Die Schlagzeile unter der geplanten Karikatur lautet: "Der Westen im Aufruhr: Bettina Wulff dreht Mohammed- Film".