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Wie man den Planeten vor der Verwüstung rettet

Tim Schauenberg
10. Februar 2022

Wüsten wachsen in rasantem Tempo, die Versandung von Böden bedroht die Lebensgrundlage von rund einer Milliarde Menschen. Doch es gibt Ideen, wie man Sandlandschaften wieder zum Leben erwecken und Wüsten begrünen kann.

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China | Riesige Sandsturm- Wolke über einem Dorf in Gansu
Ein Sandsturm überrollt ein Dorf in ChinaBild: AFP

Die Wüste Gobi, ein weiträumiges Trockengebiet in der Mongolei und der Volksrepublik China, ist die am schnellsten wachsende Wüste der Erde. Sie verschlingt jährlich etwa 6000 Quadratkilometer Grasland, schluckt immer mehr Dörfer und verwandelt ganze Landstriche in unbewohnbares Ödland. Zehntausende mussten bereits fliehen; nur einige Tausend Menschen können in der Region noch leben.

Klimazyklen spielen bei der Wüstenbildung eine Rolle, doch eine der Hauptursachen für die Ausdehnung auch der Gobi ist der Mensch selbst.

Enormer Wasserverbrauch der Landwirtschaft, extremere Dürren durch den Klimawandel, Waldrodung und das Überweiden von Grasland mit Vieh führen weltweit zu immer mehr zerstörten Böden.

So verwandeln sich ehemals fruchtbare Regionen in lebensfeindliche Sandlandschaften, die die Lebensgrundlage von rund einer Milliarde Menschen weltweit bedrohen. Mitte dieses Jahrhunderts werden bereits ein Viertel aller Böden auf der Erde von Wüstenbildung betroffen sein.

Die gute Nachricht: Dieser Prozess lässt sich rückgängig machen.

Satellitenbild runde Pflanzungen in Tubajal, Saudi-Arabien
In künstlichen Oasen nahe Tubajal in Saudi-Arabien wachsen Getreide, Alfalfa und andere Pflanzen.Bild: Google Earth

Grüne Kreise in der saudischen Wüste

Schaut man aus dem Weltall auf die saudi-arabische Wüste, entdeckt man hunderte grüner Kreise. Jeder von ihnen ist ein Feld von etwa einem Kilometer Durchmesser und ein Symbol für das Wachstum des Landwirtschaft im Wüstenstaat seit 1970.

Konnten damals nur wenige hunderttausend Hektar bestellt werden, werden heute auf Millionen Hektar Getreide, Datteln, Gurken, Melonen und andere Pflanzen angebaut – mitten in der Wüste. Das ist allerdings nur mit enorm viel Wasser möglich. Weil es hier keine Flüsse oder Seen gibt, wird dafür sogenanntes fossiles Wasser aus einem Kilometer Tiefe an die Erdoberfläche gepumpt. Fossiles Wasser ist in tiefen Erdschichten gespeichertes Wasser, das vor tausenden Jahren versickerte und eingeschlossen wurde, teils stammt es aus vorzeitlichem Schmelzwasser und früheren Feuchtzeiten und ruht seit Millionen Jahren in der Erde.

Ägypten - Kreisförmige grüne Felder inmitten einer trockenen Landschaft
Auch hier in der ägyptischen Wüste wird für die Landwirtschaft fossiles Wasser aus hunderten Metern Tiefe gepumpt.Bild: Joerg Boethling/imago images

Allerdings wird man so die Wüste nur kurzfristig begrünen. "Es werden hochproduktive Pflanzen angebaut, die sehr durstig sind und viel Wasser brauchen," so Barron Joseph Orr, leitender Wissenschaftler bei der Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung bei den Vereinten Nationen (UNCCD). Die unterirdischen Wasserquellen werden von den wenigen Zentimetern Regen, die hier jährlich fallen, nicht wieder aufgefüllt. Experten schätzen deshalb, dass die unterirdischen Wasserreserven 2050 verbraucht sein werden. Denn der Anbau von Monokulturen führt nicht dazu, dass sich gesunder Boden bildet, der Feuchtigkeit langfristig halten kann. Das bedeutet auch: Die Wüste wird die künstlichen Oasen irgendwann zurückerobern.

Sturzregen für die Wüste nutzen

Nachhaltiger ist das Al Baydha Projekt in der Nähe von Mekka. Dort haben Experten für Landwirtschaft in Trockenregionen ein System entwickelt, mit dem verwüstete Böden mit Hilfe von Sturzregen wieder lebendig werden. Wenn es in Saudi-Arabien regnet, können das in kurzer Zeit enorme Wassermengen sein, wie vergangenen April, als ganze Städte kurzzeitig überflutet waren. Doch solche Fluten kann der Boden schlecht speichern.

"Wir dachten uns, wenn wir es schaffen, dass Wasser in den Boden zu bringen, dann könnte es eine nachhaltige Wasserquelle sein, auch wenn es mal 20 Monate nicht regnet", sagt Neil Spackman, Experte für regenerative Landwirtschaft und früherer Direktor des Al Baydha Projekts.

Zusammen mit Dorfbewohnern bauten die Experten für Regenerative Landwirtschaft Dämme und Terrassen entlang der Felswände, die das Tal im Westen Saudi-Arabiens begrenzen, dazu kamen kilometerlange Gräben. Der Effekt: wenn es jetzt zu Sturzregen kommt, wird das Wasser dorthin geleitet, wo es gebraucht wird. Dort kann es langsam in den Boden einsickern. Eine Methode, die weltweit funktioniert und die etwa die Inkas schon vor Jahrhunderten nutzten. 

 Inkastadt Machu Picchu in den Anden in Peru
Schon die Inkas nutzen Terrassenbau für die LandwirtschaftBild: Julian Peters/Zoonar/picture alliance

Bei dem Projekt war zu Beginn künstliche Bewässerung notwendig, um den ökologischen Kreislauf wieder in Gang zu bringen. Der Clou ist, dass deutlich mehr Wasser in den Boden eingebracht als entnommen wurde. Einheimische Bäume, Sträucher, Gräser wuchsen wieder, wo vorher nur noch Sand und Steine gewesen waren. Und sie überlebten sogar eine 30-monatige Dürre ohne Bewässerung. 

Erneuerbare Energien lassen es regnen

Die Sahara ist mit über neun Millionen Quadratkilometern die größte Wüste der Erde und sie wächst weiter, in einigen Gebieten fast 50 Kilometer pro Jahr. Die umliegenden Trockenregionen sind weltweit am stärksten von Wüstenbildung bedroht – vor allem durch die Zerstörung der Böden durch die Menschen. Armut, Wassernot und Landkonflikte werden dadurch weiter verschärft.

Solarmodule und Windparks könnten das möglicherweise stoppen – indem sie es regnen lassen. Die schwarze Oberfläche der Solaranlagen erwärmt die Luft, die dadurch höher in die Atmosphäre aufsteigt. Die Rotation tausender Windräder treibt die Luft ebenfalls nach oben. "Wenn diese Luftmassen größere Höhen erreichen, kühlen sie ab […] Es ist also kälter und die Feuchtigkeit kondensiert, wird zu Regen und fällt herunter", so Safa Mote, Physiker an der Universität Maryland und Co-Autor einer Studie zum Thema.

Marokko große Solaranlage von oben
Gigantische Solaranlagen und Windfarmen in der Sahara würden es in der Sahelzone mehr regnen lassenBild: Abdeljalil Bounhar/AP/picture alliance

Die Berechnungen zeigen: würde ein Fünftel der gesamten Sahara für Solar- und Windparks genutzt, gäbe es südlich der Sahara pro Jahr im Schnitt fünf Zentimeter mehr Regen. Das klingt nach wenig, doch die Pflanzendecke in der Region würde dadurch um 20 Prozent zunehmen, und die Landwirtschaft enorm fördern: eine Win-Win-Situation für Mensch und Umwelt.

Laut Mote würde der riesige Energiepark dabei gleichzeitig rund vier Mal so viel Strom produzieren wie heute weltweit verbraucht wird, was zu einer nachhaltigen Entwicklung in Afrika beitragen könnte. Wenn es politischen Willen für das Projekt gäbe, wären auch die gigantischen Kosten von rund $20 Billionen kein Problem, ist der Physiker überzeugt. 

Die Wüstenbildung umkehren

Ein anderer Ansatz, die Wüste wieder fruchtbar zu machen, wird in China erprobt. Mit Erfolg: Noch vor wenigen Jahrzehnten, bis Ende des letzten Jahrhunderts, wuchsen laut der chinesischen Wald- und Graslandbehörde die Wüstengebiete in China um 10.000 Quadratkilometer pro Jahr. Heute schrumpfen sie jährlich um mehr als 2.000 Quadratkilometer.

1988 begann man in der Kubuqi-Wüste nordwestlich von Peking mit dem Pflanzen von Bäumen zum Schutz der Transportwege einer Salzmine. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich daraus eines der erfolgreichsten Wiederbegrünungsprogramme weltweit entwickelt.

Grüne runde Felder in der trockenen Kubuqi-Wüste in China.
Die Aufforstung in der chinesischen Kubuqi WüsteBild: Chen Jianli/Xinhua/imago images

Die Entwicklung neuer Pflanzmethoden spielten dabei eine entscheidende Rolle. Für die Bepflanzung der Sanddünen nutzt man spezielle Wasserdüsen. Mit diesen wird ein Loch in den Sand gebohrt, gleichzeitig werden so die jungen Stecklinge bewässert. "So konnte die Pflanzzeit von zehn Minuten auf zehn Sekunden reduziert werden, eine sehr effiziente und wichtige Methode," so Orr von der UNCCD.

In Kubuqi legen die Landwirte auch Strohrollen auf die Dünen, um die jungen Pflanzen vor dem Wind zu schützen.

Die neuen Graslandschaften dienen jetzt als Weide- und Anbauflächen für die Bauern. Vor allem Süßholz und andere Kräuter, die in diesem Klima gut wachsen und in der traditionellen chinesischen Medizin sehr gefragt sind, werden hier angebaut. 

Die Begrünung der Kubuqi-Wüste hat sogar Auswirkungen bis in das 800 Kilometer entfernte Peking, dort nimmt die Luftverschmutzung durch Sandstürme seitdem deutlich ab.

China Sandsturm in Peking verdüstern den Himmel hinter Hochhäusern
Sandstürme tragen in Peking erheblich zur Luftverschmutzung beiBild: Mark Schiefelbein/AP Photo/picture alliance

Richtige Technik und schon ist die Wüste grün?

Es ist möglich, versandete Böden und Vegetation wiederzubeleben und Wasserkreisläufe wiederherstellen - sei es mit natürlichen Methoden oder mit Hightech.

Doch Kosten und  Aufwand sind zu hoch, um alle verwüsteten Gebiete des Planeten wieder in gesunde Böden zu verwandeln.

Um das Sterben der Böden und das weitere Wachstum von Wüsten zu stoppen, so die Wüstenexperten, sollte die exzessive Ausbeutung der Böden und der Wasservorräte weltweit gebremst werden. Nur so kann die die atmende Oberfläche des Planeten in Zukunft gesund bleiben und sich selbst erhalten.