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Sanfte Landung für die deutsche Wirtschaft

Rolf Wenkel15. November 2012

Europas Wirtschaft rutscht in die Rezession. Das bekommt nun langsam auch die deutsche Wirtschaft zu spüren: Sie wächst zwar immer noch, doch geht auch ihr langsam die Puste aus.

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Bauarbeiter bem Betonieren (Foto: Frank Leonhardt dpa/lby)

Es konnte gar nicht ausbleiben angesichts der ausgeprägten Schwächetendenzen im übrigen Europa: Das Bruttoinlandsprodukt ist in Deutschland zwischen Juli und September nur noch um 0,2 Prozent gewachsen, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag (15.11.2012) in Wiesbaden mit. In der ersten Jahreshälfte hatte die Wirtschaftsleistung noch um 0,5 Prozent zugenommen - die Konjunktur verliert also auch in Deutschland deutlich an Fahrt.

Das ist kein Wunder. Denn die Eurozone ist in eine Rezession gerutscht. Die Wirtschaftsleistung in den 17 Euroländern schrumpfte im dritten Quartal gegenüber den drei Monaten zuvor um 0,1 Prozent, nach minus 0,2 Prozent im zweiten Quartal, berichtet die Europäische Statistikbehörde Eurostat. Volkswirte sprechen von einer Rezession, wenn das Wirtschaftswachstum in mindestens zwei Vierteljahren in Folge negativ ausfällt.

Dennoch hat, anders als vermutet, der deutsche Export bislang nicht sonderlich gelitten. Im Gegenteil: "Nach vorläufigen Berechnungen stiegen die Exporte von Waren und Dienstleistungen etwas stärker als die Importe", schreiben die Wiesbadener Statistiker. Und auch der Konsum der privaten und öffentlichen Haushalte hat weiter zugenommen. Nur die Investitionen der Unternehmen in neue Maschinen, Anlagen und Fahrzeuge haben angesichts der unsicheren Geschäftsaussichten spürbar nachgelassen.

Rezession nicht in Sicht

Kommt der Konjunkturzug zum Ende des Jahres also zum Stillstand? "Im Schlussquartal wird die schwache Nachfrage aus dem Euroraum die exportorientierte Industrie und damit die Konjunktur insgesamt belasten“, warnt Ferdinand Fichtner, Konjunkturchef beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Dagegen dürfte nach Einschätzung des DIW der Dienstleistungsbereich in den kommenden Quartalen weiterhin Zuwächse verzeichnen. "Eine Rezession ist nicht in Sicht", so Fichtner.

Vor allem die private Konsumnachfrage stützt nach DIW-Einschätzung das Wachstum. "Die Haushalte profitieren von Lohnsteigerungen deutlich über der Inflationsrate und der soliden Lage auf dem Arbeitsmarkt", so DIW-Deutschlandexperte Simon Junker. "Auch wenn die Beschäftigung wohl im Winterhalbjahr leicht sinken wird: Die sich abzeichnende konjunkturelle Schwächephase wird den Arbeitsmarkt nur kurz und moderat belasten."

Stagnation befürchtet

Andere Experten sind da weniger optimistisch. "Das war vorerst die letzte gute Zahl aus Deutschland", vermutet Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Am Jahresende schrumpft die deutsche Wirtschaft vermutlich etwas." Grund sei die Unsicherheit, die von der Schuldenkrise ausgehe. "Ich erwarte, dass die deutsche Wirtschaft erst Mitte nächsten Jahres zu ordentlichen Zuwachsraten zurückkehrt", so Krämer.

"Deutschland steuert auf eine Stagnation zu", sagte der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn. "Die größte Sorge ist, dass die Unternehmen weniger investieren. Das ist gewöhnlich ein Vorbote für eine Rezession." Als reine Vorsichtsmaßnahme sollte die Bundesregierung jetzt die Regelungen für die Kurzarbeit ausdehnen. "Das hat uns in der Finanzkrise sehr geholfen."

Trübe Aussichten

Immerhin: Verglichen mit anderen Euro-Ländern steht Deutschland noch sehr gut da. In Griechenland ist die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal um 7,2 Prozent eingebrochen, in Portugal um 0,8 Prozent, die Niederlande verzeichnen ein Minus von 1,1 Prozent und Italiens Wirtschaftsleistung schrumpfte um 0,2 Prozent - nur Frankreich hat mit einem Plus von 0,2 Prozent positiv überrascht.

Doch zuletzt hatten sich auch in Deutschland die Anzeichen für eine nachlassende Konjunktur gehäuft. So sind im September die Industrieaufträge mit 3,3 Prozent so kräftig eingebrochen wie seit einem Jahr nicht mehr, weil vor allem die Nachfrage aus der rezessionsgeplagten Euro-Zone stark nachgelassen hat. Die Exporte fielen zum ersten Mal seit dem Krisenjahr 2009. Die Stimmung in der Wirtschaft ist deshalb so schlecht wie seit Februar 2010 nicht mehr, fand das Ifo-Institut bei seiner monatlichen Umfrage unter 7000 Managern heraus. Die Bundesbank erwartet bestenfalls eine Stagnation im vierten Quartal.