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SARS im Fokus

Susanne Henn16. April 2003

Die neue Bedrohung hat einen Namen: SARS. Zwar warnen die Mediziner vor Panik, aber niemand weiß genau, wo die Seuche herkommt, wie gefährlich sie ist, welche Medikamente helfen. Was tun?

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Hongkong: Nur noch mit Mundschutz auf die StraßeBild: AP

Vermutlich ist SARS im November 2002 in der südlichen Provinz Guangdong ausgebrochen und hat sich seit Anfang 2003 von Südostasien aus über den Flugverkehr weltweit verbreitet. Auch, wenn sich die Zahl der Infizierten auf den Raum Hongkong, Singapur und einige chinesische Provinzen konzentriert, hat das plötzliche Auftreten der tödlichen Krankheit die Medien und die Bevölkerung in westlichen Ländern aufgeschreckt.

Spurensuche in Asien

SARS steht für "Severe Acute Respiratory Syndrome" (Schweres Akutes Atemwegs-Syndrom). Die Krankheit aus Südostasien erreicht am 16. März 2003 auch Deutschland. Ein Arzt aus Singapur wird in einem Frankfurter Krankenhaus eindeutig mit SARS diagnostiziert und auf der Intensivstation behandelt. In den nächsten Tagen folgen weitere Verdachtsfälle im ganzen Land. Während die Medien ausführlich berichten, suchen Forscher weltweit nach dem Erreger und nach Behandlungsmöglichkeiten. Bis Ende März gelingt es ihnen, den Erreger eindeutig zu identifizieren.

Ein neuartiges Coronavirus ist "schuld"

Bei dem Erreger handelt es sich nach Aussage der Weltgesundheitsorganisation (WHO) um ein neuentdecktes Coronavirus, von dem bisher nur zwei Formen beim Menschen bekannt waren. Das von verschiedenen Forschungslabors entdeckte, neue Coronavirus weicht von den beiden bereits bekannten Formen ab.

Coronaviren sorgen bei Menschen normalerweise für Erkältungskrankheiten der oberen Atemwege, wie Schnupfen, Husten oder Halsscherzen. 1965 wurden die Viren zum ersten Mal entdeckt. Sie befallen nicht nur Menschen, sondern auch Säugetiere. Bei Vögeln rufen sie zum Beispiel eine Bronchitis hervor. Nun häufen sich Spekulationen, ob das SARS-Virus vielleicht die Speziesbarriere von Tier zu Mensch überwunden hat.

Alles beginnt wie eine Erkältung...

Zwar ist SARS bei weitem noch nicht vollständig erforscht, doch es gibt schon einige nahezu gesicherte Angaben zur Krankheit: Die Erkrankung beginnt typischerweise mit Fieber, Husten und Halsweh. Auch Muskelschmerzen zählen zu den ersten Symptomen von SARS. Oft kann mit einer klaren Diagnose eines grippalen Infekts ein Verdacht auf SARS entkräftet werden.

Bestätigt sich der Verdacht auf SARS, kann es zu einer schweren Lungenentzündung kommen. In diesem Stadium wird die Krankheit lebensgefährlich und Patienten müssen im Krankenhaus intensiv behandelt werden. Um eine Weiterverbreitung des Virus zu vermeiden, müssen infizierte Personen, die andere über Tröpfcheninfektion anstecken könnten, isoliert werden. Es gibt bisher weder eine Impfung, noch kann die Erkrankung vollständig geheilt werden. Etwa vier Prozent der SARS-Erkrankten sterben.

Als das prominenteste SARS-Opfer gilt der Arzt und dreifache Vater Carlos Urbani. Im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitete der 46-jährige Italiener als Experte für übertragbare Krankheiten in Vietnam. Dort hatte als erster er den Ausbruch der gefährlichen Lungenkrankheit bei einem amerikanischen Geschäftsmann diagnostiziert und sich selbst angesteckt. Dank seines umsichtiges Verhaltens war es der WHO gelungen, die Weltöffentlichkeit auf SARS aufmerksam zu machen.

Erreger im Reisegepäck

Nach Ansicht vieler Mediziner ist eine Ansteckung mit SARS innerhalb Deutschlands unwahrscheinlich. Das Hamburger Tropeninstitut glaubt aufgrund der Sicherheitsmaßnahmen nicht an eine größere Ausbreitung des Virus in Deutschland. Im Vergleich ist eine Ansteckung mit Grippeviren deutlich wahrscheinlicher als eine SARS-Infektion.

Trotz geringer Ansteckungsgefahr auf Reisen außerhalb der am stärksten betroffenen Regionen herrscht erhöhte Vorsicht unter den Passagieren. Auf asiatischen Flughäfen gehören Menschen mit Atemschutzmasken weiterhin zum Alltag. Wegen des raschen und regelmäßigen Flugverkehrs zwischen den Kontinenten konnte sich SARS schnell in verschiedene Länder verbreiten. Neben dem südostasiatischen Raum war von Beginn an auch Kanada mit mehreren Toten stark betroffen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Reisewarnungen für Hongkong und die chinesische Provinz Guangdong ausgesprochen.

Schnelltest vorhanden, aber keine Medikamente

SARS kann inzwischen mit einem Schnelltest innerhalb kürzester Zeit nachgewiesen werden. Das Verfahren wurde vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in nur drei Wochen entwickelt. Hersteller ist die ebenfalls in Hamburg ansässige Biotechnologie-Firma artus GmbH. Etwa 1000 Test-Sets sind bereits nach Asien und Kanada
verschickt worden. Das Biotech-Unternehmen stellt die diagnostischen Tests nach eigenen Angaben zunächst kostenlos den Kompetenzzentren in Singapur, Hongkong und Toronto zur Verfügung.

Um das SARS-Virus nachzuweisen, wird das Hustensekret des Patienten untersucht. Liegt ein Infekt vor, lässt sich die Virus-Erbsubstanz mit Hilfe des Labortests durch typische Reaktionen bei der Vervielfältigung des Erregers nachweisen. "Dabei spricht das Verfahren schon auf geringste Erreger-Konzentrationen an, es reichen weniger als 1000 Viren pro Milliliter aus", erklärt die Sprecherin des Bernhard-Nocht-Instituts, Barbara Ebert. Bei einem Kranken liege die Konzentration bei mehreren zehn- bis hunderttausend Viren pro Milliliter. Das komplexe molekularbiologische Verfahren ermöglicht schon nach zwei Stunden einen Nachweis der Krankheit. Die verschickten Sets enthalten Reagenzien von Enzymen bis hin zu besonderen chemischen Lösungen.