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Gute Nachrichten für den Regenwald?

Nádia Pontes/Jan D. Walter10. Juni 2012

Noch nie wurde so wenig brasilianischer Regenwald zerstört wie zur Zeit. Die Regierung schmückt sich mit diesem Erfolg. Zu Unrecht, sagen allerdings Kritiker.

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Eine Amazonas-Landschaft (Foto: AP)
Bild: AP

Noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen 1988 wurde im Amazonasgebiet so wenig Regenwald gerodet wie 2011. Die Analyse von Satellitenbildern durch das Nationale Institut für Weltraumforschung Inpe ergab, dass 6418 Quadratkilometer Regenwald im letzten Jahr zerstört wurden - das entspricht der anderthalbfachen Fläche des Ruhrgebietes. Zum Vergleich: Sieben Jahre zuvor waren es noch rund 27.000 Quadratkilometer, also gut viermal so viel.

Das Ergebnis teilte die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff zwei Wochen vor Beginn des Umweltgipfels Rio+20 in Rio de Janeiro mit: "Dieser Rückgang ist beeindruckend. Er ist die Frucht von Veränderungen in der Gesellschaft, aber auch von konsequenter Strafverfolgung durch Regierungsorgane." Tatsächlich rückt Brasilien mit diesen Erfolgen näher an die Ziele der Klimakonferenz von Kopenhagen, die Entwaldung bis 2020 um 80 Prozent zu reduzieren - verglichen mit dem Durchschnitt der Jahre 1996 bis 2005. Dies würde bedeuten, dass nicht mehr als 5400 Quadratkilometer Regenwald pro Jahr zerstört werden.

Doch Mário Astrini von Greenpeace Brasilien sieht darin keinen Verdienst der aktuellen Regierung. "Die Reduktion der Rodungen ist das Ergebnis eines langwierigen politischen Kampfes gegen illegale Abholzung, in dem ein Ausgleich zwischen ökonomischen, ökologischen und zivilen Interessen gefunden wurde", sagt der Aktivist im Interview mit der Deutschen Welle. Der Regierung Rousseff attestiert er sogar die schlechteste Umweltpolitik seit der Wiederherstellung der Demokratie in Brasilien. Das war 1989.

Schutzgebiet im brasilianischen Regenwald (Foto: DW)
Immer mehr Waldschutzflächen entstehenBild: Nádia Pontes

Der Beginn der Wende

Besser machte es Rousseffs politischer Mentor und Amtsvorgänger Lula da Silva, so der Greenpeace-Aktivist. 2004 stellte Lula da Silva mit Marina Silva als Umweltministerin den Aktionsplan Ppcdam ("Gesetzlicher Aktionsplan zur Vorbeugung und Kontrolle der Entwaldung im Amazonasgebiet") vor, um die illegale Abholzung in den Griff zu bekommen.13 Ministerien arbeiten dabei gemeinsam an der Ordnung von Agrarflächen und Schutzzonen, um die Umwelt zu schützen und nachhaltig produktive Projekte zu finanzieren.

Die zweite Maßnahme war die Umsetzung des Systems "Deter", was auf Deutsch übersetzt sowohl "festnehmen" als auch "abhalten" bedeutet. Das Institut für Umwelt und Natürliche, Erneuerbare Ressourcen Ibama dokumentiert darin die Entwaldung in Echtzeit. Auf Basis täglicher Meldungen des Weltrauminstituts Inpe über mögliche illegale Aktivitäten spüren die Mitarbeiter des Instituts, unterstützt von Bundespolizei und Nationalgarde, Übeltäter auf und verhängen die gesetzlich vorgesehenen Bußgelder. Im Laufe der Jahre hat sich die Behörde dadurch nationale Anerkennung erarbeitet, dass sie die Waldschutzgesetzte durchsetzt und damit dem illegalen Raubbau Einhalt gebietet.

Abholzung des Regenwaldes im Amazonasgebiet (Foto: DW)
Die Abholzung des Regenwaldes im Amazonasgebiet wird wenigerBild: picture-alliance/dpa

Neues Waldgesetz in der Kritik

Experten sehen als wichtigen Grund für den Rückgang der Abholzung auch die Einrichtung von Nationalparks und Schutzgebieten für indigene Völker sowie für Sammler von Naturstoffen wie Kautschuk oder Früchten. Im Verlauf der letzten zwölf Jahre vergrößerten sich diese Schutzflächen von 140.000 auf 320.000 Quadratkilometer. Derzeit machen sie rund die Hälfte des brasilianischen Amazonasgebiets aus.

Auch Rousseff vergrößerte einige dieser Flächen weiter. Doch sie brauchte 18 Monate, um den ersten Erlass für neue Schutzgebiete zu unterschreiben. "Ihre Regierung war die erste, die ein ganzes Jahr Regentschaft hat verstreichen lassen, ohne Umweltmaßnahmen anzukündigen. Ein schlechtes Signal!", meint Greenpeace-Aktivist Astrini. Vor allem aber kritisiert er das neue Waldgesetz. Alle Errungenschaften der Vergangenheit seien nun in Gefahr. Denn es ermögliche nicht nur Straftätern Amnestie, sondern schränke zudem den Handlungsspielraum der so erfolgreichen Umweltbehörde Ibama ein, indem es Teile ihrer Aufgaben an die Bundesstaaten übertrage.