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Schach-WM in der Wüste: Carlsen gegen "Nepo"

Holger Hank
24. November 2021

Seit 2013 ist Magnus Carlsen Schach-Weltmeister und die unbestrittene Nummer eins. In Dubai spielt er in den nächsten drei Wochen gegen den Russen Jan Nepomniachtchi - ein gefährlicher Gegner für den Dauertitelträger.

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Schachweltmeister Magnus Carlsen im Porträt
Weltmeister Magnus Carlsen (Foto) will gegen Herausforderer Jan Nepomniachtchi den Überblick behaltenBild: Nake Batev/AA/picture alliance

Magnus Carlsen ist immer für einen guten Spruch gut. "Mein größter Vorteil in diesem Match ist, dass ich besser Schach spiele", so der Weltmeister in der Zeitschrift "New in Chess". Dabei weiß der Norweger natürlich, dass ihm die aktuelle Nummer fünf der Weltrangliste durchaus gefährlich werden kann. Schon als Jugendliche spielten die beiden regelmäßig gegeneinander - meistens gewann der Russe. Man kennt sich also. 2012 haben die beiden sogar einmal zusammen trainiert. Zuletzt tat sich Carlsen immer wieder schwer, wenn es gegen den 31-jährigen Großmeister aus Moskau ging.

Schnelle Züge

Der Herausforderer hat also eine Chance gegen den Dominator der Schach-Szene. "Nepomniachtchi hat eine Stärke, die fast alle anderen nicht haben: Schnelligkeit", erklärt Rustam Kasimjanov, einer der erfahrensten Trainer bei Schach-Weltmeisterschaften. Nepomniachtchi mache viele gute Züge in weniger als einer Minute, so Kasimjanov, der 2018 den unterlegenen WM-Finalisten Fabiano Caruana aus den USA gecoacht hat, "dann kommt Carlsen nicht zur Ruhe und das macht dann alles viel komplizierter."

Schach Großmeister Nepomniachtchi aus Russland im Porträt
Vom Trainingspartner zum Konkurrenten: "Nepo" will den Titel nach Russland zurückholenBild: Donat Sorokin/TASS/dpa/picture alliance

Der schnell denkende Nepomniachtchi ist im Spitzenschach seit vielen Jahren eine feste Größe. Doch lange hatte es so ausgesehen, als ob "Nepo" den Sprung nach ganz oben verpassen würde - zu wechselhaft seine Leistungen, denn auf überzeugende Siege folgten immer wieder klare Niederlagen. Wer schnell zieht, macht auch Fehler. Nur eines war immer klar: Wenn Jan Nepomniachtchi am Brett sitzt, dann wird es interessant - und gefährlich für die Gegner. So war es auch 2020 und 2021 beim Kandidaten-Turnier - mit viel Offensivdrang setzte er sich dabei auch gegen den eigentlich als stärker eingeschätzten Vize-Weltmeister Caruana durch.

Anfangsoffensive oder gegenseitiges Belauern?

Beim WM-Kampf gegen Magnus Carlsen ist jetzt ein langer Atem gefragt. Ab dem 26. November 2021 treten die beiden insgesamt vierzehnmal gegeneinander an. Unterstützt von Trainerteams und Schach-Computern werden sich die beiden Kontrahenten wohl erst einmal Runde für Runde belauern, Remis-Partien sind der Normalfall bei einer Schach-WM. Dennoch hat sich Carlsen für die ersten Partien einiges vorgenommen. Der erfahrene Champion aus Norwegen rechnet damit, dass Nepomniachtchi sich erst einmal auf die ungewohnte Situation einstellen muss: "Als amtierender Weltmeister habe ich eine gute Chance, gleich zum Start zu punkten", verriet Carlsen in einem Podcast seines Sponsors.

Insgesamt scheint der Weltmeister recht entspannt in den WM-Kampf zu gehen: So spielte der Titelverteidiger in den letzten Wochen weiter regelmäßig Online-Blitzschach und fand sogar Zeit für einen Besuch in Dortmund bei Norwegens Fußball-Star Erling Haaland.

Dubai: Schach als Business 

Auch jenseits des Schachbretts hat sich Magnus Carlsen inzwischen eine gute Position erarbeitet. In den vergangenen beiden Corona-Jahren nutzte er die Verlagerung des Schachsports ins Internet, um sich und seinem Sport neue Geldquellen zu erschließen. Mit einer inzwischen börsennotierten Firma organisiert er regelmäßig Online-Turniere für die Weltklasse. Nebenbei hat er mehrere Internet-Portale und einen Schach-Verlag aufgekauft. Dass inzwischen mehr Geld im Schach-Business zu verdienen ist, spiegelt sich auch im Preisfond bei der WM wider: Mit zwei Millionen Euro geht es in Dubai diesmal um doppelt soviel Geld wie vor drei Jahren.

Für Ullrich Krause, dem Präsidenten des Deutschen Schachbunds und bekennenden Carlsen-Fan, ist diese Entwicklung positiv: "Wir Schachspieler können nur dankbar sein, dass wir einen Weltmeister haben, der sich so gut präsentiert und verkauft", so Krause. Auch mit dem lukrativen Wüsten-Spielort Dubai, der wegen der Menschenrechtslage am Golf in der Kritik steht, hat er kein Problem: "Schöner wäre die Ausrichtung der WM an einem anderen Ort, aber solange die Spielbedingungen in Ordnung sind, habe ich keine Bedenken." Derweil will Krause den Schach-Boom nutzen und sich nun auch in Deutschland verstärkt auf die Suche nach potenten Sponsoren machen: "Dass wir alle unsere Ziele ehrenamtlich erreichen, ohne Geld in die Hand zu nehmen, das ist ja ein Irrglaube."

Deutscher Hoffnungsträger

Schachspieler Vincent Keymer im Porträt
Vincent Keymer: mit 17 Jahren das Zugpferd für Schach in Deutschland?Bild: Paul Meyer-Dunker/DSB

Dem traditionell eher bedächtig agierenden Deutschen Schachbund einen Schub geben, könnte jetzt ein junger Spieler aus dem Örtchen Saulheim bei Mainz. Vincent Keymer ist gerade einmal 17 Jahre alt, macht im kommenden Jahr Abitur und ist seit einigen Wochen die neue Nummer eins im deutschen Schach. Vor zwei Jahren verlor Keymer seine bisher einzige Partie gegen den großen Norweger nur ganz knapp. Keymer habe gute Aussichten, bald die Top-10 zu erreichen, so die Prognose von Schachbund-Chef Ullrich Krause. Bis dahin drückt Deutschlands oberster Schachspieler aber erst einmal die Daumen für den amtierenden Weltmeister: "Carlsen gewinnt. Nepomniachtchi ist nicht so konstant. Es zeichnet Carlsen aus, dass er in diesen angespannten Situationen besonders stark ist."