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Scharfe Attacken nach AfD-Parteitag

Kay-Alexander Scholz (mit Agenturen)2. Mai 2016

Viele Reaktionen in Deutschland auf das beschlossene AfD-Programm zielen auf den darin enthaltenen Anti-Islam-Kurs. Aber auch die generelle gesellschaftspolitische Ausrichtung steht in der Kritik.

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Deutsche Flagge neben Minarett (Foto: picture-alliance/Frank Rumpenhorst)
Bild: picture-alliance/Frank Rumpenhorst

Das mediale Interesse an der Alternative für Deutschland (AfD) in Deutschland war rund um deren Parteitag am Wochenende in Stuttgart enorm. Manchem geht das schon zu weit: Der populäre Politikblogger Tilo Jung twitterte: "In Amerika gehen die Massenmedien Trump auf dem Leim, in Deutschland der AfD. Am Ende tun dann alle geschockt..." Nur ist das Interesse ja auch deshalb so hoch, weil viele die Entwicklung der AfD beobachten, also wie extrem ihre Positionen sind.

Entwarnung kam vom Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Er sehe weiterhin keinen Anlass, die Partei als Ganzes zu beobachten, sagte Hans-Georg Maaßen in Berlin. "Wenn es Einzelpersonen geben solle, bei denen man Extremismus vermuten würde, schauen wir uns die aber natürlich an", ergänzte er.

"AfD will spalten"

Die AfD hat sich am Wochenende ein erstes Programm gegeben und darin provozierende Äußerungen festgehalten. Muslimen sollen bei der Ausübung ihres Glaubens Schranken auferlegt werden. "Das Minarett lehnt die AfD als islamisches Herrschaftssymbol ebenso ab wie den Muezzin-Ruf", steht nun im Programm. Unter der Überschrift "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" sprachen sich die Delegierten auch für ein Verbot der Vollverschleierung aus.

Frauke Petry und Jörg Meuthen bei einer Abstimmung (Foto: Reuters/W. Rattay)
Einigkeit beim AfD-Führungsduo Frauke Petry und Jörg MeuthenBild: Reuters/W. Rattay

Das wollten führende Vertreter von Glaubensverbänden in Deutschland so nicht stehen lassen. "Wir müssen gegen Stimmungen vorgehen, die eine andere Religion pauschal abwerten und für grundgesetzwidrig erklären", sagte der Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm. "Religion muss eine Kraft der Versöhnung des Friedens sein und deswegen brauchen wir den Dialog der Religionen." Die AfD aber wolle mit ihrem Anti-Islam-Kurs die Gesellschaft spalten. Teile der Partei stellten die Religionsfreiheit infrage.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte ebenfalls, ein solch islamfeindliches Programm spalte das Land. Ein Minarett-Verbot beseitige weder soziale Ungerechtigkeiten noch löse es Rentenprobleme. Der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, sprach von einem Beweis für die religionsfeindliche Haltung der AfD. Die Beschlüsse zum Islam verließen den "Boden unseres Grundgesetzes", zeigten Respektlosigkeit und Intoleranz gegenüber religiösen Minderheiten und seien deshalb auch ein "Angriff auf das Judentum in Deutschland".

"Reaktionäres Programm" - CDU schließt Koalitionen aus

Quer durch alle Parteien wird die AfD scharf kritisiert. "Das ist ein Brandsatz für das friedliche Zusammenleben in Deutschland", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Mit ihren nationalistischen, anti-europäischen und teils völkischen Ansichten stelle sich die AfD in die lange Reihe der rechtspopulistischen Parteien in Europa.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte zum AfD-Programm, es sei nicht "konservativ, sondern reaktionär und autoritär". Mit einem Programm der Angst könne die Zukunft nicht gewonnen werden. Eine Koalition mit der AfD schloss Tauber auf allen politischen Ebenen aus. Die CDU zeichne eine einladende Haltung aus, die Haltung der AfD sei dagegen ausgrenzend.

Die Partei sei "anti-aufklärerisch", sagte die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner. Auch sie kritisierte die Haltung zum Islam: Es sei eine Sache, auf Defizite etwa bei der Gleichstellung der Frau bei einigen Muslimen hinzuweisen. Dies täten andere Parteien ebenfalls. Eine andere Sache sei, eine ganze Religion als unvereinbar mit Deutschland und dem Grundgesetz zu bezeichnen, wie es die AfD tue.

Der Parteitag zeige, "wie unmodern und rückwärtsgewandt die AfD wirklich ist", meinte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. Mit ihrer Anti-Euro-Haltung verfolge sie "eine zutiefst wirtschaftsfeindliche Politik, die letztendlich Hunderttausende Arbeitsplätze bedrohen würde".

Die AfD sei "die Partei der sozialen Arroganz und des christlichen Fundamentalismus", kritisierte Linken-Chefin Katja Kipping. Die Partei wolle Millionen-Erbschaften nicht mehr besteuern, sozialer Wohnungsbau und Gesundheitspolitik spielten keine Rolle. Familienpolitisch sei die AfD ein "Hort der Maskulinisten".

Einen etwas anderen Tonfall schlug CSU-Chef Horst Seehofer an. "Vernünftige gute Zukunftsvisionen" von CDU/CSU seien die richtige Antwort auf die AfD. Die CSU jedenfalls werde sich thematisch neu sortieren und fit machen, so Seehofer. Er hoffe, dass die CDU dem folgen werde.

AfD bestreitet Einschränkung der Religionsfreiheit

Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland wies den Vorwurf zurück, seine Partei wolle die Religionsfreiheit beschränken. Das Minarett und der Ruf des Muezzins seien Ausdruck eines "politischen Anspruchs an die Gesellschaft, den wir nicht haben wollen und den wir natürlich nicht teilen", sagte Gauland zu den Parteitagsbeschlüssen. "Das hat nichts damit zu tun, dass ein Moslem in Deutschland seinem Glauben nachgehen kann." Die Religionsfreiheit sei in Deutschland "weit größer als in vielen muslimischen Ländern dieser Welt", sagte der AfD-Bundesvize weiter. "Da gibt es überhaupt keine Religionsfreiheit."

AfD-Vize Alexander Gauland: Gegen Minarett und Muezzin (Foto: dpa)
AfD-Vize Alexander Gauland: Gegen Minarett und MuezzinBild: picture-alliance/dpa/M. Murat