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Rüge aus dem Europaparlament

10. Mai 2011

Im EU-Parlament ist Kritik laut geworden an dem geheimen Griechenland-Treffen einiger Finanzminister. Statt kleiner, abgeschotteter Zirkel werden konkrete Entscheidungen zu Griechenland gefordert.

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Euro-Münzen und Griechenland-Flagge (Foto: Fotolia)
Parlamentarier fordern Rettungspläne statt GeheimtreffenBild: fotolia
Finanzkrise Griechenland 2011_3
Umschuldung würde Finanzmärkte erschütternBild: fotolia/DW

Die meisten Fraktionsvorsitzenden im Europaparlament stört vor allem die mangelnde Offenheit und die Zusammensetzung des Treffens am vergangenen Freitag (06.05.2011) in Luxemburg, bei dem EU-Spitzenvertreter und die Finanzminister großer Euro-Staaten wie Deutschland und Frankreich über die Lage in Griechenland beraten hatten. Martin Schulz, Vorsitzender der sozialistischen Fraktion, spricht von einem "Paniktreffen", das "sicher kein Beitrag zur Stabilisierung des Euro" gewesen sei. Er sieht darin auch eine Misstrauenserklärung an die Regierung Papandreou, die mit einer harten Sparpolitik versucht, die Probleme in den Griff zu bekommen. Man müsse ihr zunächst einmal die Chance geben, zu zeigen, dass sie erfolgreich arbeite, "anstatt schon kommentierend, bewertend sich zu treffen. Das ist keine vertrauensbildende Maßnahme. Das destabilisiert exakt die Regierungen, die man unbedingt stützen muss."

Die Sache mit dem Haarschnitt

Martin Schulz, Chef der Sozialistischen Fraktion im EU-Parlament (Foto: picture-alliance)
"Paniktreffen sind kein Beitrag zur Stabilisierung" –Sozialisten-Fraktionschef Martin SchulzBild: picture-alliance/Wiktor Dabkowski

Liberalenchef Guy Verhofstadt kritisiert, dass nur wenige Finanzminister anwesend waren. Wie andere auch sieht er hier einen Trend zur Renationalisierung der europäischen Politik. Statt geheimer Treffen brauche man Entscheidungen zu Griechenland, zum Beispiel einen niedrigeren Zinssatz und längere Rückzahlungsfristen. Der Grünen-Co-Vorsitzende Daniel Cohn-Bendit formulierte die Lage noch dramatischer. Griechenland sei ein "gescheiterter Staat", in den die Bürger kein Vertrauen mehr hätten. "Deshalb will auch niemand, weder Arm noch Reich noch der Mittelstand, Steuern zahlen." Dieses Vertrauen in den Staat müsse man wiederherstellen. Cohn-Bendit forderte unter anderem eine Schuldenumstrukturierung, im Finanzjargon oft Haircut oder Haarschnitt genannt. Dabei würden Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen. Das ist aber für die meisten EU-Vertreter ein rotes Tuch. Auch die Mitglieder der Runde am Freitag hatten eine Umschuldung ausgeschlossen.

Wo bleibt das Projekt Harmonisierung?

Fallende Euromünzen (Foto: Fotolia)
Griechenland - der erste Dominostein?Bild: fotolia

Joseph Daul von der konservativen Volkspartei hatte von den vier Fraktionschefs, die sich zu dem Thema äußerten, noch am wenigsten gegen die Form des Geheimtreffens einzuwenden. Für ihn ist die Sache mit Griechenland zunächst ganz klar und einfach: "Griechenland braucht mehr Solidarität, und Europa ist Solidarität." Ob er sie wird mobilisieren können, vor allem bei den immer skeptischeren Deutschen, ist eine andere Frage. Griechenland ist für Daul aber auch ein Schulbeispiel, dass Europa mehr Harmonisierung in der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik braucht. Er erinnerte damit an eines der großen Projekte, um die Ungleichgewichte im Eurogebiet zu verringern. Doch im Moment ist die EU so mit dem Löschen akuter Brände beschäftigt, dass alles andere in den Hintergrund tritt.

Autor: Christoph Hasselbach, Brüssel
Redaktion: Henrik Böhme