Scheitert die Weltklimakonferenz?
14. Dezember 2019Man befinde sich in einer "sehr ernsten Situation", so wird die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze zitiert. Auch Deutschland lehnt die bisherigen Kompromissvorschläge zu den Abschlusserklärungen ab; bisher haben sich die teilnehmenden Staaten nicht auf eine gemeinsame Erklärung einigen können. Möglicherweise geht man auch ohne eine Erklärung auseinander - die Konferenz wäre damit gescheitert.
Die Präsidentin des UN-Kongresses, die Chilenin Carolina Schmidt, will noch an diesem Samstagabend den Delegationen neue Entwürfe für ein Abschlussdokument zukommen lassen. Ihr dürfte auch keine andere Wahl bleiben, denn die bisherigen Texte haben für viel Kritik gesorgt - vor allem bei Nichtregierungsorganisationen, die die Konferenz interessiert verfolgen.
"Den Verschmutzern zugehört"
Die bisher vorliegenden Beschlusstexte seien "völlig inakzeptabel" und ein "Betrug an den Menschen in aller Welt", sagte beispielsweise die Chefin von Greenpeace International, Jennifer Morgan. Die chilenische Präsidentschaft der Weltklimakonferenz habe die Aufgabe, das Pariser Klimaabkommen "zu schützen und nicht zuzulassen, dass es durch Zynismus und Gier auseinandergerissen wird". Stattdessen habe Chile "den Verschmutzern zugehört und nicht den Menschen", kritisierte Morgan.
Der Chef der Initiative Power Shift Africa, Mohamed Adow, bezeichnete die Beschlusstexte als "katastrophal" - "die schlimmsten, die ich je gesehen habe". Die dort enthaltenen Formulierungen würfen die Welt um Jahre zurück, statt auf die Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren. "Wenn ich jemals sagen würde: 'Die Regierungen haben es verkackt', würde ich heute in Madrid sagen: Die Regierungen haben es verkackt", schimpfte Adow. Menschen in aller Welt müssten nun "aufstehen, um den Planeten zu retten".
Knackpunkt: Artikel sechs
Bis zuletzt sind zentrale Themen zwischen den Teilnehmerländern umstritten. Vor allem um die Ausgestaltung von Artikel sechs des Pariser Klimaabkommens wird hart gerungen. Er sieht vor, auch Marktmechanismen zu nutzen, um die nationalen Beiträge zum Klimaschutz zu erhöhen. So könnte ein Land wie Deutschland ein Solarkraftwerk in einem afrikanischen Land finanzieren, um die Nutzung fossiler Energieträger zu verringern, und sich diese Emissionseinsparung anrechnen lassen.
Und natürlich geht es auch ums Geld. Besonders im Fokus steht die Finanzierung von nicht mehr vermeidbaren Schäden und Verlusten durch den Klimawandel - etwa durch Extremwetter wie Stürme oder Dürren, die häufiger auftreten und auch heftiger werden. Hier hatten ärmere Länder auf zusätzliche Unterstützung gepocht.
Was können die neuen Abschlusstexte bringen?
Ob die neuen Abschlusspapiere die Lage beruhigen können, ist derzeit noch völlig offen. Die Papiere sollen in einem Schlussplenum debattiert werden, die Einberufung diese Plenums wurde wegen der Streitigkeiten aber bereits mehrmals verschoben. Auf der einen Seite stehen Blöcke und Staaten wie die EU, Deutschland, Norwegen, Spanien und Kolumbien. Sie machen sich für mehr globalen Klimaschutz stark. Demgegenüber stehen die USA, Australien, Brasilien und andere, die den Klimaschutz aufweichen wollen.
Eigentlich hätte die Konferenz schon am Freitagabend zu Ende gehen sollen. Dass UN-Klimaverhandlungen länger dauern als angekündigt, ist aber normal. Grundsätzlich soll die Konferenz in Madrid eine konkrete Marschroute festlegen, auf der die Ziele des Pariser Abkommens von 2015 erreicht werden können. Darin hatten sich fast 200 Staaten das Ziel gesetzt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, wenn möglich sogar auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter.
Dazu muss der Ausstoß von Treibhausgasen - in erster Linie Kohlendioxid (CO2) aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas - schnell und deutlich zurückgehen. Bisher steigen die globalen Emissionen jedoch weiter an. Auch für 2019 wird wieder ein Plus vorhergesagt. Im neuen Entwurf für die Abschlusserklärung der COP25 ist aber lediglich eine Erinnerung an das Pariser Abkommen enthalten, das eine Aktualisierung der Zusagen für 2020 vorsieht - ohne Frist oder Appell, auch wirklich etwas draufzulegen.
bru/lh/haz (dpa, afp, rtr)