Schicke Provinz
16. März 2010Es ist ganz in goldener und hellblauer Seide gehalten, mit einem prächtigen Baldachin - und gleich drei Matrazen: "Zwei sind mit Wolle gefüllt, die dritte mit Federn", erklärt eine Mitarbeiterin des altehrwürdigen Pariser Kunsthandels Pelham. Sie steht vor dem Prunkstück, das Pelham dieses Jahr auf der "The European Fine Art Fair", kurz Tefaf, zu bieten hat: das Bett des französischen Staatsmannes Talleyrand.
Der pflegte darin in 110 Zentimeter Höhe nicht nur zu schlafen, sondern auch seine Gäste zu empfangen: "Das war um 1800 üblich", erklärt die Mitarbeiterin und streicht den engen Rock ihres Chanelkostüms glatt. Natürlich wäre es schön, wenn dieses Bett in einem Museum landen würde. "Aber es ist auch für Privatleute interessant. Es wurde vollständig restauriert, man kann darin wieder gut schlafen und es ist ein Stück französischer Geschichte." Was dieses gute Stück kostet? Vorsichtig balanciert die Mitarbeiterin auf mindestens 15 Zentimeter hohen Pumps Richtung Schreibtisch und holt die Preisliste: "380.000 Euro." Wie bei allem auf der Tefaf braucht man auch in diesem Falle das nötige Kleingeld. Nicht umsonst gilt sie als feinste und erlesenste Kunstmesse der Welt: "Sie ist nicht bloss eine der besten Messen der Welt, sie ist die beste", betont der New Yorker Kunsthändler Martin Zimet, der auch dieses Jahr die weite Anreise nicht gescheut hat.
Viel Zeit in Maastricht
Aus diesem Grund nehmen neben Kunst- und Antiquitätenhändlern auch Sammler und Museumsdirektoren aus aller Welt den Weg in die niederländische Provinz auf sich. Erst machen sie sich mit ihren Privatjets auf dem kleinen Flughafen Maastricht-Aachen den Platz streitig, dann schlendern sie Austern und Champagner schlürfend von einem elegant eingerichteten Messesalon zum anderen.
Hotels in Maastricht und Umgebung sind Monate im Voraus ausgebucht und schrauben ihre Preise nach oben, Taxifahrer bekommen Verstärkung von Kollegen aus anderen Städten. Und Restaurants und Bars bieten spezielle Tefaf-Menus und Tefaf-Cocktails an.
Fernab vom großen Rummel
Die abgelegene geographische Lage mache ja gerade den Erfolg dieser Messe aus, erklärt der Müncher Kunsthändler Konrad Bernheimer: "Wer herkommt, kommt ganz bewusst und bleibt dann auch länger. Die durchschnittliche Verweildauer auf der Tefaf ist viel länger als auf allen anderen Messen. Und ich glaube, dass ist ein ganz logischer Schluss: Je länger jemand auf einer Messe ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er was kauft."
Die Messen in Paris, London oder New York besucht man nebenbei, weil man ohnehin in der Stadt ist. Die durchschnittliche Verweildauer liegt bei zwei bis zweieinhalb Stunden. Auf der Tefaf hingegen bleiben die Leute sechs bis sieben Stunden, manchmal sogar Tage.
Eine "Insel der Glückseligkeit"
Silvio Berlusconi ließ sich hier schon blicken, um die Messe dann mit acht Gemälden und einer Bronzeskulptur wieder zu verlassen. Auch Michael Schuhmacher wurde gesichtet, der europäische Hochadel. Aber auch für ganz normale Kenner und Kunstliebhaber ist die Tefaf ein Muss: "Weil sie das grösste Museum der Welt ist. Hier findet man alles auf einem Platz", erklärt ein elegant gekleideter älterer Herr, der wie immer mit Freunden aus München und Düsseldorf angereist ist. "Aber Sie können kaufen, was man in einem normalen Museum nicht kann", ergänzt sein Begleiter. "Und man kommt auch ganz nah ran an die Kunstwerke, ohne dass einen jemand gleich zurückruft", meint seine Frau. Was sie sich dieses Jahr leisten werden, wissen sie noch nicht: "Wir schauen uns erst mal in Ruhe um!"
Die Wirtschaftskrise scheint es auf der Tefaf nicht zu geben. Neben vielen Werken prangte schon wenige Stunden nach der Eröffnung ein roter Punkt - das Zeichen dafür, dass sie verkauft sind. Dementsprechend gut ist die Stimmung, auch im Salon von Konrad Bernheimer: "Die Tefaf ist halt eine Insel der Glückseligkeit", meint der Kunsthändler und weist auf die Tausenden von weißen Rosen, mit denen die Wände am Eingangsbereich geschmückt sind.
Im Laufe der Messe sollen sie gegen rote und zum Schluss gegen rosarote Rosen ausgetauscht werden - ein völlig logischer Farbwechsel, findet der Münchner. "Die weißen Rosen am Anfang stehen für die Unberührtheit und Schönheit der Tefaf, dann kommt mit den Verkäufen die Extase - das sind die roten Rosen und am Ende schweben wir alle auf rosa Wolken."
Autor: Kerstin Schweighöfer
Redaktion: Nicole Scherschun/ Daniel Scheschkewitz