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Schicksalswahlen für Südafrikas ANC

Martina Schwikowski/dp 2. August 2016

Korruption, Skandale, Arbeitslosigkeit: Die Unzufriedenheit mit Südafrikas Regierungspartei ANC wächst. Bei den Kommunalwahlen an diesem Mittwoch droht der Partei ein kräftiger Dämpfer.

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Präsident Zuma mit Mikrofon bei einer Wahlkundgebung.
Bild: Reuters/M. Hutchings

Dieser Wahlkampf ist Chefsache: Vor den Kommunalwahlen am Mittwoch (03.08.2016) tourt Südafrikas Präsident Jacob Zuma quer durch das Land. Zuma tanzt, singt Lieder aus dem Befreiungskrieg und schimpft, vor allem auf die Oppositionspartei Demokratische Allianz (DA). Sie sei die Partei der Apartheid und der Unterdrückung. Botschaften, die bei vielen Südafrikanern nicht mehr ankommen.

"Das ist eine entscheidende Wahl für den ANC. Die Partei ist von einer Reihe Skandalen erschüttert worden, die mit der Führung von Jacob Zuma in Verbindung gebracht werden", sagt der politische Kommentator Daniel Silke im DW-Gespräch. "Selbst in seiner eigenen Partei gibt es Widerstand gegen ihn."

Denn mit Zuma steht ein Politiker an der ANC-Spitze, der im vergangenen Jahr innerhalb einer Woche zwei Finanzminister entließ. Zudem ist er in einen Skandal um die Verwendung von Steuergeldern für den Ausbau seiner Privatresidenz verwickelt. Erst letzte Woche entschied das Verfassungsgericht, dass Zuma deswegen Steuergelder in Höhe von rund 500.000 US-Dollar (450.000 Euro) zurückzahlen muss.

Ungleichheit schafft Frust

Für Frust sorgen auch die Wirtschaftsdaten: Das Wachstum ist niedrig, die offizielle Arbeitslosenrate liegt bei 27 Prozent. Wirtschaftliche Stagnation und Missmanagement schrecken Investoren ab. Bei der Wohlstandsverteilung ist Südafrika eines der ungleichsten Länder der Welt - obwohl der ANC seit 1994 regiert. "In wirtschaftlicher Hinsicht sind wir seit 1994 hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Wir haben einige soziale Ungerechtigkeiten beseitigt, aber wir konnten unsere Wirtschaft nicht so ausbauen, dass wir neue Arbeitssuchende in den Arbeitsmarkt integrieren konnten", sagt Analyst Silke.

Demonstranten unter einem schwarzen Anti-ANC Plakat.
Die Proteste gegen Präsident Zuma und den ANC nehmen zuBild: picture-alliance/dpa/C. Tukiri

Ihrem Ärger machen viele Südafrikaner in regelmäßigen Demonstrationen Luft. Mehr als 1000 Proteste gab es im vergangenen Jahr. Wütende Demonstranten zündeten Schulen und Bibliotheken an, in vielen Armenvierteln gab es Verletzte.

Auch der Wahlkampf blieb nicht gewaltfrei. Einige Kandidaten wurden in den letzten Monaten ermordet - die meisten waren ANC-Mitglieder. Allein in der Provinz KwaZulu-Natal starben 12.

Inoffizielle Volksabstimmung über den ANC

Experte Daniel Silke sieht in den Kommunalwahlen eine inoffizielle Volksabstimmung über die politische Führung des Landes. "Der ANC ist wahrscheinlich an seinem verwundbarsten Punkt seit 1994 und die Unterstützung für ihn ist leicht zurückgegangen", sagt Silke. Diese Wahlen seien daher umkämpfter als frühere.

Andere Analysten mahnen zur Vorsicht. "Wir wissen, dass der ANC einen Teil seiner Unterstützung verlieren wird. Aber ich weiß nicht, ob es so viel sein wird, wie manche Analysten glauben", sagt Aubrey Matshiqi von der Helen Suzmann Stiftung. Denn: "Wenn Menschen den ANC wählen, dann heißt das nicht zwangsläufig, dass sie damit ihre Unterstützung für Zuma ausdrücken", so Matshiqi.

Doch die Unterstützung für den ANC nimmt ab. Bei den Wahlen 2009 gewann er 66 Prozent der Stimmen, 2014 waren es nur noch 62 Prozent. In einigen Städten erreichte die Regierungspartei nicht mal mehr 50 Prozent. Trotzdem: Landesweit ist die Macht des ANC nicht gefährdet, so Daniel Silke.

Anders sieht es in Großstädten aus. Insbesondere in der Hauptstadt Pretoria und in der Nelson-Mandela-Bucht um die Hafenstadt Port Elizabeth drohen dem ANC schwere Verluste.

Konkurrenz von rechts und links

Denn: Zum ersten Mal gibt es für viele Wähler Alternativen. Zum Beispiel die Demokratische Allianz. Lange galt sie als politische Vertretung der Industrie und der Weißen. "Die Demokratische Allianz hat in der Provinz Westkap und in Kaptstadt gezeigt, dass sie erfolgreich regieren kann", sagt Daniel Silke. "Sie ist effizienter, hat die Dienstleistungen für die Bürger verbessert und hat sauberere Verwaltungen als der ANC".

Mmusi in einem blauen T-Shirt spricht vor Anhängern.
DA-Chef Mmusi hat die Partei für schwarze Wähler attraktiv gemachtBild: Getty Images/AFP/M. Safodien
Malema (in rotem Outfit) grüßt seine jubelnden Unterstützer.
Die EFF ist die drittstärkste Partei in Südafrikas ParlamentBild: picture-alliance/dpa/C. Tukiri

Zudem amtiert mit Mmusi Maimane seit 2014 ein schwarzer Parteichef. Das könnte der DA Stimmen aus der schwarzen Mittelklasse bringen.

Von links setzt die Wirtschaftliche Befreiungsfront unter ihrem radikalen Vorsitzenden Julius Malema den ANC unter Druck. Erst 2013 gegründet, ist die Partei schon die drittstärkste Kraft im Parlament. Sie hat keine Regierungserfahrung vorzuweisen, könnte aber als Königsmacherin die Wahl in den Gegenden entscheiden, in denen Koalitionspartner nötig sind.

Wie werden die Wahlen ausgehen? Da sind sich sie die Beobachter uneinig. Daniel Silke glaubt, dass der ANC einige "Wahlschocks" erleben wird - und es einige Veränderungen in der Politik der Regierung geben wird, "vielleicht sogar das Ende der Führung durch Jacob Zuma". Aubrey Matshiqi von der Helen Suzmann Stiftung hält dagegen. Er sei "nicht überzeugt, dass es bei diesen Wahlen dramatische Umbrüche in der Unterstützung für den ANC gebe", so Matshiqi.