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Schlammschlacht bis zum Schluss

Greta Hamann/Fernando Caulyt26. Oktober 2014

Rund 142 Millionen Wahlberechtigte entscheiden in Brasilien über den nächsten Präsidenten. Am Tag der Stichwahl bedienen sich die Anhänger beider Lager noch einmal dubioser Mittel, um Stimmen zu gewinnen.

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Brasilien Wahl 8Foto: Xinhua/Rahel Patrasso)
Bild: picture-alliance/landov/Rahel Patrasso

Kaum ein Brasilianer, der sich nicht klar bekennt in den letzten Stunden vor Schließung der Urnen. Derzeit scheint es in den sozialen Netzwerken nur ein Thema zu geben: Die Lügen Aécios oder die Korruption Dilmas. Aécio Neves, Mitte-Rechts-Kandidat von der sozialdemokratischen PSDB tritt an gegen Amtsinhaberin Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei PT.

Dieser Wahlkampf wird eingehen in die Geschichte als einer der knappsten und als einer der dreckigsten. Am Wahltag lag Dilma Rousseff mit nur wenigen Prozentpunkten knapp vor ihrem Herausforderer.

Und das trotz der umstrittenen Veröffentlichung des einflussreichen Magazins "Veja" kurz vor der Stichwahl. Die Zeitschrift, die eigentlich immer Sonntags erscheint, ließ die aktuelle Ausgabe schon Freitag drucken und erhob kurz vor der letzten TV-Debatte am Freitag Abend schwere Vorwürfe gegen Rousseff und ihren Vorgänger und Wahlkampfunterstützer Lula da Silva.

Brasilien Veja Titelseite
Die Titelseite des Magazins "Veja": "Sie wussten alles"Bild: picture-alliance/AP Photo

Korruptionsvorwürfe gegen Rousseff und Lula

"Sie wussten alles", heißt es auf dem Titel, das die Gesichter der beiden zeigt. Die Zeitschrift bezieht sich auf Aussagen des inhaftierten Alberto Yousseff, der zu den Hauptverdächtigen im sogenannten "Petrobras-Skandal" zählt. Dieser wurde erst kürzlich bekannt.

Demnach soll es in dem halbstaatlichen Erdöl-Konzern Petrobras ein umfassendes Schmiergeldsystem gegeben haben, von dem auch die Arbeiterpartei PT profitiert haben soll. Rouseff, die zweitweise selbst verantwortlich im Vorstand von Petrobras saß, wies stets alle Vorwürfe von sich.

Auch nach Veröffentlichung der Veja-Reportage wiederholte sie, nichts gewusst zu haben. Stattdessen warf sie dem Blatt "Wahl-Terrorismus" vor. Medienbereichten zufolge soll ihre Partei sogar versucht haben, die Veröffentlichung zu verhindern. Rousseff kündigte an, rechtlich gegen "Veja" vorzugehen.

Am Tag der Wahl steigert sich der Skandal in die Absurdität. Im sozialen Netzwerk kursierten kurzzeitig Meldungen, Alberto Yousseff sei tot in einem Hotel aufgefunden worden. Auch über den Nachrichtendienst Whatsapp verbreitete sich die Nachrichten schlagartig. Die Polizei wies derartige Meldungen mittlerweile zurück und meldete: "Yousseff geht es gut."

Neves umringt von Journalisten. (Foto: REUTERS/Washington Alves)
Neves kam kaum durch die Journalisten durchBild: Reuters/Washington Alves

"Zeichen der Unzufriedenheit"

"Dieser Wahlkampf gehört zu den polarisiertesten und am meisten diskutierten des demokratischen Brasiliens", sagt Leonardo Paz, Politikwissenschaftler an der privaten Wirtschaftsuniversität Ibmec in Rio de Janeiro. Ein Zeichen für die Große Unzufriedenheit, die viele mit der aktuellen Präsidentin und der wirtschaftlichen Situation des Landes hätten, glaubt Paz.

Bei den beiden vorhergegangenen Wahlen sei die Kritik an der Arbeiterpartei PT stets über die Meldungen der wachsenden Wirtschaft untergegangen, so Paz weiter: "Da Dilma den Erfolg Lulas nicht wiederholen konnte, wird die Kritik nun umso lauter."

Kampagne gegen Neves

Auch gegen Aécio Neves wurden zahlreiche Angriffe gestartet. Neves würde die Sozialprogramme, die unter Lula und Rousseff gestartet wurden, wieder abschaffen, hieß es da oftmals, um so die Angst der Soziahilfebeziehenden zu schüren, die einen großen Teil der brasilianischen Wähler ausmachen.

Rousseff neben Wahlurne (Foto: AP Photo/Felipe Dana)
Rouseff ging in Porto Alegre wählenBild: picture-alliance/AP Photo/Felipe Dana

Rousseffs Wahlkampfteam setzte vor allem darauf, Neves altes Image als Playboy und Lebemann wieder in die Erinnerung der Wähler zu rufen. So sprach sie ihn in der letzten TV-Debatte auch darauf an, wie er einst im Auto von der Polizei angehalten wurde und er sich dem Alkohol-Test verweigerte. Lula bezeichnete Neves auf mehreren Wahlkampfveranstaltungen als "verwöhntes Papasöhnchen" und spielte damit auf seine wohlhabende und einflussreiche Politikerfamilie an.

So gespaltet das Land derzeit ist, in einem sind sich zumindest die meisten Brasilianer einig: So tief ist das Niveau noch nie gesunken. Und während sich die einen weiter über die angebliche Korruption Rousseffs empören, machen sich andere schon wieder einen Spaß aus den erhobenen Vorwürfen und ergänzen sie um weitere - kreative - Ideen:

"Verlorenes Flugzeug der Malaysia Airlines in Lulas Garage gefunden: 'Sie wussten alles'"