Auftakt zum Schleswig-Holstein Musik Festival
29. Juni 2018202 Konzerte wird es beim 33.Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) geben, nicht nur im Bundesland selbst, sondern auch im benachbarten Stadtstaat Hamburg, im Süden Dänemarks und im Norden Niedersachsens. Das toppt den Spielplan von 2017, wobei Festivalintendant Christian Kuhnt gegenüber der shz betonte: "Wir wollen keine Rekorde einstellen. Diese Zahl hat sich einfach ergeben."
Im Fokus: Der Romantiker Schumann
86 dieser Konzerte sind Robert Schumann gewidmet: Denn standen beim Festival einst Länderporträts im Fokus, sind es seit einigen Jahren Komponisten. In seinem Werk gebe es unendlich viel zu entdecken, so Kuhnt. "Nie konnten wir uns intensiver mit einem Komponisten auseinandersetzen. Beim Schumann-Schwerpunkt darf das Publikum das Unerwartbare erwarten."Das liegt auch an der ungewöhnlichen Biographie des Romantikers: Er war manisch-depressiv und verstarb 46-jährig in einer Heilanstalt für Geisteskranke. Und doch schuf er ein vielfältiges Werk in fast allen Genres. Teilweise spiegelt Schumanns Musik seine extremen Seelenlagen wider. Darüber hinaus war er ein begnadeter Schreiber und Musikjournalist, seine Schriften geben ein detailliertes Bild der damaligen Musikwelt wieder. So fällt es nicht schwer, Konzertprogramme mit und um Schumann zu erfinden - auch wenn er selbst es nie bis nach Schleswig-Holstein schaffte, sondern nur bis Hamburg kam. Ein Symposium und eine Ausstellung runden den Komponistenschwerpunkt beim SHMF ab.
Zu den Künstlern, die Schumann-Werke interpretieren werden, zählen unter anderem die japanische Geigerin Midori, der österreichisch-britische Pianist Sir András Schiff, der junge kanadische Pianist Jan Lisiecki und Elisabeth Leonskaja, eine russische Pianistin von inzwischen legendärem Rang. Hinzu kommen die Dirigenten Christoph Eschenbach, Sir Antonio Pappano, Paavo Järvi, Thomas Hengelbrock und Vladimir Jurowski sowie Ensembles wie das Artemis Quartett, Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen und die Klangkörper des Norddeutschen Rundfunks.
Unvergessen: Leonhard Bernstein
Neben Schumann stehen beim diesjährigen Schleswig-Holstein Musik Festival noch zwei weitere Künstler im Rampenlicht: die Klarinettistin Sabine Meyer und der Komponist und Dirigent Leonard Bernstein.
Im Gründungsjahr 1986 erhielt das junge SHMF durch den Weltstar Leonard Bernstein internationalen Glanz. Ein Jahr später gründete der Dirigent das Schleswig-Holstein Festival Orchestra, das sich seitdem jedes Jahr bei 30 Proben in Asien, Amerika und Europa immer wieder neu zusammensetzt. Diesmal spielen 120 junge Musiker aus 25 Nationen einen Sommer lang im Klangkörper mit und werden unter anderem Gustav Mahlers Erste Sinfonie unter der Leitung von Christoph Eschenbach aufführen.
Bernstein, der 1990 verstarb, wird in diesem Jahr besonders geehrt: Am 25. August, seinem 100. Geburtstag, führt die Sinfonie der Nationen unter dem damaligen Festival-Gründer Justus Frantz Beethovens Neunte Sinfonie auf – an dem Ort, wo Bernstein selbst einst sein Festivaldebüt feierte: in der Ostseehalle in Kiel.
Mit 2.000 Veranstaltungen auf sechs Kontinenten ist die Bernstein-Begeisterung im Jubiläumsjahr weltweit groß – auch in Schleswig-Holstein. Bei der musikalischen Lesung "Nachtgespräche" wird seine Tochter Jamie Bernstein private Erinnerungen an ihren Vater teilen. Auf dem Gelände der NordArt in Rendsburg-Büdelsdorf finden unter dem Titel "The Big Bernstein" drei Konzerte statt: Hier spielen der amerikanische Organist Cameron Carpenter, der österreichische Perkussionist Martin Grubinger – und Sabine Meyer. "Ich freue mich auf die besondere Atmosphäre, die dort herrscht", sagt die deutsche Klarinettistin. Ganze 19 Konzerte steuert Meyer mit eigens entwickelten Programmen zum SHMF bei. Dazu gehört auch ein Workshop für junge Klarinettisten.
Große Namen, großartige Konzerte
Zu den Klassik-Promis, die sich angesagt haben, zählen der deutsche Startenor Jonas Kaufmann und der lettisch-deutsche Violinist Gidon Kremer. Auch "Nichtklassiker" wie der amerikanische Jazzgitarrist Pat Metheny und die deutsche Songschreiberin Judith Holofernes sind mit von der Partie.
Mit 202 Konzerten an 64 Orten, einem Jahresetat von 10,4 Millionen Euro und 190.000 angebotenen Eintrittskarten zählt das Schleswig-Holstein Musik Festival zu den größten Klassikfestivals weltweit. Das Konzept, Weltstars an ungewöhnliche Spielorte auch in ländlichen Gebieten einzuladen, sorgte im Gründungsjahr 1986 sofort für Begeisterung und fand viele Nachahmer.
Zur Eröffnung des diesjährigen SHMF am 30. Juni spielen das NDR Elbphilharmonie Orchester und die Cellistin Sol Gabetta im Lübecker Musik- und Kongresszentrum Werke von Robert Schumann, Hector Berlioz und Edward Elgar. Dort geht das Mammut-Fest dann 37 Tage später am 26. August bei einer Gala mit der russischen Opern-Diva Anna Netrebko zu Ende.