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Politik

Scholz verwarnt London wegen Nordirland-Protokoll

11. Mai 2022

Für die britische Provinz Nordirland sind beim Brexit besondere Zollregeln vereinbart worden. Kanzler Scholz ermahnt Großbritannien nun eindringlich, daran nicht zu rütteln.

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Bundeskanzler Olaf Scholz und der belgische Premierminister Alexander De Croo in Berlin
Kanzler Scholz und Belgiens Regierungschef De Croo warnen den britischen Premier Johnson vor einseitigen SchrittenBild: Michael Sohn/AP/picture alliance

Bundeskanzler Olaf Scholz und der belgische Ministerpräsident Alexander de Croo haben die britische Regierung davor gewarnt, die beim Brexit vereinbarten Zollregelungen für die Provinz Nordirland aufzukündigen. "Niemand sollte die Regeln, die wir miteinander vereinbart haben, außer Kraft setzen oder brechen", sagte Scholz nach einem Gespräch mit De Croo in Berlin. Es handele sich um eine komplizierte Frage, bei der es nicht nur um die Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien gehe, sondern auch um eine friedliche Entwicklung in der Region.

Der Kanzler ergänzte, die EU-Kommission sei mit größtem Pragmatismus bereit, Probleme bei der Umsetzung des sogenannten Nordirland-Protokolls zu lösen. "Aber das sollte auch der Weg sein, den wir weiter gehen." Auch De Croo warnte London vor einseitigen Schritten: "Unsere Botschaft ist ganz klar: Rührt das nicht an. Das ist etwas, worauf wir uns geeinigt haben."

Großbritannien I Boris Johnson
Der britische Premier Boris Johnson hält nichts mehr vom Nordirland-Protokoll Bild: Matt Dunham/AP/picture alliance

Das Nordirland-Protokoll zum Austritt Großbritanniens aus der EU stellt sicher, dass es zwischen dem EU-Mitglied Republik Irland und Nordirland keine harte Grenze gibt. Damit sollen neue Konflikte zwischen Befürwortern und Gegnern einer Vereinigung beider Teile Irlands verhindert werden. Dafür werden Waren kontrolliert, die aus einem anderen Teil des Vereinigten Königreichs nach Nordirland gebracht werden.

EU will nicht neu verhandeln

EU-Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic machte deutlich, eine Neuverhandlung des sogenannten Nordirland-Protokolls stehe nicht zur Debatte. Darin sei sich die EU einig. Sefcovic warnte London ebenfalls davor, einseitige Schritte zu setzen.

Auch die irische Regierung in Dublin richtete mahnende Worte an den britischen Premierminister Boris Johnson. Vizeregierungschef Leo Varadkar sagte dem irischen Rundfunk RTÉ, es handele sich um einen internationalen Vertrag. London müsse seinen Verpflichtungen nachkommen.

Zuvor hatte die Zeitung "Times" berichtet, London wolle die Vereinbarung im Brexit-Abkommen außer Kraft setzen. Außenministerin Liz Truss sehe keinen Sinn mehr in Verhandlungen mit der EU, schrieb das Blatt. Johnsons Sprecher sagte, die Wahlen zum nordirischen Regionalparlament vergangene Woche hätten gezeigt, dass das Protokoll in seiner jetzigen Form nicht nachhaltig sei. Für den Fall einer einseitigen Aufkündigung durch die britische Regierung befürchten Beobachter einen erbitterten Handelskrieg zwischen London und Brüssel.

Nordirlands DUP mauert bei Regierungsbildung

In der früheren Bürgerkriegsregion Nordirland wird die Regierungsbildung durch den Streit gehemmt. Die protestantisch-unionistische DUP will nur mit der katholisch-republikanischen Partei Sinn Fein zusammenarbeiten, wenn das Protokoll aufgehoben wird. Sinn Fein war aus der Wahl als stärkste Kraft hervorgegangen. Sie setzt sich für eine Vereinigung mit Irland ein. Laut dem Karfreitagsabkommen von 1998 müssen sich die jeweils stärksten Parteien der beiden konfessionellen Gruppen auf eine Einheitsregierung einigen. 

Vizepräsidentin der Sinn Fein, Michelle O'Neill
Sinn Fein-Spitzenpolitikerin Michelle O'NeillBild: Peter Morrison/AP Photo/picture alliance

Sinn-Fein-Spitzenkandidatin Michelle O'Neill forderte den britischen Premier auf, Druck auf die DUP auszuüben. Die Menschen in Nordirland dürften nicht als Sündenbock für den Streit zwischen London und Brüssel herhalten, twitterte sie.

se/fw (dpa, rtr, afp)