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Politik

"Schreckliche Zeiten" für Burundis Presse

Antonio Cascais
22. Juli 2017

Vor einem Jahr verschwand der kritische Journalist Jean Bigirimana in Burundi spurlos. Die Regierung wiegelt ab, aber Kritiker sagen: Um die Pressefreiheit ist es im ostafrikanischen Krisenland schlecht bestellt.

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Ein Gebäude mit einem Schild "Iwacu", dahinter Palmen und ein Sendemast.
Die Redaktion der Zeitung Iwacu in BujumburaBild: DW/A. Niragira

Ein Jahr ist es mittlerweile her: Am 22. Juli 2016 verlässt der  37jährige Journalist Jean Bigirimana die Redaktion der unabhängigen Zeitung Iwacu in der Hauptstadt Bujumbura. Er wollte eine Dienstreise in das rund 40 Kilometer entfernte Städtchen Bugarama antreten. Nach unbestätigten Informationen wurde er auf dem Weg dorthin vom Geheimdienst festgenommen. Tatsache ist: Er kehrte nicht zurück.

Agnès Ndirubusa, Redakteurin bei der Zeitung Iwacu, beschreibt die Seelenlage unter den Kollegen: "Ein Jahr danach ist es für uns immer noch unfassbar, dass ein Freund einfach so weggeht und nicht zurückkommt", sagt sie der DW. "Wir verspüren nur noch Resignation. Wir stellen uns vor, was vorgefallen sein könnte und es läuft uns eiskalt den Rücken runter", so Ndirubusa. 

Medienkampagne für Bigirimana

Die Zeitung Iwacu ließ nicht locker: Kurz nach dem Verschwinden des Kollegen startete sie eine Kampagne für die Freilassung Bigirimanas, die auch international Aufmerksamkeit erregte. Man wollte nicht zulassen, dass die Regierung von Präsident Pierre Nkurunziza den Fall unter den Teppich kehrte. Immer wieder hatte Bigirimana den Staatsschef kritisiert. Der hatte sich 2015 trotz Verfassungsverbots für eine dritte Amtszeit als Präsident wählen lassen.

Präsident Nkurunziza steht auf einem offenen Wagen, umgeben von Soldaten
Kritiker werfen Präsident Nkurunzizas Regierung vor, hart gegen Journalisten vorzugehenBild: Reuters/E. Ngendakumana

Viele Beobachter führten das Verschwinden des Journalisten auf seine regierungskritische Arbeit zurück. Doch die Regierung wies von Anfang an jegliche Verantwortung weit von sich: Der Journalist sei mitnichten vom Geheimdienst festgenommen worden, sagte die Polizei. Gleichzeitig versicherten die Justizbehörden, dass der Fall gründlich aufgearbeitet werde.  

Leichen im Fluss

Zwei Wochen nach dem Verschwinden Bigirimanas werden mehrere Leichen in den Flüssen der Umgebung gefunden. Ein Team von Iwacu-Journalisten eilt zum Fundort und vermutet, eine der Leichen sei die ihres Kollegen. Die Polizei widerspricht sofort: Es handele sich nicht um die Leiche des Journalisten. Doch Menschenrechtsaktivisten sind skeptisch: Die gefundenen Leichen seien nicht gründlich untersucht, es seien weder Autopsien noch DNA-Tests vorgenommen worden. Stattdessen seien die Körper eilig verscharrt worden.

Eines ist sicher: Jean Bigirimana ist nicht der einzige Journalist und Menschenrechtsaktivist, der in den vergangenen zwei Jahren in Burundi verschwand. 

Marie-Claudette Kwizera von der burundischen Menschenrechtsgruppe Iteka wurde beispielsweise im Dezember 2015 in ein Auto des Geheimdiensts gezerrt und verschleppt. Auch sie verschwand spurlos. Auch in ihrem Fall habe die Regierung alle Schuld von sich gewiesen, sagt der Journalist und Rechtsanwalt Eddy Claude Nininahazwe im DW-Interview. "Es sind schreckliche Zeiten für regierungskritische Journalisten und Menschenrechtsaktivisten in Burundi" sagt Nininahazwe. Nicht nur im Fall Bigirimana sei er wütend auf die Justizbehörden. Immer wieder seien im Zuge der Ermittlungen Lügen verbreitet und Fakten unterdrückt worden.

Portraitbild von Teddy Mazina
Teddy Mazina ist ein scharfer Kritiker der burundischen RegierungBild: DW/D. Pelz

In Burundi sei es um die Pressefreiheit sehr schlecht bestellt, sagt auch der burundische Fotograf und Menschenrechtsaktivist Teddy Mazina im DW-Interview. Jean Bigiramana stehe symbolisch für ein Land, dass die Rechte kritischer Journalisten und Menschenrechtsaktivisten mit Füßen trete. Er glaube, dass Bigirimana ermordet worden sei, sagt Mazina. Ein Jahr sei vergangen, aber es habe keine Ermittlungen gegeben, die diesen Namen verdienen würden. "Ich weiß auch, dass Bigirimanas Frau und seine beiden Kinder von Burundi nach Ruanda fliehen mussten, nachdem sie mehrfach bedroht worden sind", so Mazina.

Bigirimanas Haus mit Blut beschmiert

Bigirimanas Frau Godeberte Haki Zimana lebt inzwischen im Nachbarland Ruanda. Im Exklusivinterview mit der DW bestätigt sie, dass sie in Burundi immer wieder terrorisiert und bedroht worden sei: "Sie haben die Tür unseres Hauses mit Blut beschmiert. Wir bekamen auch Drohbriefe. Darauf stand, dass ich von Ruanda aus die Ehre meines Lands verletzen würde und dabei sei, mein eigenes Grab zu schaufeln."

Burundis Regierung bleibt indes bei ihrer Version der Dinge. Weder der Geheimdienst noch andere der Regierung unterstehenden Stellen seien für das Verschwinden des Journalisten verantwortlich.

Journalisten mit Kameras und Notizblöcken bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Buumbura
Burundische Journalisten arbeiten unter schwierigen BedingungenBild: DW/J. Johannsen

"Als burundische Regierung bedauern wir das Verschwinden des Journalisten Bigirimana außerordentlich", betont der burundische Minister für Menschenrechte, Martin Mivyanbandi gegenüber der DW. "Alle kompetenten Instanzen wurden eingeschaltet und sie tun alles, um die Leiche des Journalisten, sollte er wirklich tot sein, ausfindig zu machen, oder um Informationen zum Fall zu bekommen", so Mivyanbandi.

Zugleich gibt der Minister zu, dass viele Journalisten seit dem Ausbruch der politischen Krise 2015 das Land verlassen haben. Man müsse aber die politische Lage berücksichtigen. Es habe viele Auseinandersetzungen gegeben, die ohne jegliche gegenseitige Toleranz ausgetragen worden seien. "Und hierbei haben die Journalisten ein unrühmliche Rolle gespielt. Viele der Medien haben sich als vollkommen überfordert und unreif erwiesen. Sie haben den Konflikt noch aufgebauscht und die Fakten manipuliert." Die Regierung arbeite jetzt daran, dass die Journalisten, die das Land verlassen hätten, nach Burundi zurückkommen und zur Aussöhnung im Lande beitragen, fügt Mivyanbandi hinzu. Das Angebot dürften derzeit aber nur wenige annehmen.

Mitarbeit: Antèditeste Niragira