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Schutz für Christen aus dem Nordirak?

Stephanie Höppner 9. August 2014

Den Verfolgten im Nordirak muss sofort geholfen werden. Das fordern Menschenrechtler. Denn die Situation derjenigen, die nicht die Ideologie der IS-Kämpfer teilen, ist dramatisch.

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Irakische Flüchtlinge in einer Kirche in Irbil (Foto: AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo

Hunderttausende sind im Nordirak auf der Flucht vor der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS), bis zu 30.000 Menschen sind im Gebirge eingekesselt - die Situation für die Minderheiten spitzt sich zu: Nach Augenzeugen-Berichten haben die Kämpfer die Stadt Karakosch eingenommen, die meisten der rund 50.000 Einwohner sind Christen aus der syrisch-katholischen oder syrisch-orthodoxen Kirche. Die Extremisten marschierten auch nach Sindschar ein, wo die Minderheit der Jesiden lebt. 500 Männer wurden laut einer Sprecherin der Jesiden getötet. Bis zu 30.000 Familien sollen sich ohne Vorräte und Wasser im Sindschar-Gebirge aufhalten. Mindestens 40 Kinder starben nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) bereits an Dehydrierung.

Die Menschen flüchten meist zu Fuß, um in die Kurdengebiete bei Dohuk und Erbil zu kommen - unter ihnen auch Alte, Schwangere und Kinder. Ihre Autos mussten sie meist an den Kontrollpunkten zurücklassen. Zuvor hatten IS-Truppen auch die christliche Ortschaft Tal Kaif besetzt, auch dort flohen die meisten Menschen in die kurdische Provinz. Die US-Luftwaffe fliegt nun erste Angriffe gegen die Dschihadistengruppe, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern und den Vormarsch der Extremisten zu stoppen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) kündigte an, die humanitäre Soforthilfe um 2,9 Millionen Euro zu erhöhen.

Propagandabild IS-Kämpfer. (Foto: picture-alliance)
Propagandabild der Truppen "Islamischer Staat": für Minderheiten eine tödliche BedrohungBild: picture-alliance/abaca

Luftangriffe und humanitäre Hilfe

Auch Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) verurteilte im Gespräch mit der DW die Terrorgruppe: "Es muss es einen weltweiten Aufschrei über dieses unsägliche und menschenverachtende Vorgehen geben." Gleichzeitig sei Deutschland gefordert, mehr zu tun und verstärkt verfolgte Christen aufzunehmen. Schnelle Hilfe soll durch bessere Kooperation mit Hilfsorganisationen gewährleistet werden. "Es müssen Möglichkeiten gefunden werden, wie diese Flüchtlinge schnell in sichere Länder und nach Deutschland kommen können."

Der Hilfsorganisation Pro Asyl gehen diese Forderungen noch nicht weit genug. "Man sollte jetzt dran denken, überhaupt ein Aufnahmeprogramm für Iraker - ähnlich dem für Syrer - aufzulegen", sagte Sprecher Bernd Mesovic. "Wir haben lange gebraucht, bis syrische Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen wurden." Erst im Juni , nachdem Millionen Syrer bereits auf der Flucht waren, hatte die Innenministerkonferenz in Bonn angekündigt, weitere 10.000 Syrer aufzunehmen. Doch noch immer ist erst ein Bruchteil in der Bundesrepublik angekommen - zu hoch sind die bürokratischen Hürden, die sich auf dem Weg nach Deutschland auftürmen. Teilweise fehlen bereits für eine Ausreise die passenden Papiere. Diese Erfahrung sollte sich für die Verfolgten aus dem Nordirak nicht wiederholen.

"Hilfe nötig"

Flüchtlinge nicht den Schleusern überlassen

"Man sollte sich frühzeitig auf so eine Aufnahmeaktion vorbereiten - und auch die Erstaufnahmestaaten entlasten", sagte Mesovic. Länder wie Jordanien und Libanon, die bereits einen großen Flüchtlingsansturm aus Syrien zu bewältigen hatten, seien nun weitaus weniger bereit für eine Aufnahme Hilfsbedürftiger aus dem Irak. Derzeit leben jetzt schon 1,1 Millionen syrische Flüchtlinge im Libanon, 60.0000 in Jordanien.

Bereits im Erstaufnahmeland müsste ein unbürokratisches Verfahren anlaufen, denn je länger die Verfolgten in einer verzweifelten Lage seien, desto eher entschlössen sie sich für eine riskante Weiterflucht auf eigene Faust. "Ich sag es jetzt mal zugespitzt: Syrische Flüchtlinge, für die es zu lange dauert, kratzen ihr Geld zusammen und kaufen sich bei einem Schleuser für ein Flüchtlingsboot in der Ägäis ein - mit dem großen Risiko zu Tode zu kommen oder nach der Ankunft direkt inhaftiert zu werden." Eine Befürchtung, die auf erschreckenden Zahlen fußt: Seit dem Jahr 2000 sind laut einer Recherche der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) etwa 23.000 Menschen in dem Versuch nach Europa zu gelangen, gestorben.