Schweigeminuten für Germanwings-Opfer
24. März 2017Zur Zeit des Absturzes um 10.41 Uhr versammelten sich rund 1200 Schüler, 100 Lehrer und rund weitere 300 Bürger auf dem Schulhof des Joseph-König-Gymnasiums im westfälischen Haltern zu Schweigeminuten. Weiße Rosen erinnerten an die 16 Schüler und zwei Lehrerinnen, die unter den 150 Toten waren. In der ganzen Stadt läuteten die Kirchenglocken. Auch die Eltern von vier getöteten Schülern waren auf den Schulhof gekommen.
"Die Erinnerung hat einen festen Platz an unserer Seite."
"Wir haben sie nicht vergessen und wir werden sie nicht vergessen", sagte Schulleiter Ulrich Wessel. "Die Erinnerung hat einen festen Platz an unserer Seite." Die Schüler und Lehrerinnen der Schule waren auf dem Rückflug von einem Schüleraustausch in Spanien. Das Flugzeug war am 24. März 2015 um 10.41 Uhr zerschellt. Nach Überzeugung der Ermittler hatte der psychisch kranke Copilot Andreas Lubitz die Maschine absichtlich gegen einen Berg in den südfranzösischen Alpen fliegen lassen.
Auch in den französischen Alpen in der Nähe des Absturzortes wurde der Opfer gedacht. In der Kathedrale der Alpenstadt Digne-les-Bains kamen rund 500 Angehörige zu einer ökumenischen Trauerzeremonie mit Schweigeminute zusammen. Anschließend soll in dem Dorf Le Vernet, das der Absturzstelle am nächsten liegt, ein neues Denkmal eingeweiht werden. Die Angehörigen können danach auch den Ort besuchen, an dem der Germanwings-Airbus auf einen Berg prallte.
Umstrittene Pressekonferenz
Zeitgleich gab der Vater des Copiloten eine umstrittene Pressekonferenz. Günter Lubitz rechtfertigte den Zeitpunkt der Pressekonferenz auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Crash. Die Reaktionen wären die gleichen gewesen, "egal welchen Tag wir gewählt hätten". Der Familie sei es darum gegangen, Gehör zu bekommen. "Wie alle anderen Angehörigen sind wir auf der Suche nach der Wahrheit." Sein Sohn habe zum Zeitpunkt des Absturzes nicht an Depressionen gelitten. Ein Anwalt, der die Hinterbliebenen von 42 Opfern vertritt, hatte die geplante Pressekonferenz der Familie als "unverantwortlich" und "geschmacklos" bezeichnet.
Günter Lubitz sieht seine Familie in einer speziellen Trauersitation. "Wir müssen damit leben, dass wir nicht nur unseren Sohn und Bruder verloren haben", sagte er. Die Familie müsse damit leben, dass ihr Sohn schon zwei Tage nach dem Absturz als Verantwortlicher galt.
Flugexperte zieht Untersuchungsergebnisse in Zweifel
Der Flugunfallexperte Tim van Beveren, der ebenfalls an der Pressekonferenz teilnahm, zieht die Ergebnisse des Untersuchungsberichts zum Absturz in Zweifel. Die Ermittler hätten sich schon nach 48 Stunden auf eine Absturzursache festgelegt. "Etwas Vergleichbares habe ich in den vergangenen 25 Jahren nicht erlebt."
Es sei nicht klar, wer zum Zeitpunkt des Absturzes der Germanwings-Maschine im Cockpit saß, sagte van Beveren. Es sei nicht zweifelsfrei erwiesen, dass der Copilot den Airbus absichtlich gegen den Berg gesteuert und zuvor habe er den Flugkapitän ausgesperrt habe.
Er kritisierte zudem, dass bei den Ermittlungen zur Unfallursache nur Ingenieure eingesetzt worden seien, aber keine "Human Factor"-Experten, die darauf spezialisiert seien, den Faktor Mensch zu analysieren. Diese könnten beispielsweise aus Stimmenrekorder- und Funk-Aufzeichnungen auf Stress schließen.
cr/myk (dpa, afp)