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SNB-Chef verteidigt "Franken-Schock"

17. Januar 2015

Die Entkopplung des Schweizer Franken vom Euro hat heftige Reaktionen auf den Märkten ausgelöst. Die langfristigen Konsequenzen sind noch unklar. Die Schweizer Nationalbank verteidigt den Schritt.

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Symbolbild Euro Franken
Bild: picture-alliance/dpa/Berg

Der Präsident der Schweizer Nationalbank (SNB), Thomas Jordan, sieht in den heftigen Marktbewegungen nach der Aufhebung des Mindestwechselkurses für den Schweizer Franken eine Überreaktion. In einem von den Zeitungen "Neue Zürcher Zeitung" und "Le Temps" veröffentlichten Interview sagte Jordan, der Franken sei gegenüber dem Dollar stark überbewertet. Der Markt werde "nach und nach" feststellen, dass diese Überbewertung "nicht gerechtfertigt" sei. Es werde aber "einige Zeit" dauern, bis die Märkte zu "geordneten Verhältnissen" zurückkehrten.

Exportorientiert Unternehmen befürchten Einbußen

Nach der Aufhebung des Mindestwechselkurses am Donnerstag war der Kurs des Franken gegenüber anderen Devisen in die Höhe geschossen. Damit wurden Schweizer Waren in anderen Ländern mit einem Schlag teurer. Besonders mittelständische Unternehmen in der Schweiz reagierten mit Unverständnis und Verärgerung auf die SNB-Entscheidung. Vor allem exportorientierte Unternehmen befürchten schwere Einbußen. Der Nationalbankpräsident wies die Kritik zurück: Die Franken-Freigabe habe zwar nun für viele "schmerzhafte Folgen", und es gebe "Unmut", aber irgendwann hätte der Mindestkurs ohnehin wieder aufgehoben werden müssen.

Banken mit hohen Verlusten

Angesichts eines anhaltenden Höhenflugs des Franken hatte die SNB 2011 die Notbremse gezogen und den Mindestwechselkurs von 1,20 Franken für einen Euro festgelegt. Dies hatte es Schweizer Unternehmen erlaubt, von ausländischen Käufern feste und nicht zu hohe Preise zu verlangen. Der in einer "Phase extremer Verwerfungen" eingeführte Mindestkurs zum Euro habe der Schweiz "große Dienste" erwiesen, betonte Jordan. Dadurch sei ein Teil der "massiven Überbewertung" des Franken korrigiert worden. Die Wirtschaft habe Zeit bekommen, sich auf einen starken Franken einzustellen. Er vertraue darauf, "dass die Wirtschaft jetzt nicht überreagiert", fügte Jordan hinzu.

Die radikale Entscheidung der SNB hat laut einem Zeitungsbericht auch der Deutschen Bank massive Verluste eingebrockt. Etwa 150 Millionen Dollar (130 Mio Euro) Einbußen stünden Deutschlands größtem Geldhaus bevor, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf eingeweihte Kreise. Dem US-Bankenriesen Citigroup würden Verluste in gleicher Größenordnung entstehen. Auch die britische Großbank Barclays und einige Hedgefonds sollen kräftig Geld in den Sand gesetzt haben.

Ansturm von Einkaufstouristen

Die Aufwertung des Schweizer Franken löste derweil einen Ansturm von Einkaufstouristen in der Grenzregion in Baden-Württemberg aus. Vor einem großem Shoppingcenter im südbadischen Weil am Rhein etwa bildeten sich lange Staus mit Schweizer Autofahrern. Für die Schweizer ist das Einkaufen in Deutschland besonders günstig geworden, weil der Franken zum Euro mehr wert geworden ist. Nach Angaben des Center-Managers in Weil am Rhein, Günther Merz, kaufen täglich 34.000 Menschen dort ein, davon 60 Prozent Schweizer. Die Basler Verkehrsbetriebe setzten am Samstag mehr Straßenbahnen ein, um den Verkehr zu entlasten. Lange Schlangen gab es in der Grenzregion im Südwesten auch vor Wechselstuben.

cr/qu (dpa, afp)