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Schwere Dopingvorwürfe gegen Russland

Stefan Nestler3. Dezember 2014

Das ARD-Fernsehen berichtet über systematisches Doping in Russland. Nach den Recherchen sind nicht nur Trainer und Sportler verwickelt, sondern auch die russische Anti-Doping-Agentur und staatliche Stellen.

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Russische Flaggen beid er Abschlussfeier der Winterspiele von Sotschi. Foto: Getty Images
Bild: Getty Images/D. Pensinger

"Man kann seine Ziele nicht ohne Doping erreichen. Du musst dopen, so läuft es in Russland", sagte Vitaliy Stepanov der ARD. Stepanov war drei Jahre lang Angestellter der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA und beriet auch den damaligen Generaldirektor der Behörde. Wenn es positive Tests gegeben habe, so Stepanov, seien Regierungsvertreter vorstellig geworden. "Wenn es ein unbekannter Sportler war, dann war der Test halt positiv. Aber wenn es jemand Berühmtes oder eine junge Medaillenhoffnung war, dann war es ein 'Fehler' und es wurde nicht weiter verfolgt. Ich bekam ganz klar mit, dass Offizielle versucht haben sicherzustellen, dass einige Athleten erst gar nicht getestet wurden." Es habe sich unter anderen um Schwimmer, Radfahrer, Biathleten, Leichtathleten, Gewichtheber und nordische Skisportler gehandelt. Die Diskuswerferin Jewgenia Pescherina sagte vor der Kamera: "Die meisten Athleten dopen, der größte Teil, 99 Prozent. Und man bekommt alles. Je kürzer nachweisbar, desto teurer das Präparat."

800-Meter-Olympiasiegerin von London gedopt?

Auch Stepanovs Ehefrau Yuliya Stepanova, eine derzeit wegen Dopings gesperrte 800-Meter-Läuferin der Weltklasse, klagt das russische Sportsystem des großflächigen Dopings an: "Das wird den Trainern eingehämmert und die Trainer hämmern es den Athleten ein. Und wenn einer erwischt wird, schmeißen sie den Sportler weg und nehmen einen neuen." Steponava hat dem ARD-Team zahlreiche Audio- und Videoaufnahmen zur Verfügung gestellt, die sie heimlich aufgezeichnet hat. Nach Angaben der ARD bestätigen sie, dass Alexey Melnikov, einer der Cheftrainer der russischen Leichtathleten, und Sergey Portugalov, der führende Sportmediziner Russlands, in die Vergabe von Dopingmitteln und die Vertuschung positiver Dopingproben verwickelt sind.

In einem der WDR-Dopingredaktion zugespielten Handyvideo berichtet auch die 800-Meter-Olympiasiegerin von London 2012, Mariya Savinova, über ihre Dopingpraktiken, etwa die Einnahme des verbotenen anabolen Wirkstoffes Oxandrolon. Ihr Trainer Vladimir Kazarin wird gezeigt, wie er Oxandrolon-Tabletten an eine andere Athletin gibt. Melnikov, Portugalov, Savinova und Kazarin beantworteten Anfragen der ARD nicht.

800-Meter-Olympiasiegerin Savinova (l.) und Trainer Kazarin bei den Spielen in London. Foto: Getty Images
Olympiasiegerin Savinova (l.) und Trainer KazarinBild: Getty Images/S. Lecka

WADA: "Schockierend und menschlich enttäuschend"

Liliya Shobukhova, eine der besten Marathonläuferinnen der Welt, behauptete gegenüber den ARD-Journalisten, dass sie sich ihren Start bei den Olympischen Spielen 2012 in London erkauft habe. Sie habe auf Anweisung von Trainer Melnikov 450.000 Euro an russische Funktionäre gezahlt. Zu diesem Zeitpunkt lagen dem russischen Verband bereits ihre extrem auffälligen Blutwerte der Jahre 2009 bis 2011 vor, die der Leichtathletik-Weltverband IAAF als Dopingverstoß gewertet hatte.

"Die Kombination all dieser Dinge ist fürchterlich schockierend, viele Einzelheiten sind auch menschlich enttäuschend", sagte David Howman, Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Die Dinge müssten "furchtlos" untersucht und die Informanten beschützt werden.

sn/asz (dpa, sid, WDR)