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PolitikEuropa

Schächtverbot könnte gegen EU-Recht verstoßen

10. September 2020

Dürfen Juden und Muslime in der EU Tiere gemäß ihren religiösen Vorschriften ohne Betäubung schlachten? Der Europäische Gerichtshof muss darüber entscheiden. Es könnte darauf hinauslaufen, dass es Ausnahmen geben muss.

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Frankreich Schlachthof Bordeaux - Schlachten für islamisches Opferfest
Das Schlachten ohne Betäubung erfolgt nach jüdischen oder muslimischen RitenBild: picture-alliance/dpa/PHOTOPQR/SUD OUEST/K. Alexandre

Im Streit über ein Verbot ritueller Schlachtung ohne Betäubung zeichnet sich am Europäischen Gerichtshof eine Vorentscheidung ab. Generalanwalt Gerard Hogan erklärte ein Verbot solcher Praktiken in Luxemburg für unvereinbar mit dem EU-Recht. Zwar lasse sich nicht leugnen, "dass die Bewahrung der religiösen Riten der Schlachtung von Tieren nur schwer mit modernen Tierschutzvorstellungen vereinbar sei". Doch der europäische Gesetzgeber habe im Sinne der Religionsfreiheit eine Ausnahme vorgesehen.

Der EuGH könne nicht zulassen, dass Mitgliedstaaten im Namen des Tierschutzes Maßnahmen ergriffen, durch die bestehende Ausnahmeregelungen zugunsten bestimmter religiöser Anhänger "inhaltlich entwertet" würden. Die geltenden Regeln seien Ausdruck des Einsatzes der Union für eine "tolerante, pluralistische Gesellschaft", in der es unterschiedliche und bisweilen gegensätzliche Ansichten und Überzeugungen gebe, die miteinander in Einklang gebracht werden müssten.

Endgültig entscheiden über ein Schächtverbot müssen die Richter des EuGH. Damit wird in ein paar Wochen gerechnet. Das Gutachten des Generalanwaltes ist Grundlage für ihr Urteil. Oft folgen die Richter dem Gutachten, sind allerdings nicht daran gebunden.

Schächtverbot im belgischen Flandern

Anlass ist ein politisch hoch brisanter Rechtsstreit in Belgien. Dort hatte die Region Flandern vor drei Jahren ein Verbot des betäubungslosen Schlachtens auch für religiöse Gemeinschaften erlassen. Dagegen klagten jüdische und muslimische Vereinigungen, bis der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof landete. Denn zum Thema Schlachtung gibt es eine EU-Verordnung, die im Zweifel das Recht der Mitgliedstaaten bricht.

Frankreich Schlachthof Bordeaux - Schlachten für islamisches Opferfest
Beim Schächten werden den Tieren die Halsschlagadern sowie die Luft- und Speiseröhre durchtrenntBild: picture-alliance/dpa/PHOTOPQR/SUD OUEST/K. Alexandre

Das Schächten ist eine in Islam und Judentum vorgeschriebene rituelle Schlachtmethode, die den Verzehr von unblutigem Fleisch ermöglicht. Dabei werden den Tieren die Halsschlagadern sowie die Luft- und Speiseröhre mit einem Schnitt durchtrennt. Auf eine Betäubung wird verzichtet, so dass das zuckende Tier wegen des noch aktiven Kreislaufs vollständig ausbluten kann. Der Genuss von Blut ist in beiden Religionen verboten. In Deutschland ist das Schächten mit Blick auf die Religionsfreiheit unter Auflagen erlaubt.

Muslime berufen sich beim Schächten auf Aussagen von Koran und Prophetenüberlieferung. Das zu schlachtende Tier muss mit dem Kopf Richtung Mekka gedreht werden. Der Schächter spricht beim Schlachten die Formel "Im Namen Allahs". Werden die Vorschriften eingehalten, ist es nach muslimischem Recht gleichgültig, ob ein Muslim, Jude oder Christ schlachtet. Im Judentum sagt der Schächter bei jedem Schritt der Schlachtung einen Segensspruch.

cwo/rb (epd, kna, dpa)