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Advent, Advent, Carácas brennt

Jan D. Walter13. November 2013

Advent, Advent, Carácas brennt: Venezuelas Präsident Nicolás Maduro ruft im November das Weihnachtsfest aus. Doch das Plätzchenbacken fällt wohl aus, denn Mehl ist derzeit Mangelware in den Supermärkten des Landes.

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Venezuelas Präsident Nicolas Maduro umringt von Menschen (Foto: LEO RAMIREZ/AFP/Getty Images)
Bild: Leo RamirezAFP/Getty Images

Die Idee, der Inflation mit staatlich angeordneten Preisdeckelungen zuleibe zu rücken, ist nicht neu. Noch Anfang des Jahres scheiterte Nicolás Maduros Amtskollegin Cristina Kirchner in Argentinien bei diesem Unterfangen. Dennoch versucht sich nun Venezuelas Präsident an dem gleichen Rezept: Am Wochenende (09.11.2013) ließ Maduro unter dem Vorwurf der Preisspekulation Geschäfte der Elektronikkette "Daka" besetzen und ordnete den Verkauf der Güter zu einem "gerechten Preis" an.

Der Präsident hatte seine Ansprache kaum zu Ende gebracht, da begann der große Sturm auf die Geschäfte. Hamsterkäufe und Plünderungen waren die Folgen. Kurz darauf kündigte Präsident Nicolás Maduro unbeirrt weitere Preiskontrollen und eine gesetzliche Gewinndeckelung für Privatunternehmen an. Mit den radikalen Eingriffen will Maduro die galoppierende Inflation von mittlerweile rund 50 Prozent unter Kontrolle bringen.

Denn laut Maduro führe die Privatwirtschaft einen stillen Krieg gegen die Regierung. Der Präsident macht vorrangig Unternehmer für die anhaltende wirtschaftliche Krise im Land verantwortlich.

Leere Supermarktregale in Venezuela (Foto: LEO RAMIREZ/AFP/Getty Images)
Leere Regale: Milch, Zucker und Mehl sind in Venezuela MangelwareBild: LEO RAMIREZ/AFP/Getty Images

Weihnachten gegen Weltschmerz

Je größer die Krise, desto größer scheinen auch die Bemühungen Maduros um das Glück seiner Landsleute. Ende Oktober entschloss er sich zu einem ungewöhnlichen Schritt und rief das "Vize-Ministerium für Höchstes Soziales Glück des Volkes" ins Leben.

Den ersten Coup landete die neue Behörde bereits Anfang November, als sie die Vorverlegung des Weihnachtsfestes 2013 verkündete, um, wie Maduro erläuterte, dem Volk Bitterkeit zu nehmen. Denn seit Monaten fehlt es im Land an grundlegenden Dingen. 50 Millionen importierte Rollen Klopapier wurden Mitte des Jahres zum Symbol der Mangelwirtschaft. Doch in den Supermärkten fehlen auch Grundnahrungsmittel wie Milch, Zucker und Mehl.

Frau beladen mit Einkaufstüten (Foto: AP Photo/Fernando Llano, File)
Wenn frische Ware kommt, kaufen die Venezolaner, was sie tragen könnenBild: picture alliance / AP Photo

Jahrelange Misswirtschaft

Für viele Beobachter ist der akute Mangel eine Folge der jahrelangen Misswirtschaft der Sozialistischen Einheitspartei Venezuelas (PSUV). Als diese mit ihrem Anführer Hugo Chávez Ende der 1990er-Jahre an die Macht kam, gehörte Venezuela aufgrund seines Erdölvorkommens zu den wohlhabenden Ländern Lateinamerikas. Doch nur die Elite der rund 28 Millionen Einwohner hat von dem Reichtum der Petro-Dollars profitiert.

Genau dies wollte Chávez ändern und konnte sich deshalb der Stimmen seiner unzufriedenen Landsleute sicher sein. "Er verteilte großzügige Geschenke", erklärt Stefan Rinke, Historiker am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin: "Das Geld wird auch heute regelrecht verprasst: Anstatt es zielführend anzulegen, um die Wirtschaft voranzubringen und den Reichtum systematisch umzuverteilen, wird es mit patriarchalischem Wohlfahrtsgestus an die Armen verteilt."

Schwarze Flammen schlagen aus der Raffinie (Foto: AP Photo/Abisaid Cermeno)
Marode Ölwirtschaft: Im August 2012 brannte Venezuelas größte RaffinerieBild: dapd

Chávez' Wunschnachfolger Nicolás Maduro, der nach Chávez Tod im April zum Präsident gewählt wurde, hat dieses Modell übernommen. Der Graben zwischen sozialistischen Regierungsplänen und venezolanischem Alltag wird allerdings immer tiefer. Außerdem überraschte die Regierung nicht nur mit der Datumsänderung des Weihnachtsfestes, sie verpflichtete sich auch 600.000 Spielzeuge auf den Markt zu bringen.

Dollarkurs schießt nach oben

Ein Politologe aus Carácas, der anonym bleiben möchte, erklärt, wie dies in der Praxis funktioniert: "Die Regierung schustert den entsprechenden Firmen Devisen zu, mit denen sie die Waren einkaufen können." Denn auch US-Dollars sind mittlerweile knapp. Während die Regierung am offiziellen Wechselkurs von 6,3 Bolívares pro Dollar festhält, wird auf dem Schwarzmarkt teilweise das Zehnfache gezahlt. Die Seiten im Internet, die über die Höhe des Wechselkurses informieren, sind verboten.

In der Bevölkerung kommt der Präsident zunehmend schlechter an. "Selbst in den ärmeren Vierteln wächst der Zweifel daran, dass Maduro die Probleme lösen kann", so der Politikwissenschaftler aus Carácas. Er rechnet daher in absehbarer Zeit mit einem Führungswechsel innerhalb der Regierungspartei.