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Politik

Seehofer warnt vor neuer Flüchtlingskrise

6. Oktober 2019

Bundesinnenminister Seehofer fordert mehr Solidarität der EU-Staaten in der Flüchtlingspolitik. Andernfalls könnten bald noch mehr Flüchtlinge nach Europa kommen als 2015, sagte er in einem Interview.

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Deutschland Horst Seehofer in Erding
Bild: picture-alliance/Sven Simon

"Wir müssen unseren europäischen Partnern bei den Kontrollen an den EU-Außengrenzen mehr helfen", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer der "Bild am Sonntag", und fügte hinzu: "Wir haben sie zu lange alleine gelassen." Sollte es diese Hilfe nicht geben, "werden wir eine Flüchtlingswelle wie 2015 erleben - vielleicht sogar noch eine größere als vor vier Jahren", zeigte sich der CSU-Politiker überzeugt.

Gemeinsam mit der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) werde er "alles dazu beitragen, dass sich das nicht wiederholt", erklärte Seehofer zugleich. Dazu habe er "volle Unterstützung" von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Zudem forderte Seehofer die Mitgliedsstaaten der EU auf, mehr für die Türkei zu tun. "Die Türkei leistet bei der Aufnahme von Flüchtlingen sehr viel", sagte er der "Welt am Sonntag". Deswegen wolle er "die Zusammenarbeit mit der Türkei weiter stärken". Auf die Frage, wie viel Geld Ankara über die sechs Milliarden hinaus erhalten soll, die die EU im Rahmen des Flüchtlingspakts von 2016 zu zahlen versprochen hat, sagte Seehofer: "Diese Entscheidung kann ich als deutscher Innenminister nicht allein treffen." 

Deutlicher Anstieg der Flüchtlingszahlen

Seehofer hatte in den vergangenen Tagen Griechenland und die Türkei besucht und beiden Ländern mehr Unterstützung bei der Bewältigung der Migration zugesichert. Sowohl die Türkei als auch Griechenland seien an der EU-Außengrenze seit Jahren stark belastet, die Anzahl der Zuwanderer dort habe sich massiv erhöht, betonte er auf seiner Reise.

Migranten in Griechenland
Migranten auf einer Fähre in LesbosBild: picture-alliance/AP Photo/M. Varaklas

Laut "Welt am Sonntag" liegt die Zahl der Flüchtlinge, die bis Ende September dieses Jahres über die Türkei in die EU gekommen sind, bereits bei 46.546. Die Zeitung beruft sich auf einen internen und vertraulichen Bericht der EU-Kommission. Dies bedeute einen Anstieg um 23 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Laut Prognose der griechischen Regierung würden bis Jahresende weitere 25.000 Migranten erwartet.

Erdogan droht der EU

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte zuletzt gedroht, den Flüchtlingen die Türen Richtung Europa zu öffnen, sollte von dort nicht mehr finanzielle Unterstützung kommen. Gleichzeitig forderte er Hilfe für die Einrichtung einer sogenannten Sicherheitszone in Nordsyrien. Die Türkei hatte 2016 mit der Europäischen Union einen Flüchtlingspakt geschlossen, der dem Land unter anderem Milliardenhilfen für die Flüchtlingshilfe zusichert.

Nordsyrien l USA und Türkei starten gemeinsame Patrouillen
Türkische und US-Truppen nach einer gemeinsamen Patrouille entlang der geplanten SicherheitszoneBild: Reuters/M. Sezer

Erdogan will in Nordsyrien eine Sicherheitszone für zwei Millionen Menschen einrichten. Mit internationaler Hilfe sollen dort 140 Dörfer gebaut werden. Für die Finanzierung werde ein internationales Gebertreffen organisiert, sobald das Gebiet von "terroristischen Gruppen befreit" worden sei, sagte er kürzlich im Parlament in Ankara.

USA lassen Frist verstreichen

Die Türkei wünscht sich an der syrisch-türkischen Grenze seit langem eine Zone unter ihrer alleinigen Kontrolle - zunächst, weil die kurdische Miliz YPG dort Gebiete kontrolliert. Die Türkei betrachtet die YPG als Terrororganisation.

Die USA, die in Syrien mit der YPG gegen die Terrormiliz IS kämpfen, hatten zugesichert, bei der Einrichtung der Zone zu helfen - auch, um eine lange angekündigte Offensive der Türkei auf die kurdischen Alliierten zu verhindern. Eine von Erdogan gesetzte Frist bis Ende September ist mittlerweile verstrichen. In den vergangenen Tagen drohte Erdogan wiederholt mit einem Einmarsch in das Gebiet.

gri/nob (dpa, kna, epd)