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Kunst

Rekordpreis für "Seerosen" von Claude Monet

13. Mai 2021

Ein Seerosen-Gemälde wurde bei Sotheby's für 70,4 Millionen Dollar versteigert. Laut Auktionshaus ein Top-Preis für ein Lieblingsmotiv des Impressionisten.

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Ausschnitt von Claude Monets Gemälde zeigt Seerosen im impressionistischen Malstil.
58,3 Millionen Euro für Monets Seerosen aus dem eigenen GartenBild: Sotheby's/PA Media/dpa/picture alliance

Sie sind ein Mythos und mehr noch: der Stolz der französischen Nation: Claude Monets Seerosen-Gemälde. Er malte die "Nymphéas", wie die Wassergewächse auf Französisch heißen, zahlreiche Male. Dazu setzte sich der weltberühmte Impressionist einfach in seinen Garten in Giverny, einem kleinen Dorf an der Grenze zur Normandie, 70 Kilometer von Paris entfernt. Der Garten war seine Obsession, eine Quelle seiner Inspiration und sein Rückzugsort während des Ersten Weltkriegs. Wer dieses Naturwunder heute besucht, glaubt sich im Garten Eden. Es ist ein botanisches Paradies, bestehend aus einem Zier- und einem Wassergarten mit eben dem berühmten Seerosenteich, das der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Monet pflanzte eine Vielzahl von Blumen und Bäumen, zum Teil auch exotische Pflanzen, die in Frankreich zu Beginn des 20. Jahrhunderts gerade erst bekannt wurden. Doch die Seerosen lagen dem Maler besonders am Herzen; so soll er immer dafür gesorgt haben, dass alles Moos und Gras sofort entfernt wurde, damit das Wasser das Licht besonders schön reflektieren konnte. Monet hatte ein halbes Dutzend Gärtner angestellt, einer von ihnen war einzig und allein mit der Pflege und Inszenierung der Seerosen betraut. Marcel Proust, Autor des Epos "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit", vermutete dahinter die Absicht, Wirkung zu erzielen, "die nicht ganz der Natur entspricht, weil er (der Garten) so angelegt wurde, dass nur die Blumen mit passenden Farben gleichzeitig blühen sollten". Er nannte ihn einen "Farbgarten", einen "Kunstgarten".

Claude Monets Seerosenteich in voller Blüte vor seinem Haus in Giverny.
Der Garten in Giverny empfängt heutzutage Besucher aus aller Welt Bild: Mustafa Yalcon/AA/picture alliance

Monet fand die Motive im Garten von Giverny

Ab den 1890er-Jahren begann Claude Monet, Seerosenbilder zu malen - ein Motiv, das ihn bis zu seinem Tod 1926 beschäftigen sollte. Wenn er am Teich saß, malte er oft mehrere Bilder gleichzeitig, indem er die Staffeleien nebeneinander aufstellte und fast wie am Fließband arbeitete.

Zwei Männer halten das Gemälde "Seerosenteich" bei Sotheby's in New York. Sie tragen weiße Handschuhe.
Präsentation des "Seerosenteichs" bei Sotheby's in New YorkBild: Sotheby's/PA Media/dpa/picture alliance

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, zog sich der Maler ganzjährig nach Giverny zurück. Er war 74 Jahre alt und beschloss, ein Seerosen-Meisterwerk zu schaffen: einen gigantischen mehrteiligen Seerosen-Zyklus.

Malen als patriotische Pflicht

Er selbst sprach von einer "Großen Dekoration", die vom Leid des Krieges ablenken sollte. Für die gigantischen Leinwände wurde eigens ein neues Atelier in Giverny gebaut. Monet installierte sie beim Malen auf Rollwagen, um sie hin- und herschieben zu können. Am Tag nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 schenkte Monet dem französischen Staat zwei großformatige Seerosen-Werke. Auf Betreiben des französischen Staatsmannes Georges Clemenceau, eines engen Freundes, ließ sich Monet später auf acht Werke hochhandeln, nachdem ihm versprochen worden war, dass die Bilder künftig unter Tageslichtbedingungen präsentiert werden sollten. Alle Bilder zusammen messen nebeneinander über 100 Meter. Dieses Versprechen einzulösen, erwies sich allerdings als gar nicht so leicht. Erst 1927, wenige Monate nach seinem Tod, wurde Clemenceau den Vorgaben von Claude Monet gerecht: Die Seerosen fanden im Musée de l'Orangerie im Tuilerien-Garten mitten in Paris eine endgültige und perfekte Heimat.

Eine Besucherin steht vor einem Seerosen-Gemälde in der Orangerie in Paris und macht ein Foto.
Die Orangerie in Paris präsentiert die gigantischen Seerosen-Gemälde auf ovalen WändenBild: Photoshot/picture alliance

Museum Orangerie beherbergt die Seerosen-Bilder

Bis heute ist die Orangerie - nach mehreren Umbauten - eine Art Wallfahrtsort der Kunst. Mit Monets Seerosen entstand dort eine einzigartige Installation, die Betrachterinnen und Betrachter tief in die Kunst eintauchen lässt. Ein immersives Kunsterlebnis, denn durch die ovalen Wände entsteht das Gefühl, sich inmitten eines Teichs zu befinden. Die Werke haben keine Rahmen, sie setzen sich in den Raum fort. Licht erscheint durch Farbtupfer und -reflexe als formlose Natur. Nur Farbe. Durch den Einfall von Tageslicht entsteht der Eindruck, als würden die Gemälde auf die Tageszeiten reagieren. Im Osten ist der Sonnenaufgang zu erleben, im Westen der Sonnenuntergang.

Seerosen-Bilder im Akkord

Bis zu seinem Tod schuf Monet mehr als 250 Seerosenbilder, davon 40 Exemplare im Großformat. Auch das 1917-19 entstandene Gemälde "Le Bassin aux nymphéas" (Seerosenteich), das Sotheby's jetzt versteigert, gehört zu diesem revolutionären Spätwerk. Monet  setzte den Garten in seinen Bildern immer so um, wie er ihn sah und nicht, wie er war. Die Nachwelt sieht den Garten nun also mit seinen Augen: die Trauerweiden, die sich im Wasser spiegeln, der Teich in der Morgensonne, bei Wolken und im Sonnenuntergang. Dasselbe Motiv und doch immer wieder anders und neu. Gegen Ende seines Lebens sagte Monet zu einem Besucher seines Ateliers: "Ich habe einige Zeit gebraucht, um meine Seerosen zu verstehen. Ich habe sie nur zum Vergnügen gepflanzt; ich habe sie gezüchtet, ohne daran zu denken, sie zu malen. Eine Landschaft braucht mehr als einen Tag, um einem unter die Haut zu gehen. Und dann, ganz plötzlich, hatte ich die Offenbarung, wie wunderbar mein Teich ist, und griff zur Palette."

Gemälde zeigt den Maler Claude Monet mit Rauschebart und Hut auf den braunen Haaren. Er blickt seitlich aus dem Bild heraus.
Auguste Renoir malte seinen Impressionistenkollegen Claude Monet im Jahr 1875Bild: Erich Lessing/akg-images/picture-alliance
Autorin Sabine Oelze
Sabine Oelze Redakteurin und Autorin in der Kulturredaktion