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Die Hassliebe des Regisseurs zu Hollywood

8. Dezember 2010

Viele Filmemacher träumen vom Erfolg in Hollywood. Mit dem Film "The Tourist" hat Florian Henckel von Donnersmarck nun eine Chance. Hollywood sucht gezielt nach europäischen Regisseuren, verzeiht aber keine Ausrutscher.

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Hollywood-Schriftzug in den Bergen von Los Angeles (Foto: AP)
Bild: AP

Wenn Angelina Jolie flirtet, wird meistens was daraus. Das Drehbuch zu "The Tourist" hatte es ihr angetan. Es könne mehr als nur ein Flirt daraus werden, sagte sie, wenn Florian Henckel von Donnersmarck die Regie bei diesem Film übernehmen werde. Und die amerikanische Schauspielerin bekam, was sie wollte. Am 14. Dezember findet in Berlin die Europa-Premiere statt. Und da US-Filme inzwischen auf dem internationalen Markt oft mehr Geld einspielen als auf dem heimischen, ist das eine wichtige Premiere. Zwei Tage später läuft "The Tourist" in den deutschen Kinos an.

Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck mit seinem Oscar 2007 (Foto: AP)
Von Donnersmarck mit dem Hollywood-Türöffner OscarBild: AP

Nach dem Gewinn des Oscar für den Film "Das Leben der Anderen" hat Regisseur von Donnersmarck sich dafür entschieden, es in Hollywood zu versuchen. Optionen dafür waren da. Wer einen Oskar für seinen ersten Spielfilm bekommt und sehr gut Englisch spricht, begeistert die großen amerikanischen Studiobosse. Ein halbes Jahr nach der Oscarverleihung zog von Donnersmarck mit seiner Familie nach Hollywood, unterschrieb bei einer Agentur und ging auf Projektsuche. "The Tourist" wird zeigen, ob er sich das richtige Projekt ausgesucht hat – es ist ein Remake des französischen Thrillers "Anthony" von 2005.

Traumfabrik und Flopmaschine

Bis jetzt ist der 37 Jahre alte Kölner begeistert von den Arbeitsbedingungen in Hollywood. Dem Nachrichtenmagazin "Focus"“ sagte er, Hollywood sei "das Zentrum des Weltfilms". "Ich habe dort mehr mit internationalen Schauspielern und Filmleuten zu tun, als es je von Berlin, Paris oder London aus möglich wäre. Und es ist noch aufregender, als man es sich vorstellt, wenn man von Hollywood träumt." Den zweiten Kinofilm gleich in der kalifornischen Traumfabrik zu drehen, ist jedenfalls ein rasanter Karrierestart.

Szene aus dem Film "Das Boot" von 1981 (Foto: dpa)
Szene aus "Das Boot" von 1981Bild: picture-alliance/dpa

Mit "The Tourist" könnte von Donnersmarck zu Roland Emmerich und Wolfgang Petersen in die erste Riege der deutschen Hollywoodregisseure aufsteigen. Petersens Kriegsfilm "Das Boot" holte 1982 acht Oscar-Nominierungen, wenige Jahre später zog der Regisseur von Hamburg nach Hollywood, wo er Leinwandspektakel wie "In the Line of Fire", "Air Force One" und "Troja" inszenierte. Seit Mitte der neunziger Jahre genießt Petersen das Privileg des "final cut" und kann somit als einer der wenigen Regisseure in Hollywood bestimmen, in welcher Schnittfassung seine Filme ins Kino kommen. Mit "Poseidon" (2006) musste er allerdings auch einen Flop an den US-Kinokassen hinnehmen.

Ein Oscar ist kein Erfolgsgarant

Oder Roland Emmerich. 1995 fasste er mit dem Science-Fiction-Hit "Stargate" in Hollywood Fuß. Der damals 39-jährige Schwabe sagte dazu: "Ich bin von Natur aus ein äußerst sparsamer Mensch. Es ist schon ungewohnt, wenn man plötzlich auf einem Projekt sitzt, das mehr als 50 Millionen Dollar kostet." Danach füllte er mit Special-Effects-Werken wie "Independence Day", "The Day After Tomorrow" und "2012" Kinos und Kassen. Mit seinem Shakespeare-Film "Anonymous", der 2011 anläuft, machte er eine Kehrtwende. Den 30-Millionen-Dollar-Film drehte Emmerich komplett im Studio Babelsberg in Potsdam.

Filmszene mit Nicole Kidman in "Invasion" (Foto: kpa/picture alliance)
Auch Nicole Kidman konnte "Invasion" nicht vor einem Flop bewahrenBild: picture-alliance / kpa

Es gibt allerdings auch deutsche Regisseure, die sich mit Hollywood erstmal schwer tun. Oliver Hirschbiegel zum Beispiel. Er hatte für seinen Hitler-Film "Der Untergang" noch eine Oscar-Nominierung erhalten, doch mit seinem Hollywooddebüt "Invasion" erlitt er eine Pleite. Trotz Starbesetzung mit Nicole Kidman und Daniel Craig floppte der Science-Fiction-Thriller an den Kinokassen.

Hirschbiegels deutscher Kollege Mennan Yapo ("Lautlos") fiel mit seinem Hollywooddebüt "Die Vorahnung" bei den Kritikern durch. Auch Sandra Bullock als Hausfrau, die eine böse Vorahnung hat, konnte den Mystery-Thriller nicht retten. Mäßige Kritiken steckte auch sein deutscher Kollege Robert Schwentke für die Hollywood-Produktionen "Die Frau des Zeitreisenden" und den Thriller "Flightplan - Ohne jede Spur" ein. Erst für "R.E.D. - Älter.Härter.Besser" mit Bruce Willis, Morgan Freeman und John Malkovich als pensionierten Agenten gab es jetzt reichlich Lob.

Offene Arme für Gehorsame

Angelina Jolie (Foto: AP)
Angelina Jolie hat sich für von Donnersmarck eingesetztBild: AP

Einen Oscar gewonnen zu haben oder dafür nominiert gewesen zu sein, ist für europäische Regisseure keine Erfolgsgarantie in Hollywood. Das Fachmagazin "epd Film" unterscheidet vier Prototypen ausländischer Regisseure in Hollywood: "die Entnervten, die Halbherzigen, die One-Flop-Wonder und die Erfolgreichen." Die Entnervten geben schnell auf und haben keine Lust auf ewige Verhandlungen um neue Filmprojekte. Halbherzige drehen ihre Filme nicht in und für Hollywood, sondern daran vorbei. "Sie sehen sich im Dienste der Kunst, nicht des Kommerzes." Die Erfolgreichen können damit umgehen, dass ein Regisseur in den USA eine andere Rolle hat als in Europa. In den USA ist er eher der Handwerker, der nicht das letzte Entscheidungsrecht für seinen Film hat.

Wer den Mainstream nicht akzeptieren kann, geht in Hollywood als Regisseur unter. Laut "epd Film" können das nur wenige deutsche Regisseure der neuen Generation. Fest steht aber, dass Hollywood vor allem die deutschen Filmemacher seit einigen Jahren mit offenen Armen empfängt, vor allem, weil sie als effizient gelten. Solange sie sich an die Regeln halten, sind sie gern gesehen. Ob Florian Henckel von Donnersmarck bei "The Tourist" nach Hollywood-Regeln gearbeitet hat, wird sich zeigen. Vor allem, ob er sich anschließend an sie halten will.

Autorin: Marlis Schaum (dpa, dapd, epd Film)

Redaktion: Jochen Kürten/Reinhard Kleber