Sejm billigt Gesetz zur Richterdisziplinierung
23. Januar 2020Im Sejm, dem Unterhaus des Parlaments, stimmten 234 Abgeordnete für den Entwurf der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). 211 Oppositionsabgeordnete stimmten dagegen. Es gab neun Enthaltungen.
Der der PiS nahestehende Präsident Andrzej Duda muss die Novelle noch in Kraft setzen. Das gilt aber als Formsache.
Das Gesetz sieht vor, dass Richter mit Geldstrafen, Herabstufung oder sogar Entlassung für Kritik an den bisherigen Justizreformen bestraft werden können. Es ist ihnen künftig verboten, die Entscheidungskompetenz oder Legalität eines anderen Richters oder eines Gerichts infrage zu stellen. Auch dürfen sie sich nicht politisch betätigen.
Der Gesetzentwurf war bei der EU-Kommission und Verfassungsexperten des Europarates auf ein negatives Echo gestoßen. Kritiker sehen in der Neuregelung einen weiteren Versuch der PiS, die Unabhängigkeit der Justiz auszuhöhlen. Die polnische Opposition wirft der Regierung vor, Richter mundtot machen zu wollen. Die PiS selbst gibt an, mit der Reform gegen Korruption vorgehen zu wollen.
Erfolg für die PiS - diesmal erst im zweiten Anlauf
Der polnische Senat, die zweite Parlamentskammer, hatte das Gesetzesvorhaben am Freitag vergangener Woche eigentlich abgewiesen. Die PiS kündigte danach aber an, das Gesetz mit ihrer Mehrheit in der ersten Kammer, dem Sejm, dennoch durchbringen zu wollen. Im polnischen Unterhaus dominiert die PiS, während im Senat die Opposition eine knappe Mehrheit hat.
Die PiS hat in den vergangenen Jahren das Justizwesen erheblich umgebaut. Die EU-Kommission sieht dadurch EU-Recht und die Unabhängigkeit der Justiz verletzt. Sie hat wegen dieser Reformen bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen die Regierung in Warschau eröffnet und Klagen beim Europäischen Gerichtshof eingereicht.
In Warschau sind am Donnerstagabend wieder tausende Menschen für eine unabhängige Justiz auf die Straße gegangen.
qu/nob (afp, dpa, ap)