Selbst im Krieg muss es Regeln geben: die Genfer Konventionen
Vor 70 Jahren wurden die Genfer Konventionen unterschrieben. Sie sollen in Kriegen und bewaffneten Konflikten ein Mindestmaß an Menschlichkeit garantieren.
Grenzen der Grausamkeit: die Genfer Konventionen
Selbst im Krieg sollen Regeln eingehalten werden: vor 70 Jahren wurden sie in den Genfer Konventionen festgelegt. In vier Abkommen und zwei Zusatzprotokollen verpflichten sich alle 196 Vertragsstaaten bei bewaffneten Konflikten ein Mindestmaß an Menschlichkeit einzuhalten. Damit sind die Genfer Abkommen universell und gelten weltweit.
Schutzsymbole
Das Rote Kreuz, der Rote Halbmond, und seit 2005 der Rote Kristall: die drei Symbole stehen weltweit für Schutz im Krieg und in bewaffneten Konflikten. Die Verwendung der international anerkannten Symbole ist in den Genfer Abkommen streng geregelt und stellt humanitäre Helfer, Sanitäter, Seelsorger und zum Beispiel Krankenhäuser unter absoluten Schutz vor Angriffen.
Schutz der Verwundeten
Egal ob gegnerische oder eigene Soldaten: Laut der ersten Genfer Konvention haben Verwundete, Kranke und entwaffnete Soldaten Anspruch auf Schutz, Bergung und Pflege. Sanitäter der Kriegsparteien sind verpflichtet, alle Verwundeten zu versorgen. Helfer, die mit den Schutzsymbolen des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes gekennzeichnet sind, sind vor Kriegshandlungen geschützt.
Schutz zur See
Der gleiche Schutz gilt nach der zweiten Genfer Konvention für Streitkräfte zur See. Verwundete, kranke oder schiffbrüchige Seeleute müssen gerettet werden, egal auf welcher Seite sie vorher kämpften. Die Schutzsymbole der zivilen oder militärischen Lazarettschiffe, Rettungsboote oder Hubschrauber müssen von allen Kriegsparteien respektiert werden.
Kriegsgefangene
Keine Zwangsarbeit, keine Folter, keine Geiselnahme: Mit der dritten Genfer Konvention wurde der Schutz von Kriegsgefangenen geregelt. Gefangenenlager müssen außerhalb der Kriegszone eingerichtet werden. Kriegsgefangene haben Anspruch auf eine humane Behandlung und angemessene Verpflegung. Wenn der Konflikt beendet ist, müssen Kriegsgefangene freigelassen werden.
Schutz der Zivilbevölkerung
Wissenschaftlichen Analysen zufolge kommen in bewaffneten Konflikten zehn tote Zivilisten auf jeden gefallenen Soldaten. Der Bericht wurde im American Journal of Public Health veröffentlicht. Dabei verpflichten sich alle Staaten im vierten Genfer Abkommen dazu, die Zivilbevölkerung in Kriegszeiten und in bewaffneten Konflikten zu schützen und zu schonen.
Gemeinsamer Nenner
Den Genfer Konventionen gemeinsam ist der Artikel 3, der einen humanitären Mindeststandard in allen Konflikten festlegt. Damit sind nicht nur Kriege zwischen Nationen, sondern alle bewaffneten Konflikte innerhalb eines Landes explizit in den vier Abkommen von 1949 aufgenommen. Die 196 Vertragsstaaten sind verpflichtet, für die Einhaltung der Genfer Konventionen auf ihrem Hoheitsgebiet zu sorgen.
Besserer Opferschutz
1977 hatten Befreiungskriege der ehemaligen Kolonien und neue Kriege und Bürgerkriege Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung hervorgebracht, die von den vier Abkommen von 1949 nicht geregelt waren. Das erste und das zweite Protokoll von 1977 verbieten Angriffe auf die Zivilbevölkerung und Waffensysteme, die gegen die Zivilbevölkerung gerichtet sind.
Sind neue Protokolle nötig?
Cyberangriffe, Kriegsroboter und Angriffe mit Drohnen sind im bestehenden humanitären Völkerrecht nicht geregelt. Umweltschäden, die durch Konfliktparteien verursacht werden, werden in den bestehenden Abkommen nicht ausreichend berücksichtigt. Aktuell arbeitet die Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen an einem Entwurf für den Schutz der Umwelt in bewaffneten Konflikten.
Selbstkontrolle
Die Vertragsstaaten sind zur Selbstkontrolle und Selbstkorrektur verpflichtet. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz gilt als formelles Kontrollorgan, doch wenn ein Staat nicht willens oder in der Lage ist, die Einhaltung der Konventionen im eigenen Land durchzusetzen, hat das IKRK wenig Einfluss. Kontrollmissionen und Berichte sind vertraulich und werden in der Regel nicht veröffentlicht.