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Serbiens EU-Verhandlungen im Schatten des Kosovo

Bahri Cani20. Januar 2014

Die Fortführung des Dialogs mit Pristina zählt zu den Bedingungen für die EU-Beitrittsverhandlungen Serbiens. Im Kosovo werden aber die Stimmen immer lauter, die eine Normalisierung der Beziehungen zu Serbien ablehnen.

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Die Flaggen Serbiens und der EU (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Ungewöhnlicher Auftakt der Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit Serbien am 21. Januar in Brüssel: Verhandelt wird vorrangig Kapitel 35 "Sonstige Fragen". Dahinter verbirgt sich allerdings eines der wichtigsten Themen für Serbien: das Verhältnis zum Kosovo. Die Absicht der europäischen Diplomatie ist, dass Serbien parallel zu den anstehenden Reformen auch den Prozess des Dialogs und der Normalisierung der Beziehungen mit dem Kosovo weiterführt.

Die bereits 21. Runde des Dialogs zwischen dem kosovarischen Premierminister Hashim Thaci und seinem serbischen Amtskollegen Ivica Dačić findet am 27. Januar in Brüssel statt. Es häufen sich jedoch die Stimmen, die dem Dialog eine sehr schlechte Zukunft voraussagen. Im September dieses Jahres sollen im Kosovo Parlamentswahlen stattfinden. Die Demokratische Partei Kosovos (PDK) von Premierminister Thaci hatte zwar bei den Lokalwahlen im letzten Jahr die meisten Stimmen gewonnen. Dennoch hat sie unerwartet in fast allen großen Städten den Kürzeren gezogen. Die Regierungspartei ist innerlich zerstritten. Beobachter in Pristina behaupten, dass einer der wichtigsten Gründe für das verlorene Vertrauen der Wähler die Zugeständnisse gegenüber Serbien seien.

Wem nutzt der Dialog?

"Der Dialog geht in die falsche Richtung und schadet dem Kosovo", erklärte Anfang des Jahres die Allianz für die Zukunft des Kosovo (AAK). Obwohl sie in der Opposition ist, zählte die Partei des ehemaligen Premierminister Ramush Haradinaj zu den wichtigsten Unterstützern der Regierung im Dialog mit Serbien. Die Regierung hat inzwischen keine parlamentarische Mehrheit mehr im Bezug auf das Thema 'Dialog mit Belgrad'.

Dennoch bleibe die Regierung dem Prozess der Normalisierung der Beziehungen mit allen Nachbarn treu, auch mit Serbien, sagte in einem DW-Gespräch Kadri Veseli, Stellvertreter des Vorsitzenden der PDK. "Dialog und Kommunikation gehören zu den wichtigsten Standards Europas. Wir werden den Dialog mit Serbien weiterführen, weil unsere Partei eine nationale Verantwortung vertritt und sich nicht von alltäglichen politischen Interessen beeinflussen lässt", so Veseli.

Serbiens Ministerpräsident Ivica Dačić und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso stehen an Rednerpulten in Brüssel (Foto: Reuters)
Serbiens Ministerpräsident Ivica Dačić und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso in BrüsselBild: Reuters

Auch die Vizepremierministerin und Chefin der kosovarischen Delegation in den Verhandlungen mit Belgrad, Edita Tahiri, unterstreicht, dass der Dialog im Interesse des Kosovo sei. "Das Brüsseler Abkommen ermöglicht dem Kosovo die Umsetzung eigener Gesetze - auch im Norden des Landes", so Edita Tahiri.

Ein "historisches" Abkommen

Am 17. April 2013 hatten die Premierminister Thaci und Dačić ein "historisches" Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und Kosovo unterzeichnet. Unter anderem wurden eine gemeinsame Grenzkontrolle, die Teilnahme der Serben an den kosovarischen Lokalwahlen sowie die Gründung eines Verbunds der mehrheitlich von der serbischen Minderheit bewohnten Kommunen vereinbart.

Besonders der Zweck des Verbunds der serbischen Gemeinden wird unterschiedlich interpretiert. Serbische Nationalisten sehen ihn als einen Zwischenschritt zur vollen Selbstbestimmung, hin zu einer späteren möglichen Teilung des Kosovo und der Eingliederung ihres Gebietes in Serbien. Auf der anderen Seite sieht die Regierung in Pristina die Teilnahme der Serben an den Lokalwahlen als einen Schritt zur Integration des Nordens in den Staat Kosovo.

Die Unstimmigkeiten bei der Interpretation des Brüsseler Abkommens führten dazu, dass der gewählte Bürgermeister der neugegründeten Kommune Nord-Mitrovica, Krstimir Pantić, es ablehnte, seine Ernennungsurkunde zu unterschreiben, weil sich auf ihr das Kosovo-Staatswappen befand. "Die Kommunalwahl Ende letzten Jahres war ein großer Betrug", sagte Pantić in der serbischen Presse. Die Wahlen im Norden des Kosovo waren sowieso umstritten, weil sie die Mehrheit der Serben boykottiert hatte. Am 3. November 2013 waren die Wahlen von serbischen Nationalisten mit Gewalt unterbrochen und die Wahlurnen teilweise vernichtet worden. Zwei Wochen später wurden sie wiederholt. Jetzt müssen die Serben im Norden Mitrovicas wieder an die Wahlurnen und einen neuen Bürgermeister wählen.

Demonstranten in Serbien (Foto: Alexa Stankovic/AFP/Getty Images)
Protest in Serbien gegen die Verhandlungen mit KosovoBild: Alexa Stankovic/AFP/Getty Images

Ein Mord erschwert die Lage

Die Situation im Norden spannte sich weiter an, nachdem am Donnerstag (16.01.2014) unbekannte Personen einen serbischen Politiker vor der Tür seines Hauses erschossen hatten. Der 35-jährige Dimitrije Janićijević war bei den Lokalwahlen in den Gemeinderat der Gemeinde Nord-Mitrovica gewählt worden. Er war der Kandidat der Unabhängigen Liberalen Partei, SLS, für den Posten des Bürgermeisters. Die SLS ist die einzige serbische Partei, die in der kosovarischen Regierung vertreten ist. Deswegen wird sie von den serbischen Nationalisten im Norden des Landes kritisch gesehen. "Bis jetzt haben sie uns als Verräter bezeichnet, jetzt töten sie uns", sagte im DW-Gespräch Slobodan Petrović, Vorsitzender der SLS und Stellvertreter des kosovarischen Premierministers. "Janićijević ist ein Opfer der kriminellen Politik im Norden des Kosovo. Seit 14 Jahren herrschen dort Kriminalität und Gesetzlosigkeit. Es ist an der Zeit, diesen Zustand zu beenden."

Den Mord an dem jungen serbischen Politiker haben sowohl die Regierungen in Pristina und Belgrad als auch die Europäische Union verurteilt. "Gewalt wird nicht geduldet", sagte der Leiter der EU-Mission im Kosovo, Samuel Zbogar. Pristina, Belgrad und Brüssel verlangten eine rasche Aufklärung des Mordes.

Dačić, Thaci und Ashton in Brüssel (Foto: European External Action Service)
Dialog als Voraussetzung: Dačić, Thaci und Ashton in BrüsselBild: European External Action Service

Eine Verbesserung der Lage sei nur durch Dialog und Kompromisse zwischen Pristina und Belgrad möglich, sagen Analytiker und hoffen, dass die Gespräche fortgesetzt werden. Da es aber in diesem Jahr im Kosovo Parlamentswahlen geben wird - und außerordentliche Parlamentswahlen in Serbien nicht ausgeschlossen sind - vermutet der politische Analytiker Naim Rashita, dass der Spielraum für weitere Zugeständnisse abnimmt. Es sei eher zu erwarten, dass der Dialog an Intensität verlieren werde.

Bekim Qollaku, Berater des kosovarischen Premierministers Hashim Thaci, sieht das ähnlich. "In diesem Jahr wird wahrscheinlich in beiden Länder gewählt. Deswegen wird die Dynamik des Dialogs leiden, aber die Umsetzung des Abkommens muss weitergehen."